"Es war wirklich alles zerstört – Maschinen, Büros, das ganze Material", sagt Geschäftsführer Torsten Klimmer. 1,20 Meter hoch stand das Wasser vergangenes Jahr in der Metall-Verarbeitungsfirma BSB BWB in Burgau. Die beschauliche Mindel hatte sich Anfang Juni in einen reißenden Strom verwandelt. Wochenlang war das Unternehmen mit Putzen und Reinigen beschäftigt, die Mitarbeiter bauten hunderte Elektromotoren auseinander, um sie zu trocknen. "Wir konnten uns leider nur bis zu einer Höhe von fünf Millionen Euro versichern. Aber der Schaden lag um ein Vielfaches höher", sagt Klimmer, der sich auch über den bürokratischen Aufwand ärgert. Für jede einzelne Maschine mussten Gutachten erstellt werden, noch immer tragen die Mitarbeiter Dokumente zusammen, damit das Unternehmen staatliche Hilfsgelder beantragen kann.
Großes Rückhaltebecken ist Teil des Hochwasserschutzkonzepts
Schon lange sind Schutzmaßnahmen für die Stadt Burgau geplant, die nun in die Tat umgesetzt werden. Jetzt fand der Spatenstich für ein großes Rückhaltebecken statt, nur einen Steinwurf von der Firma BSW BSB entfernt. Über 1,3 Millionen Kubikmeter Wasser soll es speichern, doch es ist nur ein Baustein des gesamten Hochwasserschutzes. Bislang wirkte der Bahndamm wie eine Barriere, die verhinderte, dass Wasser stärker in die Breite auf die Felder strömen konnte. Künftig soll es durch Bauwerke unter den Gleisen hindurch gezielt ablaufen. "Aktuell können 65 Kubikmeter pro Sekunde durch Burgau fließen, ohne dass es zu Schäden kommt. Künftig wollen wir mit allen Maßnahmen 135 Kubikmeter Wasser bewältigen", sagt Gudrun Seidel, Leiterin des Wasserwirtschaftsamts Donauwörth.
Staatsminister Thorsten Glauber mahnte, trotz knapper Haushaltslage nicht bei Schutzmaßnahmen zu sparen, weil sie Menschenleben retten. Er rief zu einer Schweigeminute für die Opfer des Juni-Hochwassers auf. In Jettingen-Scheppach war eine Seniorin ums Leben gekommen, in Offingen ein junger Feuerwehrmann.
Unterstützung aus Nahost
Die Maßnahmen im Landkreis Günzburg umfassen allerdings mehr als reines Bauen. Im Rahmen des "Bavaria Israel Partnership Accelerator" arbeiten Studierende und Fachleute aus Israel und Bayern an digitalen Lösungen für einen besseren Katastrophenschutz. "Es geht beim Hochwasserschutz vor allem um den Faktor Zeit", sagt Landtagsabgeordnete Jenny Schack (CSU), die das Projekt initiiert hat.
So soll ein System berechnen, wie viele Sandsäcke an einem bestimmten Ort gebraucht werden, das muss nicht mehr händisch geschehen. Mithilfe von Drohnen sollen mögliche Rückhalteflächen besser identifiziert werden, eine andere Technik konzentriert sich auf die Durchfeuchtung des Bodens und misst, wie viel Wasser er aufnehmen kann. Systeme schlagen bereits eine Stunde vorher Alarm, bevor ein kritischer Pegelwert erreicht ist. Über anonymisierte Einwohnerdaten könnte sich zudem die Evakuierung verbessern. Wenn die Einsatzzentrale weiß, wo viele besonders gefährdete Personen wie Kinder oder alte Menschen wohnen, kann sie mehr Rettungskräfte gezielt dorthin schicken.
100 Millionen Euro Schaden durch vergangene Überschwemmung
Bis die Maßnahmen umgesetzt sind, dauert es Monate – im Falle der Schutzbauten bei Burgau auch viele Jahre. Über 100 Millionen Euro wird das Projekt samt Rückhaltebecken kosten, die Schäden durch die vergangene Überschwemmung beliefen sich allerdings auf 100 Millionen Euro. Die Kapazität bei BSB BWB ist erst wieder zu 80 Prozent ausgelastet, noch fehlen einige teure Spezialmaschinen. Mit einem Tag der offenen Tür blickt das Unternehmen positiv in die Zukunft und sucht neue Azubis.
Sorgen macht hingegen die Versicherung. Die bisherige hat zum Jahresende gekündigt. Um eine neue zu bekommen, verbessert die Firma nun eigenmächtig ihren Hochwasserschutz. Alle hoffen, dass das Wasser in Zukunft nicht noch einmal bis hoch zu den Türgriffen steht.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!
