Seit Monaten gilt er als angezählt – jetzt muss Bahnchef Richard Lutz seinen Posten räumen. Das gab Verkehrsminister Patrick Schnieder am Donnerstagnachmittag in einer Pressekonferenz bekannt. Und er sagte: "Die Suche nach einem neuen Bahnchef, einer neuen Bahnchefin hat mit diesem Augenblick begonnen." Die aktuelle Lage der Deutschen Bahn nannte Schnieder "dramatisch". Lutz' Vertrag wäre eigentlich noch bis 2027 gelaufen.
Pünktlichkeit stürzte unter Lutz ab
Unter der Führung von Lutz schlitterte die Bahn von einer Negativschlagzeile in die nächste, immer wieder forderten politische Entscheidungsträger auch die Zerschlagung des Konzerns. Zuletzt sorgte vor allem die marode und kaputt gefahrene Infrastruktur für große Probleme. Die Pünktlichkeit stürzte im vergangenen Jahr ab: im Fernverkehr lag sie 2017 noch bei 78,5 Prozent, 2024 bei 62,5 Prozent. Auch wirtschaftlich ist der bundeseigene Konzern in Schieflage – seit Jahren schreibt die Bahn rote Zahlen. Die Lokführergewerkschaft GDL hatte Mitte Juli die Entlassung von Lutz gefordert.
Wie Richard Lutz bisher gearbeitet hat
Lutz leitet die Bahn seit Anfang 2017. Davor war er Finanzvorstand der DB. Im Konzern arbeitet der 61 Jahre alte Pfälzer seit 1994, er kennt das Unternehmen und die Branche besser als viele andere.
Lutz gilt als disziplinierter Arbeiter und guter Schachspieler. Seine Arbeitstage begannen in der Regel bereits um 4.00 Uhr morgens und dauerten bis in den späten Abend. Auch am Wochenende machte er selten frei. Bis zuletzt betonte er seine Leidenschaft für den Job und die Verbindung zum Unternehmen.
Pläne der Bundesregierung sehen personelle Neuaufstellung vor
Die neue Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag eine Neuaufstellung des Aufsichtsrats und des Bahn-Vorstands angekündigt, "mit dem Ziel, mehr Fachkompetenz abzubilden und eine Verschlankung zu erreichen". Schon kurz nach dem Regierungswechsel begannen die Spekulationen, dass Lutz unter dem neuen Verkehrsminister Schnieder wohl nicht mehr lange Bahnchef bleiben wird.
Minister Schnieder kündigte eine Strategie an, wie es bei der DB weitergehen soll. Sie soll nach seinen Worten am 22. September vorgestellt werden. Die Richtung sei schon klar, nun seien noch rechtliche Abklärungen nötig, sagte Schnieder.
Lutz' Ideen, die Deutsche Bahn zu sanieren
Lutz hatte im vergangenen Jahr ein Sanierungskonzept aufgelegt, mit dem in drei Jahren die Infrastruktur, der Bahnbetrieb und die Wirtschaftlichkeit der Bahn verbessert werden sollte. Es sah unter anderem vor, Tausende Stellen einzusparen. Die Infrastruktur soll demnach vor allem mit rund 40 Generalsanierungen auf besonders wichtigen Strecken wieder fit gemacht werden. Derzeit wird auf der Strecke Hamburg-Berlin gebaut.
Die Probleme der Infrastruktur hängen auch damit zusammen, dass über Jahrzehnte zu wenig in Sanierung und Instandhaltung investiert wurde – vom Neu- und Ausbau ganz zu schweigen. Lutz ging zuletzt zunehmend auf Konfrontationskurs. Trotz zusätzlicher Milliarden-Zusagen vom Bund warnte er, dass die Mittel nicht reichten, um die Bahn wirklich zukunftsfest zu machen. Außerdem verwies er auf die mangelnde Förderung zum Ausgleich von Trassenpreisen, einer Art Schienenmaut. Wenn der Bund diese nicht erhöhe, müsse die Bahn auch über eine Reduzierung des Angebots im Fernverkehr nachdenken. Kritiker sahen darin eine Drohung.
Wie geht es bei der Bahn jetzt weiter?
Es ist noch offen, wer Lutz nachfolgen wird. Schickt Schnieder einen Politiker in den Bahntower am Potsdamer Platz in Berlin? Oder wird der Nachfolger in den Reihen des Konzerns gefunden? In den vergangenen Monaten wurde bereits über zahlreiche Kandidaten spekuliert, etwa den kurzzeitigen Finanzminister Jörg Kukies von der SPD und DB-Regio-Chefin Evelyn Palla.
Fahrgäste, die sich mit dem Weggang von Lutz eine kurzfristige Verbesserung der betrieblichen Lage erhoffen, dürften allerdings enttäuscht werden. Selbst Kritiker des Bahn-Managements räumen ein, dass die Probleme tiefgreifender seien und befürworten im Grundsatz den auf mehr als ein Jahrzehnt angelegten Sanierungskurs bei der Infrastruktur.
Im Video: Aus für Bahnchef Richard Lutz
Die Bahn bekommt einen neuen Chef. Richard Lutz galt schon lange als angezählt. Grund sind rote Zahlen und die Unpünktlichkeit der Bahn.
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