Er kommt mit weit in die Höhe gestreckten Armen auf das Podium in der vollbesetzten "Capital One Arena", in die wegen der Eiseskälte draußen die traditionelle "Presidential Parade" verlegt werden musste. Die Menge jubelt Elon Musk zu. Er pumpt beide Fäuste für wenige Sekunden rhythmisch zur Musik in die Luft, betritt dann das Rednerpult, das das Wappen des US-Präsidenten ziert und ruft euphorisch ein überlautes "Yeeees" aus: "So fühlt sich Sieg an."
Musk spricht ohne Teleprompter, hat kein Manuskript in der Hand, scheint seine knapp dreiminütige Rede aus dem Stand heraus zu halten. Es gebe Wahlen und Wahlen, sagt er unter dem Gelächter der Trump-Anhänger. Einige seien nicht wichtig, "aber diese Wahl zählt richtig". Und er wolle allen danken, die das möglich gemacht hätten. "Danke!" Dann legt er seine rechte Hand aufs Herz und streckt Sekunden später ruckartig seinen rechten Arm mit ausgestreckten Fingern über seine Schulter in die Höhe, dreht sich um zur anderen Seite der Arena und wiederholt die Armbewegung. "Ich bin im Herzen bei Ihnen", fügt er hinzu.
Heftige Reaktionen auf Musks Arm-Geste in den USA
Unmittelbar nach dem Kurzauftritt Musks vor den Trump-Anhängern entbrennt eine heftige, sehr kontroverse Debatte über die eigenartige Armbewegung des Tech-Milliardärs und Chefs von Tesla, X und SpaceX, der mit rund 250 Millionen Dollar den Wahlkampf von Donald Trump unterstützt hat.
"Ich hätte nie gedacht", postete der demokratische Kongressabgeordnete Jerry Nadler aus New York auf Musks Plattform X, "dass wir den Tag erleben würden, an dem hinter dem Siegel des Präsidenten ein scheinbarer Heil-Hitler-Gruß gezeigt wird." Diese abscheuliche Geste habe in "unserer Gesellschaft keinen Platz und gehört in die dunkelsten Kapitel der Menschheitsgeschichte".
Interpretationen: Kriegerisch, faschistisch
"Das war ein Nazi-Gruß und ein sehr kriegerischer dazu", lautet die Reaktion der amerikanischen Faschismus-Historikerin Ruth Ben-Ghiat von der New York University auf der Plattform "Bluesky". Auch in der israelischen Presse wird der Auftritt des reichsten Manns der Welt bewertet: Musk schien "nach der Amtseinführung Trumps bei der Trump-Parade in Washington in Hitlergruß gezeigt zu haben", hieß es auf der Online-Seite der "Jerusalem Post".
Der USA-Korrespondent der israelischen Tageszeitung "Ha'aretz" beschreibt die Musk-Geste mit den Worten, scheinbar habe Musk seine Rede mit "dem römischen Gruß" abgeschlossen, "einer faschistischen Geste, die meist mit Nazi-Deutschland in Verbindung gebracht wird".
Knobloch: "Natürlich höchst irritierend"
"Natürlich ist diese Geste höchst irritierend", betonte die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch. "Weit beunruhigender sind aber die politischen Positionen von Elon Musk, seine offensive Einmischung in den deutschen Bundestagswahlkampf und seine Unterstützung einer Partei, über deren demokratiefeindliche Ziele man sich keine Illusionen machen darf." Musk hatte eine Wahlempfehlung für die AfD abgegeben.
Auch der Publizist Michel Friedman kritisierte Musks Geste im Gespräch mit dem Berliner "Tagesspiegel". Als er die Amtseinführung verfolgt habe, habe er gedacht: "Schande! Die Tabubrüche erreichen einen für die gesamte freie Welt gefährlichen Punkt."
Elon Musks reagiert auf X
Die Reaktion Musks ließ nicht lange auf sich warten. Der Tech-Milliardär postete auf seiner Plattform X eine kurze Erklärung und wies die Kritik an seinem Auftritt zurück: "Offen gesagt, sie brauchen bessere schmutzige Tricks. Die 'Jeder ist Hitler'-Attacke ist sooo ermüdend."
Eine ungeschickte Geste?
Unterstützung erhielt Elon Musk von der "Anti-Defamation League" (ADL), die sich in den USA seit Jahrzehnten gegen Antisemitismus und Diskriminierung einsetzt. Es entstehe der Eindruck, "dass Elon Musk in einem Moment der Begeisterung eine ungeschickte Geste gemacht hat, keinen Nazi-Gruß", schrieb die ADL auf X. Man könne verstehen, "dass die Menschen nervös" seien. Amerika befände sich in einem "heiklen Moment" und die "sozialen Medien verstärken die Unruhe nur noch." Alle Seiten sollten "einander ein wenig Gnade gewähren" und einmal "Luft holen".
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