Gegen Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) gibt es neue Vorwürfe wegen Maskengeschäften aus seiner Zeit als Bundesgesundheitsminister während der Corona-Pandemie. Laut einem Bericht des "Spiegel" (externer Link, möglicherweise Bezahlinhalt) fehlen unter anderem bei einem von Spahn im April 2020 persönlich freigegebenen Auftrag an die Schweizer Firma Emix-Trading Hinweise auf eine Bedarfsprüfung. Dies gelte auch für weitere Bestellungen.
Die Rolle von Andrea Tandler
Das Magazin beruft sich auf eine ihm vorliegende Passage im Bericht der Masken-Sonderermittlerin Margaretha Sudhof. Die Passage sei in der von der aktuellen Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) dem Parlament übermittelten Version des Berichts geschwärzt worden. Es gibt viel Kritik an den in dem Bericht vorgenommenen Schwärzungen, die laut "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR augenscheinlich vor allem dem Schutz Spahns dienen.
Laut "Spiegel" hatte Spahn mit Vertrag vom 23./24. April 2020 insgesamt 100 Millionen Masken für 5,40 Euro pro Stück bei Emix-Trading bestellt, obwohl der CDU-Politiker zuvor andere Einkäufe für 4,50 Euro pro Stück wegen eines Überangebots abgebrochen habe. Vertreten worden sei die Firma damals von Andrea Tandler, der Tochter des ehemaligen CSU-Politikers Gerold Tandler.
So weitreichend sollen Schwärzungen gewesen sein
Insgesamt heißt es laut "Spiegel" in dem Sudhof-Bericht zu den Maskengeschäften: "Zu keiner der Emix-Beschaffungen finden sich Ausführungen/Erwägungen/Abwägungen, die den Bedarf betreffen." Das Bestellvolumen bei Emix sei laut Bericht allerdings im Mai 2020, wenige Wochen nach der letzten Bestellung, von 967 Millionen Euro auf knapp 750 Millionen Euro reduziert worden.
Als Grund für die Schwärzungen hatte das Gesundheitsministerium angegeben, es sollten Persönlichkeitsrechte sowie Dienst- und Firmengeheimnisse geschützt und Prozessrisiken für den Bund gemindert werden. Tatsächlich seien jedoch fast durchgängig auch Belegstellen unkenntlich gemacht worden, die zeigen würden, wie sehr Spahn in Beschaffungsentscheidungen eingebunden war, hieß es in der "SZ".
"SZ": Bericht beeinflusst Klagestrategie
Zudem zeigt das ungeschwärzte Original nach Informationen der SZ (externer Link, möglicherweise Bezahlinhalt), dass der Sudhof-Bericht den Bund womöglich vor der Zahlung einer Milliardensumme bewahren könnte. Denn kurz nachdem der Bericht dem Bundesgesundheitsministerium im Januar 2025 vorgelegt wurde, änderte das Ministerium der "SZ" zufolge seine Strategie in den zahlreichen Verfahren, die es derzeit gegen Maskenhändler führt, die wegen nicht abgenommener Ware klagen.
Laut der Zeitung führte die neue Linie im Mai 2025 erstmals zu einem Urteil des Oberlandesgerichts Köln zugunsten des Bundes: "Demnach muss der Bund einem Händler, der auf zwölf Millionen Euro Schadenersatz klagte, nur 258.000 Euro zahlen. Sollte sich dieses Urteil in den weiteren anhängigen Verfahren durchsetzen, könnte Sudhof dem Bund den Weg zu einer Milliardenersparnis bereitet haben."
Offensichtlich wurden "auch ganz gezielt Stellen geschwärzt, wo gezeigt wird, dass Jens Spahn direkt beteiligt war in Entscheidungen und informiert war", zitierte die "SZ" Aurel Eschmann von der Organisation Lobbycontrol. Eschmann sagte demnach weiter, dies sei "keine legitime Schwärzung", sondern "ich würde das als Schutz des Ex-Ministers werten".
Grünen-Politiker Dahmen wirft Spahn Täuschung vor
Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen warf Spahn unter Berufung auf den ungeschwärzten Bericht vor, hinsichtlich der Maskenvorwürfe "systematisch gelogen" zu haben. So habe der Ex-Minister und heutige Fraktionschef wiederholt gesagt, dass er keine Hinweise gehabt habe, die seine damaligen Entscheidungen infrage gestellt hätten.
Der ungeschwärzte Bericht belege jedoch, dass Spahn "über alle Details in Akten, Notizen und persönlichen Gesprächen von leitenden Beamten des Ministeriums unterrichtet und informiert war", so Dahmen. Ziel der Schwärzungen sei offensichtlich, politische Verantwortung zu verschleiern.
Mit Informationen von AFP
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!