Hinter dem sperrigen Titel "Auswirkungen des Verhältnisses der AfD zu Russland auf Deutschlands Sicherheitsinteressen – Kein Patriotismus, sondern mögliche Gefährdung unserer Sicherheit" verbirgt sich eine Ahnung, wie Union und SPD künftig mit der AfD umgehen wollen. Nicht mehr als Getriebene nämlich, sondern als Treiber, mit deutlichen Worten.
Beide Koalitionsfraktionen hatten eine Aktuelle Stunde im Bundestag mit diesem Titel beantragt. Das Ziel: Zeigen, dass die AfD mit dem Instrument parlamentarischer Anfragen für Russland spionieren könnte. Indem sie etwa viele detaillierte Fragen zur Drohnenabwehr oder zu Schwachstellen in der Verteidigungsfähigkeit Deutschlands stellt und damit militärisch sensible Informationen offenlegt.
Spioniert die AfD für Russland?
Eine "härtere Gangart" gegenüber der AfD hatte zuvor der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Dirk Wiese, angekündigt. Auch im Bundestag sollten Zwischenrufer aus den Reihen der Koalition Unruhe stiften, also die Methoden der AfD nutzen, um sie gegen sie zu verwenden. In der Aktuellen Stunde, in der Themen von allgemeinem Interesse diskutiert werden, ohne dass sich daraus Gesetze ergeben, ging es dann auch hoch her. Samt Zwischenrufen von allen Seiten. Zentraler Punkt der Koalition: Ist die AfD ein U-Boot Wladimir Putins? Was Rednerinnen und Redner aller anderen Parteien andeuteten und was die AfD hitzig bestritt.
Union und SPD: AfD ist "schwarz-rot-goldene Matroschka-Puppe"
Union und SPD haben sich offenbar vorgenommen, die AfD anzugreifen. Dass die AfD, wie es der Unions-Abgeordnete Marc Henrichmann ausführte, "Minimum eine russlandtreue Schläferzelle" in ihren Reihen habe, sei "Grund zur Sorge in diesem Haus". Als Belege dienten Henrichmann unter anderem der ehemalige AfD-Parlamentarier Petr Bystron, dem die Staatsanwaltschaft vorwirft, Geld aus Russland angenommen zu haben.
Auch aus der SPD kamen Vorwürfe in Richtung AfD, sie habe "in ihren Reihen Einfluss-Agenten fremder Mächte, die gegen die Interessen der Bundesrepublik Deutschland" seien. So formulierte es Hubertus Heil (SPD), als Beleg dafür nannte er den Mitarbeiter des AfD-Abgeordneten Maximilian Krah, der wegen Spionage für China verurteilt wurde. Oder den ehemaligen AfD-Abgeordnete Ulrich Oehme, der keinen Hausausweis für den Deutschen Bundestag bekommt, Begründung: enge Drähte zu Putins Propagandisten.
Der CSU-Abgeordnete Heiko Hein folgerte: Die AfD sei "wie eine schwarz-rot-gold angemalte Matroschka-Puppe, außen schön patriotisch, aber innen verstecken sich lauter kleine vaterlandslose Gesellen".
AfD wehrt sich: "Verunglimpfung der Opposition"
Die AfD wiederum wehrte sich nach Kräften. Markus Frohnmaier, der ebenfalls wegen seiner engen Kontakte nach Russland in der Kritik steht, sprach von einer "inszenierten Empörung" und fragte nach Beweisen.
Für Stefan Keuter (AfD) war die Aktuelle Stunde ein peinlicher rhetorischer Trick, "populistisch" und "undemokratisch". Man stelle keine Fragen für Russland, sondern zu Russland. Und die Antworten auf die Anfragen seien darüber hinaus öffentlich nachzulesen und keineswegs geheim. Von "Verunglimpfung" und "Dreck" war die Rede, besonders ereiferte sich Stephan Brandner (AfD), die Koalition solle sich für diese Aktuelle Stunde schämen.
Was folgt aus der "härteren Gangart"?
Wenn es die Absicht der Koalitionsfraktionen war, die AfD gegen sich aufzubringen, dann ist das zunächst gelungen. Wie Union und SPD aber weiter vorgehen wollen, blieb unklar. Von einem AfD-Verbot war von Seiten der Koalition nicht die Rede, Union und SPD sind sich da überhaupt nicht einig. Die SPD ist eher dafür, die Union nicht.
Auffällig war zudem, dass sich vor allem in der Union die erste Reihe nicht positionierte, prominente Rednerinnen und Redner fehlten in der Debatte. Die "härtere Gangart" war zunächst erst einmal ein Schlagabtausch über wahren und falschen Patriotismus.
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