Wurst- und Käsebrötchen (1. Dezember), Heringssalat und Bratwürste (5.), Nudelsuppe (7.), saures Lüngerl (9. Dezember): Über seine Speisen informiert Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zwischen politischen Botschaften auf Social Media auch in diesem Dezember. Anders als im Advent 2024 gab es heuer aber keinen Söder-Weihnachtspulli, keine Söder-Lebkuchen, keine Söder-Christbaumkugeln.
An #söderisst hält der Franke fest, ansonsten ist seit Wochen zu erleben, wie er sich ein Stück weit wieder neu erfindet. Besonders deutlich wurde es bei seiner vergleichsweise staatsmännischen Parteitagsrede: keine Polemik gegen die Grünen, kein Spott über Gendern oder EU-Flaschendeckel.
Licht und Schatten für die CSU
Auch wenn Söder in der CSU die unangefochtene Nummer eins ist, hatte es in der Partei zuvor Gegrummel über seine Selbstinszenierung gegeben, die im Herbst in einem Wiesn-Song gipfelte. Kommunalpolitiker sahen die Würde des Ministerpräsidenten-Amts gefährdet, bei der Jungen Union wurde seine "One-Man-Show" kritisiert, Ex-Parteigranden geißelten Söders "Grünen-Bashing".
Eine gewisse Unzufriedenheit mit dem Parteichef, die mehrere Gründe haben dürfte, zeigte sich bei seiner Wiederwahl: Die Zustimmung von 83,6 Prozent war niedriger als je zuvor. Als Dämpfer für Söder wertete mancher auch, dass CDU-Chef Friedrich Merz auf dem Parteitag mehr Applaus bekam als der eigene Vorsitzende.
2025 war für die CSU ein Jahr mit Licht und Schatten. Bei der Bundestagswahl blieb sie mit 37,2 Prozent in Bayern hinter den eigenen Erwartungen zurück. Trotzdem kehrte sie im Bund zurück in Regierungsverantwortung. Ohne die Grünen, wie von Söder versprochen. In den Koalitionsverhandlungen mit CDU und SPD holte er viel heraus: drei Ministerposten, Mütterrente, höhere Pendlerpauschale, Mitsprache in Berlin.
Ausgeglichener Haushalt als Pfund
Als wichtigsten Erfolg reklamiert Söder die "Migrationswende" für die CSU, ein zentrales Wahlversprechen – insbesondere nach den Anschlägen in Aschaffenburg und München. Mit Alexander Dobrindt kämpft nun ein Christsozialer als Bundesinnenminister an vorderster Front gegen irreguläre Migration. Dorothee Bär soll als Forschungsministerin Söders Hightech-Agenda auf den Bund übertragen, Alois Rainer als Landwirtschaftsminister die Bauern zufriedenstellen.
Schatten für die CSU: die Unzufriedenheit in der Bevölkerung mit der Bundesregierung. Nicht zuletzt deshalb bemüht sich Söder seit Wochen, Zuversicht zu verbreiten. So auch in seiner Regierungserklärung kürzlich im Landtag: Als größtes Pfund konnte er präsentieren, dass Bayern den klammen Kommunen eine Rekordsumme verspricht und trotzdem einen ausgeglichenen Haushalt vorlegt. Kehrseite: Sparmaßnahmen bei Beamten, bei Pflegenden.
Nach langem Ringen auf den Weg gebracht wurden Wassercent, Jagdgesetz und Ladenschlussgesetz. Stolz verweist die Staatsregierung auf den Bürokratieabbau: Gestrichen werden Berichtspflichten, Bauvorschriften und Hürden für neue Skilifte. Letzteres brachte nicht nur SPD und Grüne, sondern auch Umweltschützer in Rage: Es formierte sich das Bündnis "Rettet die Berge". Proteste gab es auch von Schülern gegen Exen sowie von Eltern gegen die Streichung des Kinderstartgelds.
