Palästinenser verlassen nach der israelischen Evakuierungsaufforderung Chan Junis
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"Beispielloser Angriff" auf Chan Junis: Endlos-Elend in Gaza

"Beispielloser Angriff" auf Chan Junis: Endlos-Elend in Gaza

Premier Netanjahu hat die Einnahme des gesamten Gazastreifens durch die israelische Armee angekündigt. Nach Rafah, der bereits "geräumten" Großstadt im Süden, fordert die Armee Einwohner der Großstadt Chan Junis auf, "sofort" das Gebiet zu verlassen.

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Vollständige Einnahme des gesamten Gazastreifens bei Gewährung "minimaler" Hilfe für die Bevölkerung: Dies kündigte Premierminister Netanjahu am Montagvormittag in einer kurzen Videobotschaft an. Die israelische Armee sei in "intensive, massive Kämpfe im Gazastreifen verwickelt". Wie israelische Militärkorrespondenten übereinstimmend berichten, wurden fünf Brigaden zusammengezogen, rund 10.000 Soldaten. Netanjahu sagte, dass "wir die Kontrolle über den gesamten Gazastreifen übernehmen".

Hilfslieferungen sollen "Bilder des Verhungerns" vermeiden

Israels Regierung hatte gestern Abend beschlossen, nach über zweieinhalbmonatiger Blockade von Hilfslieferungen sowie grundlegender humanitärer Güter die Lieferungen in den Gazastreifen in einem geringen Umfang wieder aufnehmen zu wollen. Der Premierminister begründete dies mit dem Druck der westlichen Verbündeten Israels.

US-Senatoren, von denen er wisse, dass sie Israel stets unterstützten und "unsere besten Freunde in der Welt" seien, hätten ihm - Netanjahu – gesagt: "Wir können keine Bilder des Verhungerns, des Massenverhungerns akzeptieren." Das sei etwas, was sie nicht aushalten könnten: "Wir werden Euch nicht unterstützen können." Die Bilder von verhungernden Menschen in Gaza würden Israel entscheidende außenpolitische Unterstützung entziehen.

Nach Rafah – jetzt Chan Junis

Sofort müssten alle Einwohner, die sich in der zweitgrößten Stadt des Gazastreifens aufhalten, Chan Junis in Richtung Meer nach Al Mawasi verlassen, kündigte Armee-Sprecher Avichay Adraee in arabischer Sprache an. Auf dem in Sanddünen gelegenen Flecken harren bereits seit vielen Monaten Zehntausende Flüchtlinge in eng aneinander gereihten provisorischen Zelten aus. Ferner wurde angekündigt, dass die Streitkräfte "einen beispiellosen Angriff starten" würden, um die Kapazitäten der Hamas "in diesem Gebiet zu beseitigen".

Die Karte, auf der die Armee seit Kriegsbeginn vor 19 Monaten stets die sogenannten "Evakuierungszonen" markiert, zeigt im Fall von Chan Junis nahezu das gesamte Stadtgebiet rot schraffiert. Die direkt an Chan Junis angrenzte Großstadt Rafah, ganz im Süden des Küstenstreifens, in der vormals 300.000 Menschen lebten und in der sich zwischenzeitlich bis zu eine Million Menschen aufhielten, ist nach Recherchen der "New York Times" weitgehend zerstört. Nach dem Ende der Waffenruhe und dem Scheitern der Geisel-Verhandlungen im März habe die israelische Armee "weite Teile Rafahs zerstört", berichtete die US-Zeitung am 15. Mai nach Auswertung von Satellitenbildern.

Die Aufnahmen würden zeigen, "dass das israelische Militär in den letzten zwei Monaten große Gebiete in und um die Stadt Rafah eingeebnet und neue militärische Infrastruktur errichtet hat". Dies sei Teil der Bemühungen, "die operative Kontrolle" zu sichern und "Konter-Terrorismus-Operationen" durchzuführen, wie die Armee der "New York Times" auf Anfrage mitteilte. Bereits am 5. Mai hatte Militärsprecher Effie Defrin in einer Pressekonferenz erklärt: "Wir werden das in Rafah umgesetzte Modell auch in anderen Gebieten des Streifens anwenden."

Smotrich kündigt Auslöschung des Gazastreifens an

Auf einer Pressekonferenz am Montag sagte der rechtsextreme Koalitionspartner von Premier Netanjahu, Finanzminister Bezelel Smotrich, der "Ansatz" des neuen Angriffs sei völlig anders als in der Vergangenheit: "Jetzt erobern wir, säubern und bleiben." Bis die Hamas zerstört sei. Auf dem Weg zu diesem Ziel werde auch das, was vom Gazastreifen übriggeblieben sei, "ausgelöscht, einfach weil dort alles zu einer großen Terrorstadt geworden ist".

Die Armee werde die palästinensische Bevölkerung "aus den Kampfgebieten umsiedeln". Dabei werde "nichts unversucht" gelassen. Die Palästinenser würden dann schließlich den Süden des Gazastreifens "erreichen – und von dort aus, mit Gottes Hilfe, in Drittländer nach dem Plan von Präsident Trump umziehen". Das sei das Wesentliche, sagte Smotrich.

Der ehemalige US-Präsident Joe Biden hatte stets zwei rote Linien gegenüber der Regierung Netanjahu gezogen: Es dürfe nicht zur gewaltsamen Vertreibung der Palästinenser aus dem Gazastreifen kommen. Und zweitens müsse die Zivilbevölkerung von rund 2,3 Millionen Menschen, von denen knapp die Hälfte unter 18 Jahren alt ist, mit den notwendigen humanitären Hilfsgütern versorgt werden.

Im Video: Israel will Hilfslieferungen zulassen

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