Der Wintereinbruch hatte unzählige Zugausfälle zur Folge
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Zugausfälle: Warum der Winter die Bahn aus der Bahn wirft

Zugausfälle: Warum der Winter die Bahn aus der Bahn wirft

Eis und Schnee machen der Bahn oft große Probleme: Züge bleiben auf der Strecke, Oberleitungen vereisen, Schienen können nicht geräumt werden. Der aktuelle Wintereinbruch in Bayern hat ein massives Bahnchaos zur Folge – einige Erklärungsversuche.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Besser hätten es die Gewerkschaften EVG und GDL mit einem Bahnstreik auch nicht hinbekommen: Seit dem massiven Wintereinbruch am Wochenende geht in Teilen Bayerns auf der Schiene fast gar nichts mehr. Auch am Dienstag fielen zahlreiche Verbindungen aus. Derweil fragen sich viele, warum der Schnee ein derartiges Bahnchaos zur Folge hatte, immerhin war der Wetterumsturz von Meteorologen vorhergesagt worden. Die Rufe nach einer Aufarbeitung werden lauter.

Staatsregierung fordert Aufarbeitung

Auch nach Ansicht der bayerischen Staatsregierung muss das Bahnchaos nachträglich aufgearbeitet werden. "Das wird man sicherlich im Nachgang dann auch in Ruhe analysieren müssen, weshalb es gerade im Bereich des Zugverkehrs doch solche erheblichen Schwierigkeiten gegeben hat", sagte Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU). Die Katastrophen-Schutzbehörden seien allesamt frühzeitig vor dem Wintereinbruch aktiviert worden.

Weichen-Heizungen haben versagt, Oberleitungen ohne Strom

Wurde der Wetterbericht von der Bahn also nicht wahrgenommen? Ein Erklärungsversuch kommt von Bahn-Sprecher Achim Stauß: "Ein so heftiger Wintereinbruch, das war schon extrem. Ich bin seit 40 Jahren bei der Bahn. Ich kann mich kaum erinnern, dass es mal so stark geschneit hätte – an einem Tag 50 Zentimeter", sagte er im Morgenmagazin von ARD und ZDF.

Der viele Schnee hatte laut Stauß zur Folge, dass selbst beheizte Weichen nicht mehr befahren werden konnten: "Bei so starkem Schneefall bilden sich dann über den Weichen-Heizungen Schneehauben, die von innen vereisen. Da kommt die stärkste Weichen-Heizung nicht dagegen an. Und wenn sie eine Oberleitung haben, die im Eisregen fingerdicke Eispanzer plötzlich bekommt, dann hängt die runter. Sie können keinen Strom mehr übertragen. Da stehen dann Züge plötzlich auf freier Strecke, und wir können sie nicht mehr weiter bewegen."

Zu wenig Räumfahrzeuge, moderne Züge weniger wintertauglich

Ein weiteres Problem: Es fehlt an schwerem Gerät, um die zahlreichen zugeschneiten Strecken von Schnee und Eis zu befreien. Wie am Montag bekannt wurde, standen der Bahn in Bayern zunächst nur 13 Schneepflüge für Schienen zur Verfügung. Die Schneepflüge brauchen starke Diesel-Loks, von denen gibt es allerdings nicht sehr viele. Zudem stehen sie manchmal nicht am richtigen Ort.

Eine weitere Hürde: Moderne Triebzüge haben meist Niederflurtechnik verbaut, also besonders tiefliegende Böden, die etwa Menschen mit Behinderung oder Passagieren mit Kinderwagen oder schwerem Gepäck eine barrierefreie Nutzung ermöglichen. Bei starkem Schneebefall auf der Schiene ist diese Technik jedoch ein Hindernis. Moderne Züge sind zudem deutlich leichter, auch das macht sie weniger wintertauglich. Dazu kommt das übliche Problem: Es fehlt an Personal, etwa, um Weichen freizuräumen.

Tram in München: Ein Arbeitswagen im Einsatz

Große Schwierigkeiten gab und gibt es auch bei der Tram in München. Hier stehen deutlich zu wenig Schneepflüge und Arbeitswägen zur Verfügung, um schnell viele Gleise wieder befahrbar zu machen. Bisher, Stand Mittwochmorgen, fahren nach Angaben der Münchner Verkehrsgesellschaft MVG lediglich zwei Tram-Linien wieder (19 und 20).

