Das israelische Militär hat den Anführer der islamistischen Terrormiliz Hamas im Gazastreifen, Jihia al-Sinwar, getötet. Das meldeten am Donnerstagabend das israelische Militär und Außenminister Israel Katz. Laut israelischen Medien ereignete sich die Tötung bei einem zufälligen Zusammenstoß mit israelischen Soldaten in Rafah. Am Freitag bestätigte auch die Hams den Tod von Sinwar.
Sinwar sei als Drahtzieher für das Massaker vom 7. Oktober verantwortlich, sagte Katz laut seinem Sprecher: "Dies ist eine große militärische und moralische Errungenschaft für Israel und ein Sieg für die ganze freie Welt gegenüber der Achse des Bösen des radikalen Islam, die vom Iran angeführt wird", so Katz.
Katz sieht in der Tötung Sinwars die "Gelegenheit", auch die überlebenden Hamas-Geiseln "unverzüglich" freizubekommen. Jetzt sei auch der Weg frei "für einen Wandel, der zu einer neuen Realität im Gazastreifen führen wird - einer Realität ohne Hamas und ohne iranische Kontrolle", so der israelische Außenminister.
Israels Präsident Herzog fordert Befreiung der Geiseln
Israels Präsident Isaac Herzog macht Hamas-Chef auf X "seit Jahren für abscheuliche Terrortaten gegen israelische Zivilisten verantwortlich". Die israelische Regierung müssen "alles Erdenkliche tun, um die verbliebenen Geiseln zurückzubringen". Auch das Forum der Geisel-Familien drang darauf, "diesen wichtigen Durchbruch zu nutzen, um die Rückkehr der Geiseln zu sichern".
Baerbock: Hamas muss Geiseln freilassen
Laut einer ersten Stellungnahme von Außenministerin Annalena Baerbock am Abend war Sinwar "ein brutaler Mörder und Terrorist, der Israel und seine Menschen vernichten wollte". Sie forderte von der Hamas, alle Geiseln freizulassen und die Waffen niederzulegen. Das Leid der Menschen in Gaza müsse endlich aufhören.
US-Präsident Joe Biden sagte, durch die Tötung von Sinwar sei der heutige Tag ein guter Tag für die Israel und die Welt, und Vize Kamala Harris vermutete, durch seinen Tod bestehe nun die Möglichkeit, den Krieg im Gazastreifen zu beenden. Der Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Mike Johnson, wertete die Tötung von Sinwar als Zeichen der "Hoffnung". "Sein Tod bringt Hoffnung für alle, die in Freiheit leben wollen, und Erleichterung für die Israelis, die er zu unterdrücken versucht hat", so Johnson in Washington.
Nato-Generalsekretär Mark Rutte sagte auf einer Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj, er persönlich werde Sinwar nicht vermissen, falls er gestorben sei. Schließlich sei er der Architekt der Terroranschläge vom 7. Oktober.
Schicksal der Geiseln ungewiss
Ob der Tod Sinwars helfen wird, die rund 100 Geiseln aus der Hand der Hamas zu befreien, ist ungewiss. Angehörige der Geiseln befürchten im Gegenteil, jetzt könne die Hamas an ihnen Rache nehmen. Außerdem dürfte nun erst einmal unklar sein, wer die Entscheidungen an der Spitze der Hamas trifft.
Die Hamas hat am Freitag betont, dass der Kampf mit Israel nach dem Tod Sinwars nicht beendet sei. Der stellvertretende Chef des Politbüros der Islamistenorganisation, Chalil al-Haja, erteilte Forderungen nach einer sofortigen Freilassung der Geiseln eine Absage. Vorher müsse Israel seine "Aggression" gegen Gaza beenden, sich vollständig aus dem Gazastreifen zurückziehen und palästinensische Gefangene freilassen, so al-Haja.
Tötungen von Hamas-Spitzen durch Israel
Israel hatte Sinwar seit dem Massaker an 1.200 Menschen und der Entführung von 250 Geiseln ganz oben auf der Abschussliste. Mehrere Spitzenvertreter der Terrormiliz hatte Israel bereits getötet, unter ihnen Mohammed Deif, den Militärkommandeur der Hamas. Auch der Mordanschlag auf den politischen Führer der Hamas, Ismail Hanija, in Teheran wird Israel zugeschrieben. Seither war Sinwar alleiniger Chef der Hamas. Der Chefankläger am Internationalen Strafgerichtshof, Karim Khan, hatte im Mai Haftbefehl gegen die drei Hamas-Führer sowie gegen Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu und Verteidigungsminister Joaw Galant wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit beantragt.
1988 wegen sechsfachen Mordes verurteilt, dann freigelassen
Der 61-jährige Jihia al-Sinwar gehörte zur Gründergeneration der Hamas und war seit 2017 Hamas-Chef im Gazastreifen. 1988 war er wegen Mordes an vier mutmaßlichen Kollaborateuren und zwei israelischen Soldaten von Israel verurteilt worden. Er saß mehr als zwei Jahrzehnte in israelischer Haft. 2011 kam er als einer von mehr als 1.000 palästinensischen Häftlingen im Tausch für einen israelischen Soldaten frei.
Mit Informationen der dpa, AFP und AP
Im Audio: Hamas will nach dem Tod Sinwars nicht aufgeben
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