Zum Verhandlungsauftakt hat Inger Andersen, Direktorin des UN-Umweltprogramms UNEP, den Delegationen aus fast 180 Ländern einen klaren Auftrag mitgegeben: "Die Welt möchte, dass Sie Erfolg haben!" Die Menschen seien zu Recht besorgt über das Plastik in ihrer Umwelt.
In den kommenden zehn Tagen soll in Genf erreicht werden, was bislang nicht gelang: Die Einigung auf ein globales Abkommen mit dem Ziel, die weltweite Plastikverschmutzung wirksam zu bekämpfen. Mehr als 160 Staaten sind bei den Verhandlungen bis zum 14. August dabei.
Plastikmüll: Es wird immer mehr
Allein im vergangenen Jahr wurden laut dem UN-Umweltprogramm UNEP rund 500 Millionen Tonnen Plastik produziert. Ohne verbindliche Regeln, so warnt UNEP, werden sich die Plastikmüllmassen bis 2060 verdreifachen.
Rückstände finden sich fast überall
Plastikmüll und Chemikalien aus Kunststoffen finden sich überall auf der Welt – in den Tiefen der Meere, auf den Gletschern im Hochgebirge und in unseren Körpern (siehe unten). Die Folgen für unsere Gesundheit, das Klima und die Artenvielfalt auf unserem Planeten sind unabsehbar.
Zur Klimakonferenz COP27 in Ägypten errichteten Aktivisten 2022 die nach ihrer Angabe größte Plastikmüllpyramide der Welt.
Wer in Genf Tempo macht und wer blockiert
Mehr als hundert Länder von Antigua bis Vanuatu – darunter auch Deutschland – wollen mit dem Abkommen unter anderem die Produktion von neuem Plastik begrenzen. China, das Land mit der größten Plastikproduktion, hat national schon Produktionsbeschränkungen geplant.
Widerstand kommt von Erdöl-Staaten wie Saudi-Arabien oder Russland, aber auch Iran und den USA. Die US-Regierung unter Donald Trump schafft derzeit Regulierungen aller Art gerade ab. Die Blockierer wehren sich gegen verbindliche Auflagen und wollen den Fokus allein auf Plastikmüllentsorgung und Recycling legen.
Die Rolle der EU
Die EU gilt in vielerlei Hinsicht als Vorreiter, etwa mit dem Verbot von Einweg-Plastik wie Strohhalmen und Plastikbesteck. Dass weltweit so strikte Standards erreicht werden, gilt als unrealistisch. Dennoch ist das Abkommen auch für Menschen in Europa wichtig. "Wir nutzen viele Kunststoffprodukte, die nicht in der EU hergestellt werden – und deren Hersteller sich im Zweifelsfall auch nicht an EU-Regularien halten. Außerdem ist Deutschland auch der größte Plastikmüllexporteur Europas, das heißt, unser Müll ist weltweit für das Müllproblem mitverantwortlich", sagt Moritz Jäger-Roschko von der Umweltorganisation Greenpeace.
Studie: So groß ist die Plastikmenge in unseren Köpfen
Zudem ist die Verringerung von Plastikmüll nicht nur eine moralische Frage, wie Jäger-Roschko betont: "Mikroplastik verbreitet sich über die Ozeane und die Luft in aller Welt." Winzige, teils krebserregende Plastikpartikel gelangen sogar schon im Mutterleib in ungeborene Babys.
Für weltweites Aufsehen sorgte eine Studie, die Anfang des Jahres in der Fachzeitschrift "Nature Medicine" erschien und zu dem Schluss gelangte, dass es eine zunehmende "Tendenz der Konzentration von Mikroplastik im Gehirn" wie auch in der Leber gebe. Die US-Forscher haben in den Körpern von Toten deutlich mehr Nano- und Mikroplastik gefunden als noch 2016. Der Leiter der Studie, Matthew Campen von der University of New Mexico, erläuterte, die in Gehirnen gefundene Menge an Plastikpartikeln entspreche der Größe eines Plastik-Kaffeelöffels.
Im Dezember 2024 waren Bemühungen um ein internationales Abkommen zur Plastikreduktion gescheitert. Die aktuelle Verhandlungsrunde in Genf gilt als letzte Chance für das UN-Plastikabkommen.
Mit Informationen von dpa
Im Video: Verhandlungen über UN-Plastik-Abkommen
Im schweizerischen Genf haben erneute Verhandlungen über ein UN-Abkommen gegen Plastikmüll begonnen.
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