dpatopbilder - 16.09.2025, Palästinensische Gebiete, Gaza: Vertriebene Palästinenser tragen ihre Habseligkeiten, während sie aus dem nördlichen Gazastreifen entlang der Küstenstraße in Richtung Süden fliehen, nachdem Israel eine erweiterte Operation in Gaza-Stadt angekündigt hat. Foto: Abdel Kareem Hana/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
dpatopbilder - 16.09.2025, Palästinensische Gebiete, Gaza: Vertriebene Palästinenser tragen ihre Habseligkeiten, während sie aus dem nördlichen Gazastreifen entlang der Küstenstraße in Richtung Süden fliehen, nachdem Israel eine erweiterte Operation in Gaza-Stadt angekündigt hat. Foto: Abdel Kareem Hana/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Nahostkonflikt - Gaza
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"Gaza brennt" – Israels Armee drängt Hunderttausende zur Flucht

"Gaza brennt" – Israels Armee drängt Hunderttausende zur Flucht

Israels Verteidigungsminister Katz postet am frühen Morgen: "Gaza brennt". Mit "eiserner Faust" gehe die Armee gegen "die Terror-Infrastruktur" vor. Hunderttausende Menschen sollten Gaza-Stadt sofort verlassen, mit "Fahrzeugen oder zu Fuß".

Über dieses Thema berichtet: Bayern-2-Nachrichten am .

Mit zwei Divisionen rücke die Armee tief in Gaza-Stadt vor, berichtet der israelische Radiosender KAN am Vormittag. Eine dritte Division werde in den kommenden Tagen hinzustoßen. Dabei gelte für die Streitkräfte die Maßgabe, dass die Sicherheit der Soldaten Vorrang habe vor dem Tempo bei der Erreichung der Einsatzziele. Am 8. August hatte Premierminister Benjamin Netanjahu den Streitkräften nach einer Sitzung des Sicherheitskabinetts befohlen, Gaza-Stadt einzunehmen. Dort sei die letzte Bastion der Hamas.

"Trotz des überwältigenden Widerstands seitens des Verteidigungsapparats" unter Generalstabschef Eyal Zamir, so analysiert heute der Militärkorrespondent der Tageszeitung "Ha’aretz", Amos Harel, sei Netanjahu entschlossen, "die Operation fortzusetzen und in Kürze weitere Teile des Gazastreifens zu besetzen". Der Premierminister und seine "rechtsgerichtete messianische Koalition" könnten Israel in eine "weitere diplomatische und sicherheitspolitische Katastrophe stürzen, aus der es diesmal schwer herauskommen wird", schreibt Harel.

Bereits in den letzten Wochen hatte die israelische Armee die östlichen Stadtgebiete unter Beschuss genommen, sowie zahlreiche Hochhäuser im Stadtzentrum. Die Hochhäuser seien von der Hamas genutzt worden, um die Bewegungen der israelischen Truppen zu beobachten, hieß es in einer Erklärung der Armee, für die sie keine weiteren Belege präsentierte. Die Menschen, die sich in den Hochhäusern aufgehalten hätten, seien vorgewarnt worden.

"Gaza erlebt größte Massenflucht"

Seit Beginn der israelischen Angriffe auf Gaza-Stadt im vergangenen Monat erlebe Gaza "die größte Massenflucht", wie der Gaza-Korrespondent der BBC am Vormittag berichtet. Tausende von Familien versuchten unter Bombardements in den Süden zu fliehen. Als einzige Fluchtroute habe die israelische Armee die Küstenstraße al-Rashid festgelegt. Endlose Schlangen von überladenen Autos und Lastwagen sorgten für lange Verzögerungen, "wobei viele Familien am Straßenrand festsitzen, während über ihnen die Luftangriffe weitergehen". In der Nacht hätten Kampfflugzeuge eine Welle schwerer Luftangriffe durchgeführt, zugleich seien Angriffe mit Artillerie, Drohnen und Hubschraubern erfolgt.

Gaza-Stadtbewohner berichten: Flucht kompliziert und teuer

Mit ihren fünf Kindern sei sie in den Süden geflohen, nachdem israelische Kampfflugzeuge sogenannte "Evakuierungsflyer" über ihrem Viertel abgeworfen hätten, wie die BBC die 38-jährige Nivin Imad al-Din zitiert. Ihr Mann habe sich geweigert, ihr Zuhause zu verlassen. "Ich konnte meine Möbel nicht mitnehmen, weil ich mir die Kosten für einen großen Lkw nicht leisten konnte."

Anwohner berichteten, dass die Kosten für die gewaltsame Vertreibung so hoch seien, dass sich dies nur wenige leisten könnten. So würde für einen kleinen Transporter umgerechnet rund 750 Euro verlangt. Für ein Zelt für fünf Personen müssten über 1.000 Euro bezahlt werden.

"Wir brauchten zehn Stunden, um Khan Younis zu erreichen und zahlten knapp 900 Euro für die Fahrt", sagt die 32-jährige Lina al-Maghrebi der BBC. Dafür und für ein Zelt für ihre Kinder hätten sie ihren Familienschmuck verkaufen müssen. Zunächst habe sie sich mit ihren drei Kindern trotz der Gefahr geweigert, ihr Zuhause im Stadtteil Sheikh Radwan zu verlassen. Dann habe sie einen Anruf eines israelischen Offiziers erhalten, der ihr befohlen hätte, "sofort zu evakuieren". Auf dem Weg in den Süden "schien die Schlange aus Autos und Lastwagen endlos zu sein".

Ex-Armeechef: Zehn Prozent der Bevölkerung getötet oder verletzt

Der ehemalige israelische Generalstabschef Herzi Halevi, der bis März dieses Jahres den Streitkräften als ranghöchster Offizier vorstand, habe in der vergangenen Woche eingeräumt, dass die Zahlen der Toten und Verletzen auf palästinensischer Seite im Wesentlichen an Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums entsprechen. In einer Rede im Dorf Ein HaBesor im Süden Israels habe Halevi vor einer Woche gesagt: "In Gaza leben 2,2 Millionen Menschen. Mehr als zehn Prozent davon, also mehr als 200.000 Menschen, wurden getötet oder verletzt. Dies ist kein sanfter Krieg." Audiomitschnitte dieser Rede fanden erst am vergangenen Wochenende ihren Weg in die israelischen Medien, unter anderem veröffentlicht von der Online-Plattform "Ynet" der israelischen Tageszeitung "Yedioth Achronoth". Der US-Nachrichtensender CNN berichtete später, die Audiomitschnitte der Rede des ehemaligen Generalstabschefs verifiziert zu haben.

Das palästinensische Gesundheitsministerium, dessen Zahlen von israelischen Regierungsvertretern oftmals infrage gestellt worden sind, spricht derzeit von knapp 65.000 Toten und mehr als 164.000 Verletzten seit Beginn des Krieges, ausgelöst durch den Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023.

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