Der neue Absatz 3 im Grundgesetz-Artikel 21 macht es möglich. Parteien, "die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen […], sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen." Den Absatz gibt es erst seit Mitte 2017. Eingefügt hat ihn der Gesetzgeber nach der Entscheidung im Verbotsverfahren gegen die NPD. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hatte in seiner Begründung auf diese Möglichkeit hingewiesen.
"Ein Graus"
Politiker sehen darin nun ein Mittel, die AfD zu bekämpfen, ohne gleich die Keule eines Parteiverbotsverfahrens auszupacken. "Die Demokratie darf nicht zulassen, dass sie mit Mitteln aus der Staatskasse ihre eigene Abschaffung auch noch finanziert", sagt etwa Clara Bünger, Innenpolitikerin der Linken, dem Tagesspiegel [externer Link].
Saarlands Ministerpräsidentin Anke Gabriele Rehlinger (SPD) argumentiert ähnlich. Sie sagte vor der Aussetzung der Einstufung, es sei ein "Graus, dass eine rechtsextremistische Partei mit Steuergeldern finanziert" werde und gegen die Demokratie arbeite.
"Kein milderes Mittel"
Christian Waldhoff, Verfassungsrechtler an der Humboldt-Universität in Berlin, bestreitet, dass der Ausschluss von der Parteienfinanzierung eine Art milderes Mittel ist. Er war Bevollmächtigter des Bundesrates im NPD-Verbotsverfahren und im Verfahren zum Ausschluss der Partei (heute "Die Heimat") von der staatlichen Parteienfinanzierung.
Im Gespräch mit BR24 argumentiert Waldhoff, es bringe nur dann etwas, den Geldhahn zuzudrehen, wenn eine Partei zwar vom Bundesverfassungsgericht als verfassungsfeindlich eingestuft wird, aber zu klein ist für ein Verbot. Genau das war damals bei der NPD der Fall: ohne Zweifel extremistisch – aber als Kleinstpartei ohne "Potenzialität", wie die Juristen sagen.
"Dann kann man auch gleich verbieten"
Bei der AfD ist es genau andersrum: Ihre "Potenzialität" ist gegeben, schließlich erhielt sie bei der Bundestagswahl 20,8 Prozent der Stimmen. Aber ihre Verfassungsfeindlichkeit hatte am 2. Mai eben nur der Verfassungsschutz festgestellt, nicht die obersten Richter in Karlsruhe. Das müssten sie aber vor einem Entzug der staatlichen Finanzierung tun.
Sollte das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsfeindlichkeit der AfD feststellen, "dann kann man auch gleich verbieten", schlussfolgert Waldhoff. Denn "der Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung ist die exakt gleiche Voraussetzung beim Verbot wie beim Ausschluss aus der Parteienfinanzierung". Es gebe "keinen Rabatt bei den Voraussetzungen für Verfassungsfeindlichkeit".
Finanzhebel können auch Bundesländer ansetzen
Staatsrechtler Oliver Lepsius, der an der Uni Münster lehrt, verweist auf die Möglichkeit der Bundesländer, einer extremistischen Partei die staatliche Finanzierung zu beschneiden. "Da mag der thüringische Landesverband [der AfD] jetzt besonders hervorzustechen im Vergleich zu anderen Landesverbänden", sagt Lepsius im Gespräch mit BR24. Ein Parteiverbotsverfahren sei dagegen nur bundesweit möglich.
Im Video: Verfassungsschutz oder AfD: Wer zerstört hier die Demokratie? Possoch klärt!
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