"Feuer im Hornissen-Nest", "Schlag im Herzen von Doha", "Keine Immunität": Die Schlagzeilen der israelischen Tageszeitungen am Tag nach dem Luftangriff auf das Hamas-Verhandlungsteam in der katarischen Hauptstadt spiegeln die israelische Binnensicht auf den folgenschweren Schlag wider.
Zehn Bomben auf die Spitze der Hamas
Vor einigen Wochen hätten die praktischen Vorbereitungen "für die Operation zur Ausschaltung der Hamas-Führung" begonnen, berichtet das Massenblatt "Ma’ariv". In den letzten zwei Jahren sei viel Kritik daran geäußert worden, dass "die Führung der Hamas in verschiedenen Hauptstädten des Nahen Ostens ungehindert agieren konnte". Die Entscheidung, den Angriff auf katarischem Boden durchzuführen, habe Premierminister Benjamin Netanjahu getroffen.
Zehn israelische Kampfflugzeuge seien nach Doha entsandt worden, mit dem Ziel, "den Flügel des Gebäudes zu treffen, in dem sich alle Spitzenvertreter der Hamas versammelt hatten, ohne dabei Kollateralschäden zu verursachen". Die Flugzeuge hätten "im Abstand von wenigen Sekunden" zehn Bomben abgeworfen. Niemand, der sich am Ort des Angriffs befunden habe, "hatte eine Chance, den Angriff zu überleben". Die Kampfflugzeuge seien bereits "auf dem Rückweg nach Israel gewesen, bevor die schwarzen Rauchwolken den Himmel über Doha bedeckten", heißt es bei "Ma’ariv".
Die USA waren wohl nur vage informiert
Noch am vergangenen Wochenende hatte US-Präsident Trump bekräftigt, er wolle seine Bemühungen intensivieren, einen abschließenden "Deal" zur Freilassung aller israelischen Geiseln und zur Beendigung des Krieges zustande zu bringen. Die Hamas habe seinen – Trumps – Plan zu akzeptieren, schrieb der US-Präsident am Sonntag auf seiner Plattform "Truth Social" und fügte hinzu: "Das ist meine letzte Warnung, es wird keine weitere geben."
Am Montag noch sprach Trumps Sonderbeauftragter Steve Witkoff in Miami mit Ron Dermer, dem engsten Vertrauten des israelischen Premierministers. Ob es eine Warnung der israelischen Regierung an das Weiße Haus gegeben habe, dass der seit Wochen vorbereitete Luftangriff auf das Verhandlungsteam der Hamas in Doha unmittelbar bevorstehe, sei "fraglich", wie die "Washington Post" analysiert. Es habe allenfalls vage Hinweise an das US-Militär gegeben, aber insgesamt seien sie "zu wenig und zu spät" gewesen.
Trump sieht sich brüskiert
Der außenpolitische Gesichtsverlust, den Trump durch den israelischen Angriff auf das Verhandlungsteam der Hamas erlitten hat, ist beträchtlich. Die hastigen und teilweise widersprüchlichen Reaktionen des Präsidenten deuten darauf, dass dies Trump sehr wohl bewusst sein dürfte. Er habe noch seinem Gesandten Witkoff aufgetragen, Katar zu informieren, aber das sei "leider zu spät erfolgt, um den Angriff zu stoppen", räumte der US-Präsident ein.
Trump betrachtet Katar, das die größte US-Luftwaffenbasis in der Region beherbergt, als "engen Verbündeten der Vereinigten Staaten". Die Vermittlerrolle des Emirates lobte Trump gestern Abend nochmals ausdrücklich. Katar "arbeite sehr intensiv mit uns daran, Frieden zu stiften" und nehme dafür "mutig Risiken in Kauf".
Ist der Angriff das Todesurteil für die Geiseln?
Der gestrige Angriff in Katars Hauptstadt zähle "zu den gefährlichsten, unnötigsten und schädlichsten Militäroperationen, die Israel jemals durchgeführt" habe, bilanziert die Tageszeitung "Ha’aretz" am Mittwoch in ihrem Leitartikel. Die Regierung Netanjahu habe bestätigt, was schon lange vermutet worden sei: "Sie will keinen Waffenstillstand in Gaza, der auch die Rückkehr der von der Hamas festgehaltenen Geiseln sichern würde." Deren Schicksal interessiere die Regierung nicht. Das "einzige Ziel des Angriffs" sei "die Fortsetzung des Krieges und, wenn möglich, dessen Ausweitung auf neue Fronten".
Während laufender Verhandlungen das Verhandlungsteam zu töten, zeige, dass die Netanjahu-Regierung "kein Interesse an Verhandlungen" habe. Es gebe keinen Grund, das Schicksal der Hamas-Offiziellen in Katar zu beklagen, "aber deren Eliminierung wird Israel weder militärisch noch politisch einen Vorteil bringen". Stattdessen, so die zutreffende Analyse des "Ha’aretz" Kommentars, "kommt dies einem Todesurteil für die Geiseln gleich".
Video: Kritik an israelischem Angriff auf Hamas-Führer in Doha
Zerstörungen in Katars Hauptstadt Doha
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