Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, hält eine Rede beim Gedenken an die Reichspogromnacht in Würzburg.
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Zentralratspräsident Schuster warnt vor Gleichgültigkeit

Zentralratspräsident Schuster warnt vor Gleichgültigkeit

Anlässlich des Jahrestags der Pogromnacht warnt Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, vor Gleichgültigkeit. Er fordert dazu auf, im Alltag einzuschreiten – überall dort, wo sich Antisemitismus Bahn bricht.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Mainfranken am .

87 Jahre sind vergangen seit der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938. Die Nationalsozialisten schändeten mehr als 1.400 Synagogen und jüdische Gebetshäuser in Deutschland und Österreich. Sie ermordeten hunderte Menschen. Eines der Opfer der Novemberpogrome war der Würzburger Alfred Katzmann. In der Nacht zum 10. November 1938 stürmten SA-Leute sein Wohnhaus. Alfred Katzmann kam ums Leben. Seine Frau und ihr Sohn konnten sich später in die USA retten. Im Juni 2025 kehrten die Nachfahren Alfred Katzmanns erstmals nach Würzburg zurück.

Gedenken an Pogromnacht in Würzburg

"Es war im Sommer eine meiner bewegendsten Begegnungen", sagt Würzburgs Oberbürgermeister Martin Heilig (Grüne) über das Treffen mit der Familie. Gemeinsam mit dem aus Würzburg stammenden Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, und der unterfränkischen Regierungspräsidentin Susanne Weizendörfer hat die Stadt Würzburg am Montag an die Opfer der Pogromnacht erinnert. "Es ist unerträglich, dass Jüdinnen und Juden in Deutschland wieder Angst haben müssen", sagte Heilig bei der Gedenkveranstaltung, an dem Ort, an dem sich einst die Würzburger Hauptsynagoge befand. SS- und SA-Männer überfielen und verwüsteten sie beim Novemberpogrom.

Schuster: Viele Juden in Deutschland leben in Angst

Beim Gedenken an die Pogromnacht sprach Zentralratspräsident Schuster eine eindringliche Warnung aus. Er sieht Parallelen zwischen der Gleichgültigkeit damals und dem wachsenden Antisemitismus heute. Viel zu viele hätten sich 1938 entschieden zu schweigen: "Die Pogromnacht war ein Angriff auf jüdisches Leben und sie war auch ein Spiegel der Gesellschaft, der zeigte, wie Gleichgültigkeit zur Mittäterin werden kann."

Die Gesellschaft dürfe sich nicht daran gewöhnen, dass Jüdinnen und Juden in Deutschland Angst haben. "Wenn Jüdinnen und Juden eine Kette mit Davidstern unter ihrer Jacke verstecken, weil es sicherer ist, dann ist das nicht nur ein Problem der jüdischen Gemeinschaft. Dann sehe ich darin ein Problem für die ganze Gesellschaft", sagte Schuster. Er forderte dazu auf, im Alltag einzuschreiten und Widerworte zu geben: Etwa dann, wenn Judenwitze erzählt oder falsche Behauptungen über das Judentum verbreitet werden.

Viele Gedenkveranstaltungen in Deutschland

Am Sonntag und Montag gab es vielerorts in Bayern Gedenkveranstaltungen anlässlich der Novemberpogrome vor 87 Jahren. Im Berliner Schloss Bellevue nahm Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) den 9. November zum Anlass zur Verteidigung der Demokratie in Deutschland aufzurufen. "Nie in der Geschichte unseres wiedervereinten Landes waren Demokratie und Freiheit so angegriffen", sagte Steinmeier am Sonntag. Diese seien aktuell vor allem bedroht "durch rechtsextreme Kräfte, die unsere Demokratie angreifen und an Zustimmung in der Bevölkerung gewinnen".

An der Gedenkveranstaltung in Würzburg nahmen neben Zentralratspräsident Schuster zahlreiche Persönlichkeiten aus der Stadtgesellschaft teil: darunter Landtagsabgeordnete, Stadträte, Vertreter der Kirchen oder von Polizei und Bundeswehr. Schuster lobte das Engagement vieler Würzburgerinnen und Würzburger, die sich um eine aktive Erinnerungskultur bemühen. Mehr als 700 Stolpersteine sind in der Stadt verlegt, neben dem Hauptbahnhof ist mit dem "Denkort Deportationen" ein viel besuchter Erinnerungsort entstanden. "Dieses Engagement ist das Gegenteil von Gleichgültigkeit", so Schuster.

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