Ein Windrad im Sonnenuntergang.
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In der Nähe des Wallfahrtsorts Maria Vesperbild will ein Investor Windräder aufstellen. Es gibt Widerstand.
Bildrechte: mauritius images | Christoph Jorda
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In der Nähe des Wallfahrtsorts Maria Vesperbild will ein Investor Windräder aufstellen. Es gibt Widerstand.

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Windkraft contra Wallfahrt: Ärger um Kirche Maria Vesperbild

Windkraft contra Wallfahrt: Ärger um Kirche Maria Vesperbild

Nahe Maria Vesperbild sollen Windräder aufgestellt werden. Viele sind dagegen und der Wallfahrtsdirektor ist empört, weil die Windkraftfirma den Wallfahrtsort mit einem Volksfest verglichen hat. Wallfahrt und Windrad: kompliziert – auch andernorts.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Schwaben am .

Der Windkraftinvestor Altus renewables will in der Nähe des Wallfahrtsorts Maria Vesperbild im schwäbischen Landkreis Günzburg bis zu 15 Windräder errichten. Von Anfang an hatte es Widerstand gegen das Projekt gegeben – von Seiten der Bevölkerung, aber auch der Wallfahrtsdirektion. Derzeit prüft der bayerische Landesdenkmalrat, ob die Wallfahrtsstätte eine besondere volkskundliche Bedeutung hat und deswegen in einem Radius von fünf Kilometern kein Windrad gebaut werden darf. Deswegen befürchtet der Pressesprecher des Windkraftinvestors "bundesweite Folgen, wenn ein neuer Faktor bei der Beurteilung von Windkraftanlagen Einzug hält" - und hat damit die Wallfahrtsdirektion gegen sich aufgebracht.

Maria Vesperbild: Religiöse Wertvorstellungen "verletzt"

In einem Bericht der "Augsburger Allgemeinen" [externer Link, möglicherweise Bezahlinhalt] sagte der Unternehmenssprecher, dass auch andere Gemeinden auf Basis dieser Entscheidung ihre Volksfeste oder andere für eine große Menschengruppe herausragende Orte zum "Sperrgebiet" für Windräder erklären könnten.

Diese Aussagen "entsetzen" die Wallfahrtsdirektion Maria Vesperbild. Mit der "Gleichstellung der Wallfahrt mit einem regelmäßigen Bierzeltbetrieb" sieht sie die religiösen Wertvorstellungen von bis zu 500.000 Wallfahrern pro Jahr verletzt. Demnach sehne sich der Wallfahrer bereits aus der Ferne nach dem Anblick des Kirchturms der Wallfahrtskirche, um das Ziel seiner Pilgerreise zu erreichen. "Die wenigsten Volksfestbesucher streben tatsächlich das Riesenrad an, sondern ein ebenfalls vorübergehend errichtetes Bierzelt mit Unterhaltungsmusik, Brotzeit und Bier", sagt Wallfahrtsdirektor Michael Menzinger.

Insofern sei etwa der niederbayerische Gillamoos nicht vergleichbar mit einem dauerhaft bestehenden Wallfahrtsort, bei dem es um eine ständige Erfahrung der Nähe zu Gott gehe. Die Bedeutung der Wallfahrt dürfe nicht von einem Wirtschaftsunternehmen bestimmt werden.

Altus renewables bedauert "missverständliche Formulierung"

Altus renewables betont auf BR-Anfrage, dass die Entwicklung der Vorranggebiete in der Region allein in der Hand des Regionalverbandes Donau-Iller liege. Er habe unter Abwägung aller Interessen zwei Windpotentialflächen im Gemeindegebiet Ziemetshausen identifiziert. Von Anfang an sei Maria Vesperbild bei der Planung als sehr wichtiger Ort für die Region in die Planung mit einbezogen worden. "Zuletzt hat der Regionalverband den Abstand der Vorrangflächen zu Maria Vesperbild auf drei Kilometer ausgeweitet. Regelmäßig werden in Bayern lediglich 2,5 Kilometer Abstand zu prägenden Orten oder Denkmälern angesetzt", so der Pressesprecher von Altus. Die hinter Maria Vesperbild liegende Wind-Potenzialfläche könne vom Wallfahrtsort nicht eingesehen werden, weil dazwischen ein mit Wald bewachsener Hügelrücken liege.

Angesprochen auf den Vergleich von Maria Vesperbild mit Volksfesten in der Region, betont Altus, dass dieser "selbstverständlich nicht unserem Verständnis des Wallfahrtsortes entspricht". Man bedauere die missverständliche Formulierung, die allerdings auf die "besondere volkskundliche Bedeutung" bezogen war. Würde sie als neuer Faktor bei der Beurteilung von Windkraftgebieten Einzug halten, könnte dieser Begriff weiter gefasst werden und beispielsweise auch auf Volksfeste angewandt werden, also die Errichtung von weiteren Anlagen verhindern, so die Firma.

Bedenken gegen Windkraftanlagen bei der Wieskirche

Auch bei der Planung dreier Windkraftanlagen in der Nähe der Wieskirche im Landkreis Weilheim-Schongau hatte es ähnliche Bedenken gegeben. Die Wieskirche gehört seit 1983 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Eine regionale Energiefirma bei Peiting will dort drei Windräder errichten. Doch es gab Einwände, wie Peitings Bürgermeister Peter Ostenrieder erklärte. "Es kam dann jemand auf die Idee, die Wieskirche, die hier in elf Kilometern steht, einzubeziehen. Die UNESCO hat dann eine Stellungnahme geschrieben, dass der Pfaffenwinkel zur Wieskirche dazugehören und damit das Welterbe infrage stellen würde."

Der Landkreis ließ daraufhin ein Denkmal-Konzept für die Wieskirche erstellen, in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Denkmalpflege und der Gemeinde. 130 Seiten Umfang, 100.000 Euro Kosten. Für die Denkmalschützer ein Papier, das für Bayern einmalig ist, weil es für die anderen gelisteten 100 vergleichbaren Denkmäler als Vorlage dienen könnte. Für die Wieskirche wird darin der kulturelle Wert des Ortes in der Vergangenheit und in der Gegenwart dokumentiert.

Ein weiteres Gutachten – das sogenannte "Heritage impact assessment" – bescheinigt, dass die geplanten Anlagen nur eine "geringfügig negative Beeinträchtigung" auf das Weltkulturerbe haben. Im August 2025 hatte der Peitinger Bauausschuss das Bauvorhaben schließlich genehmigt.

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