Die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber und ihr CSU-Parteikollege Alois Rainer haben am Eröffnungswochenende beim Gäubodenvolksfest in Straubing weiße Tauben steigen lassen. Es ist ein Bild, das Heimatverbundenheit und Freude ausstrahlen soll. Entsprechend hat es der Bundeslandwirtschaftsminister auch über seinen Instagram-Account verbreitet. Doch bei einigen Lesern kam dies nicht gut an. Sie kritisieren, der Minister verharmlose Tierleid und sei ein schlechtes Vorbild.
Tierschützer kritisieren, dass viele der weißen Tauben, die freigelassen werden, nicht mehr zu ihrem Taubenschlag zurückfinden. Die Folge: sie verwilderten. Es könne auch sein, dass sie zugrunde gehen, warnt der Account "taubenhelfen": "Das hat mit Tradition nichts zu tun, Haustiere irgendwo auszusetzen und so dem sicheren Tod auszusetzen!"
Hintergrund ist, dass sich weiße Tauben Stadttauben anschließen, wenn sie nicht zurückfinden. Stadttauben sind oft ein Problem. Die Städte fürchten den Kot, der Bauwerke angreift und die Übertragung von Krankheiten. Deshalb geben Kommunen viel Geld zur Bekämpfung von Stadttauben aus oder ergreifen Maßnahmen, damit sich die Tauben nicht unkontrolliert vermehren.
Hochzeitstauben als Ordnungswidrigkeit?
Aus diesem Grund hat der Tierschutzausschuss dem Bundesrat schon vor einem Jahr vorgeschlagen, (externer Link) dass es künftig verboten werden soll, "Tauben bei Hochzeiten oder anderen Anlässen auffliegen zu lassen oder Tauben zu diesem Zweck im Handel anzubieten". Damit würde der Brauch zur Ordnungswidrigkeit. Doch diese Initiative stammt von Rainers Vorgänger Cem Özdemir (Grüne). Es ist nicht klar, wie es mit der Reform des Tierschutzgesetzes unter der neuen Bundesregierung weitergeht.
Weiße Tauben steigen zu lassen, ist aktuell nicht verboten. Taubenzüchter, die den Brauch bei Hochzeiten anbieten, benötigen einen Sachkundenachweis gemäß dem Tierschutzgesetz. Das Steigenlassen weißer Tauben wird aber stark kritisiert – von Tierrechtsaktivisten wie PETA.
Kritik an Rainer von Tierarzt
Dass bei der Eröffnung des Gäubodenvolksfest gleich zwei Minister die Tauben steigen ließen, kritisiert auch ein Youtube-Tierarzt auf Tiktok (externer Link). "Das BMLH (Redaktion: Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat) ist die höchste politische Instanz für Tierschutz in Deutschland. Der [Alois] Rainer ist der Chef von allen staatlich angestellten Tierschützer:innen in Deutschland, von den ganzen Amtstierärztinnen-" und der werbe für Tierleid, so Karim Montasser.
Taubenzüchter verwehren sich gegen Vorwurf der Tierquälerei
Wenn es sich bei weißen Hochzeitstauben um Brieftauben handelt, dann kehren sie auch zu 99 Prozent zurück, argumentieren Taubenzüchter. Auch Rainer betonte, dass die Tauben beim Gäubodenvolksfest aus der Region kamen und binnen einer Viertelstunde zurückgeflogen seien. "Es handelt sich ausschließlich um Brieftauben aus der nahen Umgebung, jede von ihnen ist mit einem Verbandsring und einem Telefonring ausgestattet. Sie werden mit Erfahrung und mit Leidenschaft betreut." Das Wetter sei gut gewesen, es sei auch nicht zu heiß gewesen, sonst hätte man sie nicht aufgelassen. Er spricht vom einem "Symbol für den Frieden, das traditionell beim Gäubodenvolksfest" ausgesendet werde.
Mehrere Städte haben Hochzeitstauben verboten
Mehrere Standesämter haben den Brauch, Tauben aufsteigen zu lassen, bereits verboten. Ein Verbot gilt zum Beispiel in Ulm und Hagen. Stadttauben werden auf der einen Seite von den Kommunen massiv bekämpft – mit tierschutzwidrigen Mitteln wie Fütterungsverboten, kritisiert die Unternehmerin für Stadttaubenmanagement Luisa Hell im BR24-Interview. Und gleichzeitig sei es so, dass Hochzeitstauben und der Brieftaubensport das Stadttauben-Problem und ihre Population extrem verstärkten. Stadttauben mit weißem Gefieder hätten weiße Tauben als Vorfahren. Das Problem dabei sei, dass diese Tauben eine leichtere Beute für Greifvögel seien.
Stadttaubenmanagerin empfiehlt "betreute Taubenschläge"
So eine Auflass-Aktion weißer Tauben sei mit enormem Stress für die Tiere verbunden, sagt Hell, die sich mit ehrenamtlichen Helfern um ein Taubenhaus in Vilshofen kümmert. "Allein der Transport, die Hitze, die fremden Menschen." Die Tradition von Hochzeits- und Brieftauben sei nicht mehr zeitgemäß. Es wäre deshalb wünschenswert, "wenn Herr Rainer sich stattdessen für betreute Taubenschläge einsetzen würde und die Politik die Kommunen mit Förderprogrammen unterstützen würde". Dabei verweist sie auf das Land Niedersachsen.
Zum Video: Geliebt, gejagt, getötet: Wie umgehen mit Tauben in der Stadt?
(Symbolbild) Tauben auf der Straße
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