EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Brüssel (Bild vom 4.3.2025)
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EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Brüssel (Bild vom 4.3.2025)

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Handelsstreit: So könnte die EU Trumps Zollbeschlüsse kontern

Handelsstreit: So könnte die EU Trumps Zollbeschlüsse kontern

20 Prozent auf alles: Die neuen US-Zölle stellen viele Unternehmen in Deutschland vor Probleme. Die EU will verhandeln – und den USA zeigen, dass auch sie "Daumenschrauben" im Regal hat. Zugleich nimmt die Suche nach neuen Absatzmärkten Fahrt auf.

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Immerhin eine gute Nachricht hält die Welt der Wirtschaft für Europa am Donnerstagmorgen bereit: Der Euro hat weiter zugelegt - anders als die meisten Börsenkurse weltweit und der Bitcoin. Der Kurs für die Gemeinschaftswährung stieg in der Nacht auf Donnerstag bis auf knapp 1,0925 Dollar.

Ansonsten ist die Stimmung nach der Zoll-Ankündigung von US-Präsident Donald Trump auch in Europa angespannt. Noch in der Nacht meldete sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu Wort, die sich gerade im usbekischen Samarkand aufhält. "Wir sollten uns über die immensen Folgen im Klaren sein. Die Weltwirtschaft wird massiv leiden", erklärte sie und verwies auf höhere Kosten für die Bürger bei Lebensmitteln, Medikamenten und im Transportwesen, sowie auf Probleme für Unternehmen. Noch sei es "nicht zu spät, die Bedenken durch Verhandlungen auszuräumen."

Erste Gegenmaßnahmen ab Mitte April

Bei einer freundlichen Einladung zum Gespräch will es die EU aber nicht belassen. "Wir sind bereits dabei, das erste Paket von Gegenmaßnahmen als Reaktion auf die Stahlzölle fertigzustellen", so von der Leyen.

Details zu den Plänen nannte sie nicht. Bekannt ist, dass die EU Gegenzölle für US-Waren in Höhe von bis zu 26 Milliarden Euro plant, die sich gegen die Mitte März in Kraft getretenen US-Zölle auf Stahl und Aluminium richten.

Frankreich kündigt "zwei Wellen" europäischer Zölle an

Die französische Regierung wird deutlicher. "Wir sind bereit in diesem Handelskrieg", formulierte Regierungssprecherin Sophie Primas am Donnerstagmorgen und kündigte "zwei Wellen von Gegenmaßnahmen" in Zusammenarbeit mit der Europäischen Union an. Die erste Antwort könnte die EU Mitte April geben. Sie deckt sich mit den oben genannten Gegenzöllen, die unter dem Motto "Bikes und Bourbon" stehen könnten: Sie sollen nadelstichartig US-Industriezweige treffen sollen, die in Bundesstaaten mit mehrheitlicher Trump-Wählerschaft produziert werden - Bourbon aus Kentucky und Tennessee oder Harley-Davidson-Motorräder, die in Wisconsin und Pennsylvania hergestellt werden.

Die zweite Antwort könnte Ende April folgen, wird Primas zufolge eine breitere Palette von Produkten betreffen - und auch Dienstleistungen berücksichtigen. Ähnlich äußerte sich am Vormittag Bernd Lange (SPD), der Vorsitzende des EU-Handelsausschusses.

Die Elefanten im Raum: Amazon, X und Co.

Die EU würde den USA damit erstmals eine umfangreiche Gegenrechnung aufmachen. Während Trump nämlich zu Recht darauf verweist, dass die EU wesentlich mehr Industriegüter in die USA exportiert als sie US-Waren importiert, und dabei teilweise höhere Zölle erhebt, klammert er die Themen Dienstleistungen und Unternehmenssteuern wohlweislich aus. Bei den "Services" nämlich dominieren US-Konzerne ziemlich einseitig den europäischen Markt - etwa die Handelsplattform Amazon, IT-Unternehmen wie Microsoft und Medienplattformen von Meta (Facebook, Whatsapp) und X bis Netflix.

Anders als auf US-Whiskey lässt sich auf Clouds und IT-Infrastruktur freilich nicht so einfach verzichten - weshalb auch die EU das Thema bisher ausgeklammert hat.

Im Video: Hat die EU eine Chance gegen Trump? Possoch klärt!

Zwei Boxhandschuhe treffen sich in der Mitte, der linke mit der EU-Flagge, der rechte mit der Flagge der USA, im Hintergrund Euroscheine und Dollarscheine
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Erklärt Trump der EU den Handlungskrieg?

Die Suche nach neuen Absatzmärkten

EU-Ratspräsident Antonio Costa kündigte unterdessen einen Ausbau des EU-Handelsnetzes an. "Jetzt ist es an der Zeit, die Abkommen mit Mercosur und Mexiko zu ratifizieren und die Verhandlungen mit Indien und anderen wichtigen Partnern entschlossen voranzutreiben", schrieb Costa in einem Beitrag auf X.

Mercosur: eine Alternative zum US-Markt?

Insbesondere das Wirtschaftsbündnis Mercosur, zu dem Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay und Bolivien gehören, wäre ein Absatzmarkt mit 720 Millionen Menschen - mehr als doppelt so viele wie die USA Einwohner hat, obgleich weniger kaufkräftig.

Ein Handelsabkommen mit der EU ist fertig ausgehandelt, aber noch nicht beschlossen. Französische Bedenken wären aktuell wohl auszuräumen; dafür hat zuletzt der mit Elon Musk befreundete argentinische Präsident und "Anarchokapitalist" Javier Milei Zweifel an seiner Unterschrift geweckt.

Ceta: bereit zum Wachküssen?

Eine bedeutendere Rolle als bisher könnte künftig auch das europäisch-kanadische Freihandelsabkommen CETA spielen. Es ist seit 2017 vorläufig in Kraft - wenn auch noch nicht endgültig ratifiziert. Kanada ist für die EU unter anderem als Energielieferant und Absatzmarkt etwa für europäische Autos und Maschinen interessant. Bisher war der Ahornstaat wegen umfangreicher Einfuhr-Bürokratie für deutsche Autohersteller nur mäßig bedeutsam; das könnte sich im Zuge der Trumpschen Zollwirren nun ändern.

Mit Material von dpa und Reuters

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