Die "Wirtschaftsweisen" um ihre Vorsitzende Monika Schnitzer haben die Bundesregierung in ihrem Jahresgutachten vergangene Woche besonders dafür kritisiert, wie diese mit dem milliardenschweren Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität umgeht. Beim "Sonntags-Stammtisch" im BR Fernsehen sagte Schnitzer, es sei wichtig, "dass das Geld auch schnell auf die Straße kommt. Dass jetzt wirklich die Planungen beschleunigt werden, dass das Geld ausgegeben wird."
Außerdem brauche es Planungssicherheit für die Unternehmen bei staatlichen Aufträgen, damit diese wissen, wie viele Kapazitäten sie dafür vorhalten müssen. "Das wissen die momentan immer noch nicht, weil nicht der klare Plan da ist", so Schnitzer.
Schnitzer: "Man hätte gar nicht alle diese Geschenke verteilen sollen"
"Momentan wird doch regiert, indem jeder was bekommt", sagte Monika Schnitzer beim "Sonntags-Stammtisch": Die SPD bekomme zum Beispiel beim Rentenniveau die Haltelinie von 48 Prozent, die CSU die Mütterrente und die CDU die Aktivrente.
Deswegen wollten, so Schnitzer, auch alle das Paket jetzt verabschieden, mit dem Risiko, vieles später wieder korrigieren zu müssen. "Man hätte gar nicht alle diese Geschenke verteilen sollen, um sie danach wieder einzukassieren." Schnitzer empfahl, eher darauf zu schauen, "wie wir das so ausgestalten, dass halt jeder ein bisschen was abgibt".
Die Wirtschaftsweisen seien überzeugt, es sei gut "an allen Schrauben zu drehen, damit an jeder Schraube nicht so schlimm gedreht werden muss". Dazu gehöre, die Rente mit 63 beziehungsweise 64 wieder zurückzunehmen und auch, dass die Renten nicht mehr so stark steigen dürften, so Schnitzer.
Friedman: Zuwanderung nutzen
Der Publizist Michel Friedman, ebenfalls beim "Sonntags-Stammtisch" zu Gast, nahm in der Rentendiskussion einen weiteren konkreten Punkt in den Blick: "Wir haben eine Option seit Jahrzehnten überparteilich nicht gewählt, nämlich geregelte und gewünschte Einwanderung." Auch in diesem Jahr werde Deutschland die vorgenommene Zahl nicht erreichen. Die große Frage sei, so Friedman: "Wollen wir in Zukunft offensiv diese Gesellschaft nicht nur öffnen, sondern bewerben?"
Wirtschaftsexpertin Anja Kohl stimmte Friedman zu, aber "die Realität ist, wir sind meilenweit davon entfernt": "Wir reden nur über Bürgergeld, über Abschiebung – über negative Aspekte irgendeiner Form von möglicher Zuwanderung."
Kohl: "Müssen aufpassen, dass uns die Jungen dann nicht den Generationenvertrag kündigen"
Beim Thema Lebensarbeitszeit gab Kohl der "Wirtschaftsweisen" Schnitzer recht, gab aber zu bedenken: "Wir müssen nur aufpassen, dass uns die Jungen dann nicht den Generationenvertrag kündigen, weil die werden sich kaputt lachen. Nach dem Motto, ich soll bis 70 arbeiten und euch Alten da die Rente finanzieren."
Immer wieder diskutiert wird beim Thema Rente das österreichische Modell. Dort zahlen fast alle Erwerbstätigen in die Rentenkasse ein – in Deutschland sind beispielsweise Beamte davon ausgenommen. Die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer sah auch in diesem Punkt Reformbedarf: "Das Erste, was man machen kann, ist, dass nicht mehr so viele Leute verbeamtet werden. Denn in vielen Berufen ist es überhaupt nicht notwendig, dass man verbeamtet ist", so Schnitzer. Sie konstatierte aber, dass das "ein sehr großer Wurf" sei "und an diesen großen Wurf traut man sich momentan noch nicht ran".
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