Viele Bundesländer sind nach Einschätzung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) im Fall eines Jahrhunderthochwassers nicht ausreichend vorbereitet. Eines davon ist Bayern. Dabei seien die Risiken für schwere Schäden in einigen Regionen hoch, wie der Verein mitteilte. "Bislang tun die Bundesländer jedoch zu wenig für den Schutz der potenziell hunderttausenden Betroffenen", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner laut einer Mitteilung.
Hohe Wasserstände künftig häufiger
Nachholbedarf im Bereich Hochwasservorsorge und Vorsorgemonitoring sieht die DUH vor allem beim naturbasierten Hochwasserschutz der Länder, etwa der Renaturierung von Auen und Flüssen. Durch solche Maßnahmen könnte sich Wasser besser ausbreiten und langsam wieder abfließen. "Flüsse und Bäche brauchen endlich mehr Raum, Wasser muss in intakten Wäldern, Wiesen und Feuchtgebieten zurückgehalten werden", sagte Müller-Kraenner.
Ein Jahrhunderthochwasser tritt statistisch gesehen zwar nur einmal alle 100 Jahre auf, aber: "Im Zuge der Klimakrise sind Wasserstände dieser Höhe zukünftig häufiger zu erwarten", schreibt die Umwelthilfe.
Bayern besonders hochwassergefährdet
Aus der bei einem Jahrhunderthochwasser potenziell von Schäden betroffenen Fläche und der Zahl der betroffenen Wohnadressen errechnete die DUH einen Hochwasser-Risikograd für die Länder. Der Risikograd sei dann besonders hoch, wenn ein Bundesland insgesamt eine große Hochwasser-Risikofläche gemäß EU-Definition hat und gleichzeitig viele Wohnadressen in den möglichen Überflutungsgebieten liegen.
In Bayern ist der Risikograd den Angaben zufolge am höchsten. Dort seien mit mehr als 65.000 Wohnadressen besonders viele Menschen einem Hochwasserrisiko ausgesetzt, gleichzeitig sei dort bei einem Jahrhunderthochwasser auf 4,25 Prozent der Landesfläche mit erheblichen Schäden für Menschen, Umwelt, Kulturerbe und wirtschaftliche Tätigkeiten zu rechnen. Zum Vergleich: In Nordrhein-Westfalen wäre dies zwar bei 6,8 Prozent der Landesfläche der Fall, hier wären mit rund 28.000 Wohnadressen aber deutlich weniger Menschen als in Bayern einem Hochwasserrisiko ausgesetzt.
DUH: Kein Bundesland überzeugt
Hoch ist der Anteil der Risikoflächen an der Landesfläche auch in Brandenburg (6,2 Prozent), Sachsen-Anhalt (5,9 Prozent), Baden-Württemberg (4,7 Prozent) und Hessen (4,6 Prozent). Am geringsten ist er in Mecklenburg-Vorpommern mit 0,7 Prozent.
Die Berechnungen basieren laut DUH auf Daten des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherer und der Bundesanstalt für Gewässerkunde. Kein Bundesland habe die Umwelthilfe in der Abfrage im Gesamtkonzept mit all seinen Hochwasserschutzmaßnahmen überzeugt.
Was laut Umwelthilfe passieren muss
Der Verein forderte Bayern wie auch die anderen Bundesländer auf, Kommunen besser dabei zu unterstützen, sich auf Hochwasser vorzubereiten. So könne der Freistaat etwa nur Auskünfte zu kommunalem Sturzflutrisikomanagement geben – nicht aber zu Schwammstadt- oder Hochwasserschutzmaßnahmen.
Es gab aber auch Lob. Bayern habe als einziges Bundesland ein Programm, das Maßnahmen zur Absiedelung für den Hochwasserschutz vorsehe. Das könne helfen, Flächen wieder zu renaturieren und Schäden an Gebäuden zu verhindern.
Weitere Baugenehmigungen in Überschwemmungsgebieten
Dass bei der Hochwasservorsorge im Freistaat noch Luft nach oben ist, hatte im März dieses Jahres auch eine Anfrage der Grünen im Landtag gezeigt. Nach Angaben des Umweltministeriums wurden in den vergangenen fünf Jahren weit mehr als 3.250 Baugenehmigungen in Überschwemmungsgebieten genehmigt. Hinzu kämen im Bereich der Landratsämter Straubing-Bogen und Deggendorf "jeweils mehrere hundert weitere Ausnahmeentscheidungen", die nicht einzeln recherchiert werden konnten, hieß es.
Die Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 habe Deutschland schmerzlich vor Augen geführt, wie gefährlich die Auswirkungen der Klimakrise für uns seien. Das steigende Risiko für Extremwetterereignisse und das damit einhergehende Risiko, dass sogenannte Jahrhunderthochwasser deutlich häufiger als im hundertjährigen Durchschnitt auftreten, stelle die Bundesländer vor enorme Herausforderungen.
Mit Informationen von dpa
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!