Mitte Oktober war eine 54 Jahre alte Frau wegen Brustschmerzen in ein österreichisches Krankenhaus gegangen. Dort stellte man einen Aortenriss fest, den man aber vor Ort nicht behandeln könne, hieß es vom Krankenhaus in Rohrbach in Österreich. Doch weder in drei angefragten österreichischen Landes- und Unikliniken noch im Klinikum Passau habe man die 54-Jährige operieren können.
- Zum Vorbericht: Diskussionen in Österreich nach Tod einer Notfallpatientin
Als das mehr als 100 Kilometer entfernte Landesklinikum in Salzburg schließlich zusagte, war es zu spät: Die Frau war nicht mehr transportfähig und starb kurz darauf.
Warum wies das Klinikum Passau die Patientin ab?
Das Klinikum in Passau erklärte auf BR24-Nachfrage, dass es am besagten Tag gegen 21.30 Uhr angefragt worden sei. Und damit zu einer Zeit, zu der die Passauer Herzspezialisten gerade einen anderen Patienten operierten. Wäre die Frau vorgezogen worden, wäre das Leben des anderen Patienten in Gefahr gebracht worden, teilte das Klinikum BR24 mit. Weitere herzchirurgische Behandlungskapazitäten für das "schwere, akute und lebensbedrohliche Krankheitsbild der Frau" habe es nicht gegeben.
Klinikum Passau: Nehmen überregional Notfälle aller Art
Das Klinikum Passau ist das größte Klinikum in Niederbayern und versorgt wegen seiner Grenzlage auch Patienten aus dem benachbarten Österreich. "Trotz starker Auslastung nehmen wir täglich von weit überregional Notfälle aller Art an", teilte das Klinikum weiter mit. Bei der Annahme von komplexen Notfallpatienten seien Kliniken jedoch verpflichtet, die aktuell bestehende Versorgungsmöglichkeit im Auge zu behalten.
Das heißt: Die aktuelle Situation im OP oder auf den Intensivstationen entscheidet darüber, ob ein Notfallpatient aufgenommen werden kann oder nicht. Aus diesem Grund erfolgen auch jeweils zuvor telefonische Anfragen unter den Krankenhäusern und Rettungsleitstellen, informierte das Klinikum.
Debatte in Österreich um Gesundheitsversorgung
Recherchen der österreichischen "Kronen Zeitung" und der österreichischen Nachrichtenagentur APA ergaben, dass in den drei angefragten Krankenhäusern in Österreich, als ein Grund "eine komplette Auslastung der Intensivbetten" angegeben wurde.
In Österreich ist nach dem Tod der Notfallpatientin eine Debatte über die Gesundheitsversorgung entbrannt. Die österreichische Gesundheitsministerin Korinna Schumann (SPÖ) äußerte sich kurz nach Bekanntwerden des Falls: "Es ist zutiefst erschütternd, wenn ein Mensch sein Leben verliert, weil im entscheidenden Moment kein Platz für eine lebensrettende Operation gefunden wird". Der Fall müsse restlos aufgeklärt werden, forderte sie. Nun soll unter anderem das Notfallmanagement nachgeschärft werden, hieß es Anfang dieser Woche.
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