Archivbild: Israels Premierminister Netanjahu zu Besuch bei US-Präsident Trump
Bildrechte: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Uncredited
Bildbeitrag

Archivbild: Israels Premierminister Netanjahu zu Besuch bei US-Präsident Trump

Bildbeitrag
>

Israel und Gaza – Trump wartet nicht mehr auf Netanjahu

Israel und Gaza – Trump wartet nicht mehr auf Netanjahu

Trump nimmt auf Israels Premier keine große Rücksicht mehr: Die Freilassung von Edan Alexander fädelte der US-Präsident an Netanjahu vorbei ein. Das Aushungern Gazas geht ihm gegen den Strich, die Hinhaltetaktik Netanjahus ist er leid. Eine Analyse.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Das Echo in der israelischen Presse ist einen Tag nach der Freilassung des Soldaten Edan Alexander, der auch die US-Staatsbürgerschaft besitzt, einhellig: Das sei einzig und allein dem US-Präsidenten zu verdanken. Donald Trump ließ hinter dem Rücken des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahu mit der Hamas verhandeln, um den Soldaten freizubekommen. Israels Oppositionspolitiker, wie etwa Ex-Verteidigungsminister Avigdor Liberman, stellen fest, dass die Rückkehr Alexanders "nicht auf Druck der israelischen Regierung oder auf eine von ihr getroffene Entscheidung zurückzuführen ist, sondern auf direkte Gespräche zwischen den Vereinigten Staaten und der Hamas."

Der Chef der Partei "Die Demokraten", Ex-General Yair Golan, wird noch deutlicher. Wenn Soldaten im Rahmen eines "amerikanischen Deals aus dem Gazastreifen zurückgebracht werden", und die israelische Regierung dabei nicht beteiligt sei, "ist das ein diplomatisches, sicherheitspolitisches und nationales Versagen und vor allem ein unverzeihlicher Akt der Vernachlässigung". Recht entsetzt heißt es in einem Kommentar der Tageszeitung "Yedioth Ahronoth": Es sei kaum zu glauben, dass ein US-Präsident die Freilassung eines amerikanischen Staatsbürgers, "aber auch eines Soldaten", beschlossen habe, "ohne die israelische Regierung einzubeziehen oder auch nur zu informieren".

Trump verliert die Geduld mit Netanjahu

Der US-Präsident hat am Vormittag seine dreitägige Visite der Golfanrainerstaaten in Saudi-Arabien begonnen. Er setzt nach eigenen Worten auf den Abschluss milliardenschwerer Verträge mit den finanzstarken Herrscherfamilien und hat ein erhebliches Interesse daran, dass Israels Gaza-Krieg so rasch wie möglich beendet wird. Trump strebe "einen Mega-Deal" an, zu dem die "Normalisierung der Beziehungen zu Saudi-Arabien" gehöre, analysiert das Leib- und Magenblatt Netanjahus zutreffend, die Tageszeitung "Israel Hayom". Deshalb werde "Druck ausgeübt, um einen Plan zur Beendigung des Krieges und zum Abschluss einer regionalen Vereinbarung auszuarbeiten, die Israel wieder zu einer positiven Position in der Region verhilft".

Benjamin Netanjahu sieht sich mit der Tatsache konfrontiert, dass Trump zunehmend die Geduld mit dem Premierminister Israels verliert. So wurde Netanjahu vor der Entscheidung Trumps komplett überrascht, direkte Gespräche mit der iranischen Führung aufzunehmen, um auf diplomatischen Wegen das iranische Nuklearprogramm wirksam einzudämmen. Auch gegenüber den Huthi-Milizen, die vom Iran unterstützt werden, erklärte der US-Präsident nach einer mehrwöchigen Bombardierung von Zielen im Jemen: Er habe einen Waffenstillstand vereinbart und hob dabei die Bereitschaft der Huthi-Milizen hervor, im Gegenzug den Beschuss von Handelsschiffen im Roten Meer sowie von Zielen in Israel einzustellen.

"Genau wie im Fall des Waffenstillstands mit den Huthis und der Verhandlungen mit dem Iran geschehen Dinge, von denen Jerusalem entweder erst im Nachhinein oder durch seine Geheimdienstquellen erfährt und nicht aus den engen Beziehungen zu Washington", sorgt sich "Yedioth Ahronoth". Die Spannungen seien spürbar. Die Trump-Regierung reagiere "zunehmend allergisch auf das Verhalten Netanjahus" und seines Vertrauten Ron Dermers.

Hunger in Gaza – Washington drängt auf Waffenstillstand

Die Trump-Regierung drängt Netanjahu, einen neuen Mechanismus für die Wiederaufnahme der Hilfslieferungen in den Gazastreifen umzusetzen und einem neuen Waffenstillstand zuzustimmen. Israelische Offizielle, so berichtet die Nachrichtenagentur Reuters, hätten Trumps Entscheidung, Israel während seiner Nahost-Reise auszulassen, "tapfer ertragen". Aber in Washington wachse "die Frustration über das Scheitern des Gaza-Krieges".

Seit dem 2. März blockiert die israelische Regierung jegliche Lieferung von Lebensmitteln, Medikamenten, Treibstoff und anderen Hilfsgütern. Nach Angaben des jüngsten Berichts der datengestützten Bewertung von Hungernöten und Nahrungsmittelnotfällen, die von der "Integrated Food Security Phase Classification" stammt (einem gemeinsamen Projekt der Vereinten Nationen, Hilfsorganisationen und Regierungen), "befinden sich 470.000 Menschen im Gazastreifen in der Klassifizierungsstufe 'Phase 5 – Katastrophe'", wie der langjährige Nahost-Experte der BBC, Jeremy Bowen, berichtet. Die gesamte Bevölkerung, von denen fast die Hälfte Kinder sind, sei von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen. Im Klartext heißt das, dass sie durch die israelische Blockade ausgehungert werden."

Trumps Sonderbeauftragter Steve Witkoff drängte Netanjahu, die indirekten Verhandlungen mit der Hamas in Doha wiederaufzunehmen. Die israelische Delegation ist daraufhin heute abgereist und wird mindestens bis Donnerstag, also für die Dauer des Trump-Besuchs in den Golfstaaten, dort bleiben. Witkoff habe dem israelischen Premierminister mitgeteilt, so heißt es in der Tageszeitung "Yedioth Ahronoth", "dass die USA nicht die Absicht haben, Netanjahu vom Haken zu lassen, und dass sie an der Beendigung des Krieges festhalten".

Im Video: Humanitäre Krise in Gaza spitzt sich zu

Im Video: Humanitäre Krise in Gaza spitzt sich zu
Bildrechte: Bayerischer Rundfunk 2025
Videobeitrag

Im Video: Humanitäre Krise in Gaza spitzt sich zu

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!