Es war kurz vor Mitternacht, als der Railjet von Salzburg nach Wien plötzlich abbremste und stoppte. Irgendwo vor St. Pölten, kein Bahnhof in Sicht. Ein "Betriebshalt", außerplanmäßig, hieß es erst. Dann, nach und nach, die Durchsagen: Emil ist auf der Strecke. Emil, der Elch. Also: Umleitung für die Bahn. Nach einer knappen Viertelstunde ging’s weiter.
Elch Emil legt Westbahn lahm
Emil, der junge Elch, hatte sich auf die Gleise rund um den Hauptbahnhof der niederösterreichischen Landeshauptstadt St. Pölten verirrt. Damit ihm nichts passiert – und den Passagieren in den Railjet-Schnellzügen auch nicht – wurde die Strecke vorsichtshalber gesperrt, am Abend, bis etwa ein Uhr nachts. Am Samstag.
Die "Westbahn" war unterbrochen, das heißt: nicht irgendeine Strecke, sondern die meistbefahrene der ÖBB, der Österreichischen Bahnen. Das Gemaule über den verspäteten Zug aber hielt sich in Grenzen.
Emil, der Jung-Elch, ist inzwischen ein Star in Österreich. Nicht aus der Kategorie "Tiere unserer Heimat", aber genau deswegen. Immer bessere Fotos kursieren im Netz, Emil schaut irritiert auf ein Polizeiauto, Emil schwimmt in der Donau, Emil frisst zentnerweise Äpfel, Emil steht in einem Vorort vor dem Gemeindebau, zwei Polizisten schauen ihm dabei zu. Zuletzt: Emil steht im Wald, reckt sein noch kleines Jungelch-Geweih durch die Büsche. Aufgenommen wohl kurz bevor er Richtung Bahnhof trabte. Im Hintergrund sieht man die Böschung der Schnellbahnstrecke, die Oberleitung.
Ganz Niederösterreich fiebert mit
Mindestens halb Österreich, aber vor allem fast ganz Niederösterreich, verfolgt seinen Weg durch die Provinz, die, weil ziemlich zersiedelt, nicht ganz seinem natürlichen Habitat entspricht. Seine Facebook-Seite "Emil der Elch" (externer Link) hat inzwischen bereits mehr als 10.000 Gruppenmitglieder.
Sie sorgen sich um ihn. Tierschützer, jetzt selbsternannte Elch-Expertinnen und -Experten warnen davor, Emil zu nahe zu kommen. Vorsichtshalber. So ein Elch ist doch noch was anderes als eine einheimische Kuh.
Zoologisch gesehen ist der Elch ein "Fluchttier". Abstand halten, wird deshalb geraten, damit der Elch nicht in Panik gerät. Nicht ansprechen. Nicht auf Niederösterreichisch jedenfalls, Emil, heißt es, kommt wahrscheinlich aus Polen oder Tschechien.
Inzwischen fährt die Bahn wieder pünktlich, wie von der ÖBB und der österreichischen Westbahn gewohnt.
Sonntagfrüh, lässt die Polizei wissen, ist der Elch von St. Pölten aus Richtung Norden getrabt. Seitdem gebe es keinen Kontakt mehr. Bis zur nächsten Sichtung.
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