Bisher funktioniert der Stromfluss nur in eine Richtung. Beim bidirektionalen Laden könnte er vom Auto auch zurück ins Haus fließen.
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Bisher funktioniert der Stromfluss nur in eine Richtung. Beim bidirektionalen Laden könnte er vom Auto auch zurück ins Haus fließen.

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Bidirektionales Laden: Kommt bald der Durchbruch?

Bidirektionales Laden: Kommt bald der Durchbruch?

In Deutschland werden wieder mehr Elektroautos zugelassen. Eine vielversprechende Technologie ist, ihre Batterien nicht nur zur Fortbewegung zu nutzen, sondern auch als Stromspeicher. Wie geht das? Und ist das in der Praxis überhaupt möglich?

Über dieses Thema berichtet: Rundschau Magazin am .

Ein Auto wird pro Tag im Schnitt nur eine Stunde als Fortbewegungsmittel genutzt. 23 Stunden steht es. Elektrofahrzeuge können in dieser Zeit zusätzlichen Nutzen bringen. "Das eigene Haus mit günstigem Strom versorgen und so die Energiewende unterstützen und das Stromnetz in Deutschland stabilisieren", sagt Michael Fechner vom Münchner Unternehmen "Vispiron Systems". Das entwickelt Lösungen, um das sogenannte bidirektionale Laden praxisreif zu machen.

Was ist bidirektionales Laden?

Bidirektionales Laden bedeutet, dass der Akku des E-Autos als Stromspeicher genutzt wird und Strom in zwei Richtungen fließt. Von der Wallbox in die Autobatterie, aber auch aus der Batterie in den Haushalt oder auch ins allgemeine Stromnetz.

"In der Zeit, in der das Auto zu Hause steht, können wir beispielsweise den Solarstrom, der tagsüber auf dem eigenen Dach erzeugt wird, speichern. Den kann ich dann abends wiederum nutzen, um beispielsweise Fernseher oder Herd zu betreiben", so Ingenieur Michael Fechner. Am nächsten Tag könne man dann immer noch zur Arbeit fahren, weil nur ein Bruchteil des Akkus durch Haushaltsgeräte am Abend entladen werden, so Fechner. Diese Form des bidirektionalen Ladens wird als "vehicle to home" bezeichnet.

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Michael Fechner (Vispiron Systems)

Mit der Autobatterie nicht nur den eigenen Haushalt versorgen

"Wir finden es noch viel spannender, wenn man die bidirektionalen Elektrofahrzeuge mit dem öffentlichen Stromnetz koppelt", sagt Vincenz Regener von der Forschungsstelle für Energiewirtschaft. Das wird auch als "vehicle to grid" bezeichnet. Damit könnten die Speicherkapazitäten für die Allgemeinheit nutzbar gemacht werden. "Mit diesen Speichern hätten wir die Möglichkeit, in Europa bis zum Jahr 2045 bis zu 300 zusätzliche Gigawatt PV-Anlagen in das Netz zu integrieren". Das sei mehr als das zehnfache von dem, was aktuell in Bayern installiert ist, so Regener weiter.

Der Grund: Die durch Elektrofahrzeuge bereitgestellte Stromspeicher-Kapazität könne helfen, den Solarstrom zwischenzuspeichern, wenn das Angebot sehr hoch ist und bei Bedarf wieder an das Netz abgeben. Vehicle to grid glätte damit Angebot und Nachfrage und könne somit auch die Stromnetze entlasten. Ein Netzausbau sei aber dennoch zwingend erforderlich, sagt Vincenz Regener. "Mit vehicle to grid lassen sich aber auch konkrete Netz- und Systemdienstleistungen für die Netzbetreiber bereitstellen, um beispielsweise die Netzfrequenz bei Schwankungen zu stabilisieren", so der Wissenschaftler.

Welche Vorteile hat bidirektionales Laden für E-Fahrzeughalter?

Wenn bidirektionales Laden marktreif ist, könnten Fahrzeughalter finanziell profitieren. "Während mein Fahrzeug steht, agiert es dann künftig an der Strombörse, speichert Strom zwischen und ich würde dafür vergütet. Da könnten 500 bis 800 Euro im Jahr rumkommen", sagt Vincenz Regener von der Forschungsstelle für Energiewirtschaft.

Auch durch die Anwendung vehicle to home könne man Geld sparen. Michael Fechner sagt, Ziel solle sein, smart zu laden. Und somit den günstigen selbst erzeugten Strom von der PV-Anlage so optimal zu nutzen, wie möglich."

Was sind die Hürden?

Noch ist nicht jedes Elektrofahrzeug und auch nicht jede Wallbox auf bidirektionales Laden ausgerichtet. "Wallboxen und Fahrzeuge müssen für bidirektionales Laden speziell zertifiziert sein. Hier gibt es bislang nur sehr wenige marktfähige Produkte", erklärt Eduard Schlutius vom Dachverband für Ladeinfrastruktur charGER e.V.

Neben den entsprechenden Hardware-Komponenten gibt es laut Michael Fechner noch eine Hürde: "Es gibt eine ganze Palette an verschiedenen Solarwechselrichtern und weiteren Komponenten, die nicht so ohne weiteres miteinander kommunizieren, aber dann als gesamtes System funktionieren sollen."

Wann kann die Autobatterie als Stromspeicher genutzt werden?

Eduard Schlutius erwartet im Laufe dieses Jahres erste marktfähige vehicle to home-Anwendungen in Deutschland. Für eine flächendeckende Umsetzung müssten jedoch noch die regulatorischen und technischen Standards geschaffen werden, so Schlutius weiter. "Wir gehen davon aus, dass vehicle to home voraussichtlich bis 2027/2028, in größerem Umfang verfügbar sein könnte."

Vehicle to grid: in Frankreich schon möglich, in Deutschland noch nicht

Länger könnte es laut Experten dauern, bis es möglich sein wird, die Autobatterie auch mit dem allgemeinen Stromnetz zu verbinden. In Frankreich ist vehicle to grid seit kurzem möglich. Optimistisch eingeschätzt, so Wissenschaftler Vincenz Regener, könne die vehicle to grid-Technologie in Deutschland bei ersten Herstellern in zwei bis drei Jahren verfügbar sein.

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Vincenz Regener

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