Lars Klingbeil, Bärbel Bas
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64,9 Prozent: Schwerer Dämpfer für Klingbeil bei Wiederwahl

64,9 Prozent: Schwerer Dämpfer für Klingbeil bei Wiederwahl

Vizekanzler Klingbeil ist für weitere zwei Jahre zum SPD-Chef gewählt worden. Auf dem Bundesparteitag erhielt er allerdings nur 64,9 Prozent der Stimmen. Arbeitsministerin Bas wird Co-Vorsitzende - mit einem hervorragenden Ergebnis von 95 Prozent.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Vier Monate nach dem historisch schlechten Abschneiden bei der Bundestagswahl hat die SPD ihre Parteispitze neu bestimmt. Die Delegierten des Bundesparteitags in Berlin wählten am Freitag Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas mit 95 Prozent zur neuen Co-Vorsitzenden neben Vizekanzler Lars Klingbeil. Neuer Generalsekretär der SPD ist Tim Klüssendorf (33), der mit 90,8 Prozent der Stimmen gewählt wurde.

Deutlicher Dämpfer für Klingbeil

Klingbeil wurde klar abgestraft und erhielt nur 64,9 Prozent. Während es in der Aussprache auf dem Berliner Parteitag vergleichsweise zurückhaltend blieb, machten die SPD-Delegierten ihrem Unmut bei der Wahl der Parteispitze also kräftigt Luft. Der Bundesfinanzminister fuhr damit das zweitschlechteste Ergebnis in der Geschichte der SPD-Vorsitzwahlen ein. Nur Oskar Lafontaine hatte 1995 mit 62,6 Prozent noch weniger Zustimmung bekommen – anders als Klingbeil allerdings mit einem Gegenkandidaten, Rudolf Scharping. 2023 hatte Klingbeil noch 85,6 Prozent der Stimmen der Delegierten erhalten.

Klingbeil hatte nach der Bundestagswahl eine neue Partei- und Fraktionsführung auf den Weg gebracht und die Koalitionsverhandlungen mit der Union geführt. In der Partei wurde dies teils als übertriebenes Machtstreben empfunden, zudem habe Klingbeil wie seine ehemalige Co-Vorsitzende Saskia Esken Verantwortung für die Wahlniederlage. Darüber hinaus fühlten sich einige Landesverbände wie etwa Hessen bei den Postenvergaben in Regierung, Partei und Fraktion übergangen.

Klingbeil: "Schweres Ergebnis" für mich – Fehler eingeräumt

"Das Ergebnis ist für mich ein schweres Ergebnis", sagte der Vizekanzler. Er hätte sich gewünscht, der ein oder andere hätte diesen Unmut auch in der Debatte geäußert. Zugleich verteidigte er seine Entscheidungen der letzten Monate: "Es war richtig, dass wir uns neu aufgestellt haben, um zu Stärke zurückzukehren."

Zuvor hatte Klingbeil Fehler im Wahlkampf und in seinem Verhalten nach der Bundestagswahl eingeräumt. Er trage ohne Frage Verantwortung für das historisch schlechte Ergebnis von 16,4 Prozent, sagte der Vizekanzler. Er bat seine Partei fast inständig, dass sie "nach einer Klartext-Aussprache über die letzten Monate" wieder gemeinsam nach vorne schauen möge.

Bas statt Esken

Bas rückt damit an die Stelle von Saskia Esken, die in der Partei umstritten war und stark für die Niederlage bei der vergangenen Bundestagswahl mit 16,4 Prozent verantwortlich gemacht wurde. Die Parteilinke Bas, die eine mitreißende und launige Bewerbungsrede hielt, bekam kräftige Rückendeckung von der Partei, was sich in dem hervorragenden Ergebnis für die 57-Jährige widerspiegelte.

Klingbeils neue Co-Vorsitzende übte deutliche Kritik am Umgang der Partei mit Esken. Diese habe erleben müssen, "dass Solidarität nicht immer selbstverständlich ist – auch nicht in der Sozialdemokratie". Doch wenn die SPD für eine solidarische Gesellschaft kämpfen wolle, müsse sie zuallererst eine solidarische Partei sein. "Sonst glaubt uns das keiner!" Esken sitzt künftig als einfache Abgeordnete im Bundestag. 

Endres: Klingbeil "macht natürlich nicht weiter wie bisher"

Ronja Endres, Vorsitzende der Bayern-SPD, bezeichnete den Dämpfer für Vizekanzler und SPD-Chef Lars Klingbeil auf dem Bundesparteitag als "sehr ehrliches Ergebnis". Sie habe ihm das anders gewünscht, sagte sie bei BR24 TV im BR Fernsehen. Klingbeil übernehme dafür die Verantwortung. Er mache aber nicht einfach weiter wie bisher und habe Veränderungen in der Partei angekündigt. "Er hat auch verstanden, dass Fehler gemacht wurden, auch beim letzten Wahlkampf."

Die neue Co-Vorsitzende Bärbel Bas bezeichnete Endres als "ganz starke Frau aus NRW" - eine "starke, gute und laute Parteivorsitzende", die auch anderen Frauen Lust auf die Arbeit in der Politik mache. Sie erwarte von ihr, ihre eigene Biografie in die Partei hineinzutragen - etwa als jemand, der wisse, wie es ist, mit wenig Geld aufzuwachsen.

SPD sucht inhaltliche Orientierung

Bas steht auch inhaltlich für die angestrebte Neuausrichtung der SPD: Die Sozialdemokraten wollen wieder mehr auf ihre traditionellen Kernthemen setzen und wieder zur Partei der Arbeit werden. Mit dem Parteitag will die SPD den Prozess für ein neues Grundsatzprogramm anstoßen.

Im Video: ARD-Hauptstadtstudio-Korrespondent Jan Zimmermann zu SPD-Parteitag

ARD-Hauptstadtstudio-Korrespondent Jan Zimmermann
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ARD-Hauptstadtstudio-Korrespondent Jan Zimmermann

Mit Informationen von dpa, AFP und Reuters

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