Widerstand der Freien Wähler
Einen Dämpfer musste auch Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger hinnehmen: Sein Ergebnis bei der Wiederwahl auf dem Landesparteitag fiel mit 82,3 Prozent ebenfalls deutlich schwächer aus als 2023 und 2021. Bundesweit für Aufsehen sorgten die Freien Wähler, als sie im Frühjahr ihr Veto gegen eine Lockerung der Schuldenbremse im Bund ankündigten. Nach wenigen Tagen gaben sie ihren Widerstand auf, angeblich, weil Söder mit einem Ende der Koalition gedroht hatte. Jedenfalls hatte SPD-Fraktionschef Holger Grießhammer seine Bereitschaft bekundet, die Freien Wähler zu ersetzen.
Im Herbst ermahnte FW-Fraktionschef Florian Streibl das eigene Bündnis, "eine Schippe" draufzulegen. Daraufhin erinnerte ihn CSU-Kollege Klaus Holetschek prompt daran, dass die Freien Wähler neue Regeln für die Bürgerbeteiligung blockieren. Unter dem Strich aber loben beide Seiten die Zusammenarbeit. Söder resümierte: "Wir hatten schon schwierigere Jahre."
Grünen-Fraktionschefin alt genug – SPD auf Tour
Keine Kampfkandidaturen gab es dieses Mal auch bei den Grünen: Die alten und neuen bayerischen Landesvorsitzenden heißen Eva Lettenbauer und Gisela Sengl. Der erneute Versuch der Grünen-Fraktion, im Landtag das Mindestalter von 40 Jahren für das Ministerpräsidentenamt zu kippen, scheiterte. Fraktionschefin Katharina Schulze kann das nun egal sein: Sie feierte ihren 40. Geburtstag und ist jetzt alt genug – sofern sie mal eine Mehrheit haben sollte.
Die SPD setzt wieder auf eine Doppelspitze: An die Seite von Ronja Endres wurde der Bundestagsabgeordnete Sebastian Roloff gewählt (74,4 Prozent). Die SPD-Fraktion kämpft derweil um Sichtbarkeit und machte aus ihrer Klausurtagung eine Tour durch den Freistaat: Er wolle schon, "dass die Bayern wissen, dass es die SPD noch gibt", sagte Fraktionschef Grießhammer.
AfD mit sich selbst beschäftigt
Die bayerische AfD war auf ihrem Parteitag im Oktober mit internen Machtkämpfen beschäftigt. Mehr als die Hälfte (57,52 Prozent) der anwesenden Mitglieder stimmte für die Abwahl von acht Landesvorständen – nötig wäre aber eine Zweidrittelmehrheit gewesen.
Seit dem Sommer steht die AfD im "Verzeichnis extremistischer und extremistisch beeinflusster Organisationen". Damit müssen Bewerber für den öffentlichen Dienst in Bayern künftig eine AfD-Mitgliedschaft angeben. Ob sie eingestellt werden, wird im Einzelfall geprüft. Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) hat im Plenum derweil weiter mit AfD-Provokationen zu kämpfen.
Auch klare Ja-Entscheidungen
Einmal mehr zeigten CSU, FW, Grüne und SPD, dass sie bei allem Wettstreit auch an einem Strang ziehen können. Einigkeit herrscht zum Beispiel, dass die deutsche Außenstelle der weltgrößten Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem nach München kommen soll – nur die AfD war im Bildungsausschuss dagegen.
Auch die Münchner Olympia-Bewerbung wird im Landtag von CSU, FW, SPD und Grünen mehrheitlich unterstützt. Entsprechend konnten sich nach dem klaren Ja der Münchner beim Bürgerentscheid viele als Gewinner fühlen. Laut Söder lässt sich aus dem Votum auch Hoffnung für 2026 ziehen: ein "Ja zur Lebensfreude" in Zeiten des Nörgelns.
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