Der Onlinehandel boomt und mit ihm der Pakete-Wahnsinn zu Weihnachten. Paketshops bringt das besonders in diesen Tagen an ihre Belastungsgrenze.
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Der Onlinehandel boomt und mit ihm der Pakete-Wahnsinn zu Weihnachten. Paketshops bringt das besonders in diesen Tagen an ihre Belastungsgrenze.
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Weihnachtswahnsinn: Päckchenflut bringt Paketshops ans Limit

Weihnachtswahnsinn: Päckchenflut bringt Paketshops ans Limit

Der Onlinehandel boomt und mit ihm der Pakete-Wahnsinn zu Weihnachten. Schätzungen gehen von 430 bis 450 Millionen Päckchen allein im November und Dezember aus. Paketshops bringt das besonders in diesen Tagen an die Belastungsgrenze.

Über dieses Thema berichtet: Abendschau - Der Süden am .

Sabine Reichert wühlt sich durch eine Kiste voller kleiner Päckchen. Um sie herum stapeln sich rund 300 Pakete und Päckchen bis unter die Decke ihres Lagerraums. Die Sendung der Kundin, die vorne an der Kasse wartet, ist gerade nicht auffindbar. Reichert muss sie vertrösten, bittet um eine Telefonnummer und verspricht, sich zu melden, sobald sie das Paket gefunden hat. "Heute Nachmittag, versprochen."

Viel Zeit bleibt nicht. Im Laden hat sich bereits eine Schlange gebildet. Die einen wollen Pakete abholen, die anderen neue verschicken. In fünf Tagen ist Weihnachten.

Jeden Tag kommen drei Paketdienste

Eigentlich betreibt Sabine Reichert einen Getränkeladen in der Münchner Innenstadt. Doch in diesen Wochen dreht sich alles um Warensendungen, Paketdienste und Abholscheine. Täglich kommen rund 250 Päckchen und Pakete bei ihr an, weitere hundert geben Kundinnen und Kunden im Laden auf. Vor 17 Jahren hat die gelernte Einzelhandelskauffrau einen Paketdienst als zusätzlichen Service integriert. Während der Corona-Zeit kamen zwei weitere hinzu. Reicherts Laden gehörte zu den wenigen, die geöffnet bleiben durften – und irgendwo mussten die Nachbarn ihre Sendungen schließlich abholen.

Ob sie es manchmal bereut? "Ja", sagt sie ohne Zögern. "Gerade jetzt, mit Black Friday und Weihnachten hintereinander, ist es heftig. Aber sonst geht es."

Zahl der Sendungen hat sich verdoppelt

Sabine Reichert, Anfang 60, hat den Paketbetrieb fest im Griff. Drei handygroße Scanner liegen auf dem Tresen, daneben stehen Etikettendrucker im Regal. Sie prüft Ausweise, sucht Sendungen heraus, scannt Ein- und Ausgänge, druckt Etiketten und klebt sie auf die Pakete. Den ganzen Tag über piept und surrt es. Pausen sind selten. Ob das Arbeitspensum in den letzten Jahren zugenommen hat? "Ganz klar", sagt Reichert. "Ich schätze, es ist in den vergangenen drei Jahren um etwa 100 Prozent gestiegen."

Manche Kunden zeigen Nerven

Die Kundschaft wartet geduldig. Viele sind Stammkunden aus der Nachbarschaft, niemand schimpft. Online liest man anderes: Klagen über immer weniger Postfilialen, über Paketboten, die nicht mehr an der Haustür klingeln, weil die Zeit fehlt. "Das passiert bei mir auch", sagt ein Mann in der Schlange. "Vielleicht jedes zweite Mal." Eine Kundin ergänzt: "Oft wird das Paket einfach abgestellt – ohne Zettel." Doch wirklich empören will sich hier niemand. "Ich habe zu 90 Prozent gute Erfahrungen mit Paketboten", sagt eine andere Kundin. "Und großen Respekt vor ihrer Arbeit. Das ist ein harter Job."

Reichert kennt allerdings auch andere Reaktionen: Kunden, die laut werden, weil eine Sendung noch nicht angekommen ist oder sie zur Abholstation gehen müssen. Sie kann einiges wegstecken, setzt aber auch Grenzen. "Ich kann schon zündig werden", sagt sie. "Und wenn Worte nicht helfen, dann mache ich die Box hier auf." Sie öffnet eine kleine schwarze Schachtel – herausspringt, an einer Feder befestigt, eine Hand mit ausgestrecktem Mittelfinger. Verstehen die Meckerer die Botschaft? "Ja", sagt Reichert trocken. "Aber gebraucht habe ich das bislang selten."

Kein Päckchen geht verloren

Um 15 Uhr schließt sie den Laden für eine Stunde. Dann kommt der Zustelldienst mit den meisten Sendungen – bis zu hundert Pakete auf einmal. Die müssen sortiert und verstaut werden. Im Lagerraum folgt alles einem eigenen System, denn wenn ein Kunde kommt, muss es schnell gehen.

Die Sendung, die Reichert am Vormittag nicht finden konnte, hat sie inzwischen entdeckt. Ein kleines Paket – war im Regal ganz nach hinten gerutscht. Reichert ruft die Kundin an und die kommt gut gelaunt nochmal vorbei, freut sich einfach, dass ihr Weihnachtsgeschenk aufgetaucht ist. Sabine Reichert freut sich auf die nächste Woche. Dann lässt der Ansturm spürbar nach und im Januar ist fast nichts mehr los. Bis etwa zwei Wochen vor Ostern bleibt es ruhig – und dann beginnt er wieder, der Paketwahnsinn des Onlinehandels.

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