Laut dem "Münchner Merkur" (externer Link) ist für die Räumung der Tram-Schienen nur ein Arbeitswagen im Einsatz, Baujahr 1961. Diesen Arbeitswagen, der auch für die Reparatur von Fahrdrähten geeignet ist, hat die MVG mit einem Museumsverein wieder hergerichtet. Er leistet jetzt wichtige Dienste. Das Trambahn-Schienennetz werde nach und nach von Arbeitstrupps freigemacht: Schnee und Eis in den Schienen kratzen sie mit Eisenstangen aus, verwenden Salz und arbeiten sich so Meter für Meter vor. Ein Großteil des Münchner Trambahnnetzes ist auch vier Tage nach dem Schneefall noch nicht in Betrieb.

Bäume müssen von der Strecke geräumt werden

Überall in Bayern hat die Schneelast Bäume und Sträucher zum Umstürzen gebracht, nicht wenige sind auf Schienen gefallen: An 80 Stellen allein im Großraum München muss laut Bahn-Angaben vom Montag die Oberleitung repariert werden. Dazu hat die Bahn spezielle Turmtriebwagen im Einsatz. Aber: Es gibt wenige dieser Fahrzeuge und auch hier zu wenig Fachpersonal.

Bahnexperten vermuten: Bei der Bahn in Bayern habe man wohl verdrängt, dass so starke Schneefälle noch möglich seien. Am 30. November, dem Tag vor dem großen Schneefall, hatte die Bahn noch erklärt, gut auf den Winter vorbereitet zu sein. Eine Aufarbeitung der Versäumnisse ist nun jedenfalls unumgänglich, denn die Bahn hat eine Verkehrs-Sicherstellungspflicht: Ein funktionierender Bahnverkehr gehört zur Grundversorgung.

Gewerkschaft: Bahn "auf Kante genäht" - Personalmangel

Bei der Bahn seien derzeit insgesamt mehr als 1.500 Räumkräfte und schweres Gerät im Einsatz, um die Strecken wieder flottzubekommen, teilte die Bahn am Dienstag mit. Unter anderem aus Norddeutschland seien schwere Loks angefordert worden, um den Schnee zu räumen.

Viele der Mitarbeiter, die nun gerade im Einsatz sind, werden von der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG vertreten. Deren Leiter der Geschäftsstelle in Bayern, Matthias Birkmann, sprach im Gespräch mit dem BR ein großes Lob an alle Helfer aus: "Mit den Mitteln, die sie zur Verfügung haben, versuchen sie gerade alles, um den Bahnverkehr in Süddeutschland wieder aufnehmen lassen zu können. Aber gleichzeitig ist es natürlich so: Es sind doch enorme Schäden entstanden, die dann doch erst einmal einige Zeit in Anspruch nehmen."

Birkmann sieht "systemische Fehler" als Grund für das Bahnchaos. Gegen Wetterextreme sei man schlichtweg nicht mehr gerüstet, denn die Bahn sei "auf Kante genäht". "Das heißt, das System ist für solche Wetterextreme nicht mehr ausgelegt. Das Personal ist nicht da, das man dafür bräuchte, um einfach außerplanmäßig den Zugverkehr wieder aufnehmen zu können. Und auch die Fahrzeuge sind nicht verfügbar und das Material, was man dazu benötigt", um kurzfristig auf Störungen zu reagieren.

Weiter Störungen

Nach den massiven Störungen sollten im Laufe des Dienstags wieder erste Fernzüge von München in Richtung Österreich fahren, auch andere Strecken sollten freigegeben werden. Der Zugverkehr bleibt aber im Großraum München eingeschränkt. Fahrgäste sollten Fahrten möglichst auf die Zeit ab dem 6. Dezember verschieben. Derzeit seien die Züge sehr stark ausgelastet.

Auf den Außenästen der Münchner S-Bahn, auf die zahlreiche Pendler angewiesen sind, fuhren am Dienstag mehr Züge als am Vortag, jedoch lief der Verkehr weiter nicht wie gewohnt. Bei der Bayerischen Regiobahn verkehrten zumindest im Oberland zwischen Holzkirchen und Lenggries, Tegernsee und Bayrischzell die Züge wieder nach Fahrplan, in anderen Bereichen etwa bei Rosenheim gebe es aber weiter Einschränkungen, sagte eine Sprecherin.

Bei der Münchner Trambahn fuhr noch am Dienstag zunächst nur eine von elf Linien wieder. U-Bahnen und Busse seien im Einsatz. Die MVG schreibt aber auch am Mittwochvormittag auf ihrer Webseite: "Witterungsbedingt kommt es zu Unregelmäßigkeiten."

Mit Informationen von dpa

Im Video: Updates zum Bahnchaos im BR24live

03.12.2023, Bayern, München: Mit Schnee überzogene Regionalzüge stehen im Hauptbahnhof. Nach dem starken Wintereinbruch in Bayern gab es bei der Bahn auch am Sonntagmorgen noch massive Einschränkungen. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Winterwetter - Münchener Hauptbahnhof

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