Angesichts immer neuer Drohnen-Zwischenfälle in Europa wird die Frage drängender: Wie ist Deutschland auf die Abwehr feindlicher Drohnen vorbereitet? Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) will mehr Befugnisse für die Bundeswehr, die künftig bundesweit Drohnen in Krisensituationen abschießen soll. Andere fordern eine bessere Ausrüstung für die Polizei, um Drohnen stören und abfangen zu können.
Einig sind sich die meisten Beteiligten darin, dass Deutschland – genau wie andere EU-Staaten – mehr tun muss. Die EU hat deshalb einen "Drohnenwall" an ihrer Ostflanke angekündigt. Das Ziel: unbemannte Flugobjekte erkennen, verfolgen, abfangen – und im Zweifel abschießen. Wie schnell ein solcher "Drohnenwall" stehen kann, ist offen. Auch die Nato hat angekündigt, die Ostflanke zu stärken.
Söder: Bayerns Polizei soll Drohnen abschießen
Bayern will laut Ministerpräsident Markus Söder (CSU) schnell selbst aktiv werden. Mit einem eigenen bayerischen Drohnen-Abwehrgesetz wolle man der Polizei schon bald die landesrechtlichen Möglichkeiten geben, "sehr schnell und selbstständig abzuschießen", kündigte Söder nach einer Sitzung des CSU-Vorstands in München an. Er sprach von "Abfangen statt Abwarten". Söder erklärte, Bayern gehe in enger Abstimmung mit dem Bund vor. Man gehe in Vorleistung.
Darüber hinaus bekräftigte er seine Ankündigung eins bayerischen "Drohnenzentrums" an. Dort sollten verschiedene "Fangdrohnen und Jagdrohnen" entwickelt werden. "Wir sind schon lange nicht mehr im klassischen Frieden", betonte Söder.
"Vermeiden, dass es 16 unterschiedliche Gesetze gibt"
Allerdings warnte der Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses zuletzt vor Maßnahmen einzelner Bundesländer. Die Bundeswehr könne solche Drohnen-Angriffe abwehren, unabhängig davon, ob eine militärische oder eine zivile Einrichtung bedroht sei, sagte Thomas Röwekamp.
Dabei sei es aber "ganz wichtig, dass wir uns im Bund und mit den Ländern abstimmen", betonte der CDU-Politiker. "Ich möchte auf jeden Fall vermeiden, dass es 16 unterschiedliche Gesetze und 17 unterschiedliche Verteidigungsszenarien gibt."
Sicherheitsexperte Rundfeldt: "Deutlich zu spät"
Aus der Sicht von Johannes Rundfeldt, Mitgründer und Sprecher der "AG Kritis", sollte Deutschland auf die Zusammenarbeit mit der Ukraine setzen. "Meiner Meinung nach würde es reichen, wenn man irgendeine Halle mietet, eine Handvoll ukrainische Militärangehörige einlädt und sich von denen aufschlauen lässt", sagte Rundfeldt in der "radioWelt" auf Bayern 2.
Die AG Kritis bezeichnet sich als unabhängige Arbeitsgruppe von Menschen, die sich beruflich mit dem Schutz kritischer Infrastruktur in verschiedenen Bereichen befassen. Rundfeldt nannte die Gesetzgebung zur Drohnenabwehr in Deutschland "deutlich zu spät und deutlich zu wenig". Dass aktuell mehrere Behörden involviert seien – von der Landespolizei über die Bundespolizei bis hin zur Bundeswehr – erschwere die Reaktionsfähigkeit. Mehr Befugnisse für die Bundeswehr seien überfällig, "aber auch keine abschließende Antwort". Zudem habe die Bundeswehr bisher "zu wenig Mittel".
Airbus-Vorstandschef: "Unser System braucht zu lange"
Deutschland ist auch nach Ansicht des Vorstandschefs der Airbus-Militärsparte, Michael Schöllhorn, nicht gut auf die Abwehr feindlicher Drohnen etwa aus Russland vorbereitet. Das gelte sowohl für Abwehrwaffen als auch für die rechtliche Situation, sagte Schöllhorn im Podcast "Ronzheimer". Er glaube, "unser System braucht zu lange, um sich an die sehr, sehr schnell wachsende Bedrohungslage anzupassen".
Professionell ausgerüstete Drohnen seien heutzutage "relativ resistent" gegen die üblichen Störmethoden der Polizei, sagte Schöllhorn. Auch die Bundeswehr könne über einer Stadt keine Luft-Luft-Rakete einsetzen. Für den Airbus-Vorstandschef ist klar: Mit Flügen von Militärjets oder Drohnen über Nato-Gebiet testet der russische Präsident Wladimir Putin die Grenzen aus. Putins Ziel sei es, ein Gefühl der Unsicherheit in der Bevölkerung entstehen zu lassen.
"Komplexer und dynamischer Prozess"
Derweil will die Bundespolizei am Flughafen München auf BR24-Anfrage nicht mitteilen, welche Form von Drohnenabwehr dort verfügbar ist. "Die Abwehr von Drohnen ist ein komplexer und dynamischer Prozess, der hohe Anforderungen an die erforderliche Technik und die eingesetzten Kräfte stellt", teilt ein Sprecher lediglich mit. "Zu den konkreten Einsatzmitteln, Taktiken und Einsatzabläufen können zum Schutz der Wirksamkeit der Einsatzmaßnahmen jedoch keine Angaben gemacht werden."
Mit Informationen von dpa und AFP
Video: Gesetzesänderung geplant – Drohnenabschuss durch Bundeswehr
Gesetzesänderung geplant: Drohnenabschuss durch Bundeswehr
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