Seit Juli 2024 sind sogenannte Anbauvereinigungen in Deutschland erlaubt: Cannabis-Clubs, die erwachsenen Mitgliedern Cannabis zum Eigenkonsum geben dürfen. Zuletzt gab es davon bundesweit rund 300. In Bayern sind zwar einige genehmigt, aber bisher versorgt im Freistaat kein einziger Cannabis-Club seine Mitglieder dauerhaft mit Marihuana oder Haschisch.
Der Grund: Mehrere Landratsämter haben die Abgabe von Cannabis aus baurechtlichen Gründen untersagt. Zuletzt traf es auf den letzten Drücker den Verein "Franken Cannabis" aus dem Landkreis Bamberg. Dessen Vorstand Martin Pley hofft, dass sich das Bundesbauministerium einschaltet und Bayerns Vorgehen als ungerechtfertigt einstuft. Pley glaubt nicht mehr, vor einem bayerischen Gericht Erfolg zu haben – zumal es wohl sehr lange bis zu einer Entscheidung dauern würde.
Das Cannabis-Gesetz – und Bayerns Reaktion
Die frühere Ampel-Bundesregierung hatte beschlossen, den Konsum von Cannabis in Deutschland teilweise zu legalisieren. Seit April 2024 dürfen Volljährige in der Öffentlichkeit maximal 25 Gramm zum Eigenkonsum bei sich haben. Zuhause sind bis zu 50 Gramm erlaubt. Verboten ist das Kiffen auf Spielplätzen, in Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Sportstätten – sowie jeweils in deren Sichtweite. Für Minderjährige sind Anbau und Konsum verboten.
Bayerns Staatsregierung machte von Anfang an klar, dass sie die Teil-Legalisierung ablehnt. Wer mit Cannabis glücklich werden wolle, sei anderswo besser aufgehoben, sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bereits im Februar 2024. Es folgten nach der Teil-Legalisierung hohe bayerische Bußgelder, Verbote unter anderem im Englischen Garten in München sowie bayernweit auf Volksfesten, viel Geld für Kontrolleure – und das strenge Vorgehen bei den Cannabis-Clubs.
"Aus unserer Sicht dramatische Zahlen"
"Bayern verfolgt eine restriktive Blockadehaltung", sagt Heinrich Wieker von der Bundesarbeitsgemeinschaft Cannabis-Anbauvereinigungen (BCAv) auf BR24-Anfrage. Von 44 Anträgen seien im Freistaat 15 zurückgezogen und bisher nur acht genehmigt worden: "Das sind aus unserer Sicht dramatische Zahlen. Die Baubehörden verhindern Cannabis-Clubs, wo sie können." Gleichzeitig behandle Bayern Alkohol weiter völlig anders als Cannabis. "Man hat den Eindruck, es darf nur eine Droge Nummer eins geben."
Dass das Verschreiben von Cannabis-Rezepten aus dem Ruder gelaufen sei, habe auch mit dieser restriktiven Vorgehensweise der Behörden zu tun, betont Wieker. "Wenn es keine lizenzierten Fachgeschäfte und kaum Cannabis-Clubs gibt, weichen die Menschen eben auf die Telemedizin aus."
Gesundheitsministerium: "Möglichst restriktiver Vollzug"
Bayerns Gesundheitsministerium bewertet die Lage völlig anders. An erster Stelle stehe der Gesundheits- und Jugendschutz sowie die Suchtprävention, sagt ein Ministeriumssprecher auf BR24-Anfrage. Für junge Menschen seien die gesundheitlichen Risiken durch den Cannabis-Konsum besonders hoch. "Deshalb verfolgen wir einen möglichst restriktiven Vollzug der Regelungen des Konsumcannabisgesetzes."
Zum Vorwurf, Bayern verhindere Cannabis-Clubs über juristische Kniffe wie beim Baurecht und betreibe womöglich mit seinem Vorgehen Rechtsbeugung, teilt der Sprecher lediglich mit: "Bayerns Gesundheitsministerium ist für baurechtliche Fragen nicht zuständig."
Popularklage gegen Bayerns Anti-Cannabis-Gesetz – Ausgang offen
Vor rund einem Jahr wurde beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof eine Popularklage gegen das (tatsächlich so heißende) bayerische Cannabisfolgenbegrenzungsgesetz eingereicht. Die Initiatoren sprechen von einem "Kulturkampf" der Staatsregierung. Sie werfen dem Freistaat vor, das Cannabis-Gesetz des Bundes in Bayern zu unterlaufen und bewusst falsch auszulegen.
Auf BR24-Anfrage teilte das Gericht dazu vor kurzem mit, dass sich die Popularklage noch in der Prüfung befinde. Derzeit sei nicht absehbar, "wann ein Verhandlungstermin stattfinden oder eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen wird". Aus dem bayerischen Gesundheitsministerium heißt es lediglich, die Staatsregierung habe gegenüber dem Verfassungsgerichtshof eine Stellungnahme zu der Popularklage abgegeben.
Herbst: "Ergebnisoffene Evaluierung des Gesetzes"
Wie es mit der Cannabis-Legalisierung auf Bundesebene weitergeht, ist bisher offen. Union und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag für Herbst 2025 eine "ergebnisoffene Evaluierung des Gesetzes zur Legalisierung von Cannabis" vereinbart.
Bayerns Staatsregierung hofft auf baldige Verschärfungen durch die Bundesregierung. "Die Legalisierung von Cannabis zu Konsumzwecken war vor allem mit Blick auf den Gesundheits- und Jugendschutz falsch", erklärt der Sprecher des bayerischen Gesundheitsministeriums. Man setze darauf, "dass dieser Fehler im Rahmen der vereinbarten Evaluierung dieses Gesetzes korrigiert wird".
Im Video: Cannabis-Club gibt auf – der einzige Bayerns mit Cannabisausgabe
Der einzige Cannabis-Club Bayerns, der bereits Cannabis an seine Mitglieder abgeben konnte, gibt nach juristischer Niederlage auf. (Symbolbild)
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