(Symbolbild) Die Alternative für Deutschland (AfD) wurde von dem Bundesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft.
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(Symbolbild) Die Alternative für Deutschland (AfD) wurde von dem Bundesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft.

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Verfassungsfeindlich: Was diese Einstufung für die AfD bedeutet

Verfassungsfeindlich: Was diese Einstufung für die AfD bedeutet

Der Verfassungsschutz hat die AfD als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Steht die Partei damit vor einem möglichen Verbot? Wie geht man in Bayern mit der Neueinstufung um? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft die Alternative für Deutschland (AfD) als gesichert rechtsextremistisch ein. Grund sei eine "Menschenwürde missachtende, extremistische Prägung der Gesamtpartei", teilte das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) am Freitag mit. Mit der neuen Bewertung wird nun die Partei bundesweit als verfassungsfeindlich eingestuft. Bisher hatten die Behörden nur die Landesverbände in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt entsprechend bewertet.

Parteiübergreifend werden jetzt Forderungen nach einem AfD-Verbot lauter. Die AfD-Spitze kündigte unterdessen an, juristisch gegen die Einstufung vorzugehen. Wie wahrscheinlich ist ein Verbotsverfahren gegen die AfD? Und wie geht Bayern mit der Neueinstufung der Partei um? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was bedeutet die neue Einstufung der AfD?

Bisher durfte die AfD lediglich anhand öffentlich zugänglicher Quellen, wie zum Beispiel ihren Kanälen in sozialen Medien, beobachtet werden – dabei wurde die Partei vom Bundesamt für Verfassungsschutz als "rechtsextremistischer Verdachtsfall" behandelt.

Schon bei einer Beobachtung als Verdachtsfall ist der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel erlaubt: etwa der Einsatz sogenannter V-Leute – also Menschen mit Zugang zu internen Informationen –, auch Observationen oder Bild- und Tonaufnahmen. Bei Auswahl und Einsatz der Mittel muss allerdings der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt sein. Bei einem als gesichert extremistisch eingestuften Beobachtungsobjekt sinkt die Schwelle für den Einsatz solcher Mittel.

Wie reagiert die Partei?

Die AfD-Bundessprecher Alice Weidel und Tino Chrupalla kritisierten die Verfassungsschutz-Hochstufung ihrer Partei als politisch motiviert und kündigten an, sich juristisch dagegen zur Wehr zu setzen. Die AfD werde als Oppositionspartei kurz vor dem Regierungswechsel "öffentlich diskreditiert und kriminalisiert", erklärten sie. Weidel und Chrupalla sprachen zudem von einem schweren "Schlag gegen die bundesdeutsche Demokratie".

Der Landesvorsitzende der bayerischen AfD, Stefan Protschka, nannte die neue Einstufung seiner Partei "eine Farce, das ist lachhaft". Es werde versucht, eine "Volkspartei zu denunzieren". Er habe "keine Bedenken, dass die AfD eine einwandfreie Partei ist (...)".

Bereits in der Vergangenheit hatte sich die AfD mehrfach gerichtlich gegen die Einstufung als rechtsextremistischer Verdachtsfall gewehrt – jedoch ohne Erfolg. Der Verfassungsschutz weist darauf hin, dass beispielsweise das Verwaltungsgericht Köln und das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen mit Urteilen jeweils die bisherige Einstufung bestätigten: Es lagen zahlreiche Anhaltspunkte für Bestrebungen der AfD gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung vor.

Legt die AfD rechtliche Schritte ein?

Auch auf rechtlichem Weg wehrt sich die AfD gegen die Hochstufung als "gesichert rechtsextrem". In einer 48-seitigen Abmahnung der Rechtsanwaltskanzlei Höcker wird das Bundesamt für Verfassungsschutz aufgefordert, bis Montagmorgen die Einstufung öffentlich zu korrigieren. "Sollte eine entsprechende Erklärung nicht erfolgen, werden wir unserer Mandantin anraten, ein weiteres gerichtliches Eil- und Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Köln anzustrengen", heißt es darin.

Die Münchner Juraprofessorin Kathrin Groh hält die Erfolgsaussichten allerdings für gering. Derartige Klagen habe die AfD bisher immer verloren, so Groh. Ihrer Meinung nach weiß der Bundesverfassungsschutz genau, was er in ein solches Gutachten reinschreiben muss, um es gerichtsfest zu machen.

Kommt jetzt ein Verbotsverfahren gegen die AfD?

Die Beobachtung des Bundesverfassungsschutzes ist zunächst unabhängig von einem möglichen Verbotsverfahren gegen die AfD; beides hat nichts miteinander zu tun. Ein mögliches Verbotsverfahren müsste von der Bundesregierung, dem Bundestag oder dem Bundesrat beantragt werden.

Eines der drei Verfassungsorgane könnte sich aber durch die neue Einschätzung des Inlandsnachrichtendienstes ermutigt fühlen, einen solchen Antrag zu stellen. Die Entscheidung über den Prozess würde das Bundesverfassungsgericht fällen. Die Erfahrung zeigt: Ein solches Verfahren würde sich wohl über Jahre hinziehen.

Juraprofessorin Kathrin Groh von der Universität der Bundeswehr in Neubiberg geht davon aus, dass ein Verbotsverfahren erfolgreich sein könnte. Im Interview mit BR24 schränkte sie allerdings ein, dass ein solches Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht kein Selbstläufer wäre. Ob es politisch klug sei, die AfD verbieten zu wollen, sei dahingestellt.

Wie geht Bayern mit der Neueinstufung um?

In Bayern habe bisher die Beobachtung der AfD "aus Verhältnismäßigkeitsgründen vorrangig sach- und themenbezogen" stattgefunden, schreibt das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz (BayLfV) auf Anfrage von BR24. Aktuell würden einzelne AfD-Funktionäre und -Mitglieder nur bei "zurechenbaren verfassungsschutzrelevanten Erkenntnissen" bearbeitet werden.

Inwiefern das BayLfV jetzt mit dem Landesverband der AfD umgeht, also ob zum Beispiel von nun an ein größerer Kreis von AfD-Anhängern beobachtet wird, hängt vom Gutachten des Bundesverfassungsschutzes ab. Dieses ging am Freitag bei der bayerischen Behörde ein und wird nun ausgewertet. Auf Basis der Auswertung wird sich die Bearbeitung der AfD durch das BayLfV neu ausrichten, so das Amt.

Möglich sei laut Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) eine Ausweitung der Beobachtung der AfD. Fraglich sei auch die AfD-Zugehörigkeit von Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes: "Kann jemand, der der AfD angehört, noch Lehrer für unsere Kinder sein oder als Polizistin in der bayerischen Polizei mitarbeiten? Das muss sorgfältig geprüft und überdacht werden", so Herrmann. Zudem sei die staatliche Parteieinfinanzierung infrage zu stellen. Mit diesen Angelegenheiten müsse man sich jetzt "sehr zügig befassen".

Mit Informationen von epd und dpa

Video: BR24live - AfD gesichert rechtsextrem: Was wir bisher wissen

ARCHIV - 13.05.2024, Nordrhein-Westfalen, Köln: Eine Fahne weht vor dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV). (zu dpa: «Verfassungsschutz: AfD ist gesichert rechtsextremistisch») Foto: Oliver Berg/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Bundesamt für Verfassungsschutz

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