Sahra Wagenknecht
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Aus dem Archiv: Sahra Wagenknecht, Parteivorsitzende vom BSW (Bündnis Sahra Wagenknecht)

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Ein Jahr BSW: Warum Wagenknecht erfolgreich ist

Ein Jahr BSW: Warum Wagenknecht erfolgreich ist

Im Oktober letzten Jahres kehrt Sahra Wagenknecht der Linken den Rücken und kündigt eine eigene Partei an. Inzwischen hat das BSW beachtliche Wahlerfolge eingefahren. Das liegt an der Popularität der Namensgeberin – aber nicht nur daran.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Der Andrang ist groß an diesem Oktobertag vor genau einem Jahr. Der Saal der Bundespressekonferenz in Berlin: fast voll besetzt. Alle Blicke richten sich auf Sahra Wagenknecht. Nach langem Streit bricht die Abgeordnete mit ihrer bisherigen Partei, der Linken. Zugleich gibt sie die Gründung eines Vereins bekannt. Mit dem Ziel, dass daraus eine neue Partei entsteht: das Bündnis Sahra Wagenknecht.

"Wir leben in einer Zeit weltpolitischer Krisen", sagt die Bundestagsabgeordnete zur Begründung ihrer Pläne. Es gebe immer mehr Kriege – mit großem Eskalationspotenzial. "Und ausgerechnet in dieser Zeit hat die Bundesrepublik die wohl schlechteste Regierung ihrer Geschichte", kritisiert Wagenknecht.

Wagenknecht: BSW ist "seriöse Adresse" für Protestwähler

Die Neugründung als historische Mission: So hoch hängen auch die anderen auf dem Podium das BSW-Projekt. Allen voran Amira Mohamed Ali, wie Wagenknecht bis dato bei der Linken: "Wir wollen nicht tatenlos zusehen, dass immer mehr Menschen sich enttäuscht von der Demokratie abwenden." Und Wagenknecht ergänzt, das BSW solle auch eine "seriöse Adresse" für diejenigen sein, die sonst AfD wählen würden.

Nichtwähler binden und der AfD das Wasser abgraben: Damit sind schon bei diesem ersten Auftritt wichtige BSW-Ziele benannt. Wie das gelingen soll? Erstens mit einer linken Sozial- und Wirtschaftspolitik. Zweitens mit der Forderung nach mehr Diplomatie und einem Ende der Waffenlieferungen für die angegriffene Ukraine. Und drittens will die neue Partei ungeregelte Einwanderung stoppen. Eine Mischung aus linken und konservativen Positionen: Das ist neu im Parteiensystem der Bundesrepublik.

Parteienforscher: BSW schließt "inhaltliche Lücke"

"Grundsätzlich trifft das erstmal einen Nerv", stellt der Parteienforscher Constantin Wurthmann im Gespräch mit BR24 fest. Die Menschen in Deutschland seien im Schnitt eben wirtschafts- und sozialpolitisch "ein bisschen linker orientiert", aber in gesellschaftspolitischer Hinsicht "ein bisschen konservativer". Insofern schließe das BSW tatsächlich eine "inhaltliche Lücke", so der Wissenschaftler vom Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung.

Wagenknechts These von einer Repräsentationslücke: Sie scheint also nicht aus der Luft gegriffen. Und das spiegelt sich auch in den Wahlerfolgen, die das BSW inzwischen eingefahren hat. Bei der Europawahl im Juni schafft es die Wagenknecht-Partei aus dem Stand bundesweit auf mehr als sechs Prozent der Stimmen. In Bayern sind es 3,8 Prozent – ein Achtungserfolg in einem Bundesland, in dem Wagenknechts frühere Partei kaum eine Rolle spielt.

Kann das BSW der AfD wirklich das Wasser abgraben?

Im Herbst dann erzielt das BSW zweistellige Ergebnisse bei den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg. Zudem kommt der neuen Partei in allen drei Ländern eine Schlüsselrolle bei der Suche nach einer Regierungsmehrheit zu. Allerdings schneidet auch die AfD bei den zurückliegenden Landtagswahlen im Osten gut ab. Und Umfragen zeigen, dass das BSW eher frühere Wähler von Linken, SPD oder Union an sich bindet. Das spricht gegen die Annahme, die neue Partei sei eine "seriöse Adresse" für Protestwähler, die nach rechtsaußen abdriften könnten.

Für diese These spricht jedoch, dass etwa bei der Brandenburg-Wahl fast ein Drittel der BSW-Wähler angegeben haben, sie würden sich ohne BSW auf dem Wahlzettel zurzeit für die AfD entscheiden. Ob Wagenknecht ihr Ziel erreicht, der AfD im großen Stil Wähler abspenstig zu machen: Das ist einstweilen eine offene Frage.

Gründung eines bayerischen Landesverbands

Fest steht: Der Persönlichkeitsfaktor spielt für BSW-Wähler eine große Rolle. Bei der Europawahl sagen fast 80 Prozent von ihnen, ohne Wagenknecht würden sie die neue Partei nicht unterstützen. Dass die 55-Jährige auch bei manchen Wählern in Bayern ankommt, hat die Europawahl ebenfalls gezeigt. Daran will das BSW jetzt anknüpfen. Wie die Partei auf BR24-Anfrage bestätigt hat, soll Mitte November in Ingolstadt der bayerische Landesverband gegründet werden – mit knapp 100 Mitgliedern.

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