Bauer melkt Kühe im Melkstand
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Milchbauern leiden unter starken Preisschwankungen beim Milchpreis.

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Molkereiverband gegen staatliche Eingriffe für Milchverträge

Molkereiverband gegen staatliche Eingriffe für Milchverträge

Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir will gesetzliche Vorschriften für Milchlieferverträge zwischen Bauern und Molkereien machen. Landwirte sollen mehr Sicherheit bekommen. Molkereien lehnen Eingriffe entschieden ab. Ergänzt durch "Dein Argument".

Über dieses Thema berichtet: Der Funkstreifzug am .

Es geht um den Entwurf des Bundeslandwirtschaftsministeriums zur Einführung des sogenannten Artikels 148 der Gemeinsamen Marktorganisation. Er sieht vor, dass schon vor – nicht erst nach – der Milchlieferung in einem schriftlichen Vertrag festgehalten sein soll, über welchen Zeitraum, wie viel und vor allem zu welchem Preis die Milch abgeholt wird.

Molkereiverband fürchtet Nachteile für alle Beteiligten

Bei vielen Molkereien erfahren die Bauern den Preis erst im Nachhinein, rund sechs Wochen nachdem die Milch abgeholt wurde. Der Verband der bayerischen privaten Milchwirtschaft (VBPM) äußert angesichts Özdemirs Plänen völliges Unverständnis und fordert, der Referentenentwurf müsse zurückgenommen werden.

Aus Sicht des Molkereiverbandes, der 35 Privatmolkereien vertritt, hätte diese Gesetzesänderung keine positiven Auswirkungen – auch nicht für die Milchbauern. Es brauche keine staatlichen Eingriffe, da die Molkereien schon auf freiwilliger Basis den Landwirten entgegenkommen, erklärt Susanne Glasmann, Geschäftsführerin des VBPM. So würden bereits einige Molkereien quartalsweise Verhandlungen mit den Vertretern der Milcherzeugergemeinschaften führen und immer im Drei-Monats-Rhythmus einen festen Milchpreis festlegen.

Durch dieses Modell hätten die Landwirte sowohl Preissicherheit als auch Flexibilität: Zumindest für ein Quartal hätten sie eine Preissicherheit, könnten aber andererseits trotzdem noch aktiv auf den schwankenden Weltmarktpreis reagieren. So könnte bei einer Verhandlung zwischen Molkerei und Milcherzeuger-Vertretern beispielsweise nach einem Quartal der Milchpreis bei einem Preishoch nach oben korrigiert werden.

Einen festen Milchpreis für einen längeren Zeitraum – etwa über sechs oder zwölf Monate – festzulegen, berge für die Landwirte die Gefahr, dass sie nicht von etwaigen hohen Weltmarktpreisen profitieren könnten. Jegliche staatliche Einmischung störe dieses Gleichgewicht und gefährde den Erfolg für beide Seiten, so der VBPM.

Milchpreis ist starken Schwankungen unterworfen

In den vergangenen Jahren schwankte der Milchpreis um plus/minus 20 Cent pro Liter. Die weltweite Milchmenge hänge von verschiedenen Produktionsfaktoren ab, erklärt Susanne Glasmann. Herrscht etwa in bestimmten Ländern Trockenheit, wird dort weniger Milch produziert. Die Folge: Der Weltmarkt-Preis steigt. Ist der Preis hingegen gut, wollen die Landwirte ihre Milchproduktion steigern – bringen etwa weniger Milchkühe zum Schlachten oder füttern mehr Kraftfutter.

Ein Teufelskreis: Der Milchmarkt wird geflutet und die Preise sinken wieder. Ein ständiges Auf und Ab. Wenige Hochs müssen die Preisabstürze ausgleichen.

Neue Verträge könnten zu Milchmengenreduzierung führen

Für Landwirte in Deutschland gibt es keine Begrenzung, wie viel Milch sie produzieren dürfen. Sie haben die Garantie, dass ihre gesamte Milchmenge von der Molkerei abgeholt wird. Das sei einerseits ein Vorteil, da die Bauern nicht auf ihrer Rohmilch sitzen bleiben, andererseits auch ein Nachteil. Zeitweise kann so der Markt geschwemmt werden, was zu einem Preissturz führt, erklärt Milchbauer und BDM-Kreisvorsitzender Josef Bissinger aus dem Landkreis Donau-Ries.

Durch die neuen Verträge könnte es sein, dass die Milchmenge leicht begrenzt wird. Zumindest ist das die Hoffnung der Befürworter des Artikel 148, wie dem Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM). Da nämlich in den Verträgen feste Preise und Mengen stehen müssten, ist die Erwartung des BDM, dass sicherheitshalber niedrigere Mengen angesetzt werden – jedoch auch ein eher niedriger Preis. Preishochs könnten dann nicht mehr von den Milchbauern mitgenommen werden, jedoch wären sie anderseits auch vor Preisabstürzen geschützt, argumentiert Milchbauer Bissinger.

Deutschland sollte gute Stellung im Milchmarkt nicht aufgeben

Doch so eine Mengenbegrenzung könnte bedeuten, dass Molkereien aus anderen Ländern die Chance ergreifen und die Lücken, die dann entstehen, sehr schnell ausfüllen würden, befürchtet Susanne Glasmann vom VBPM. Molkereien aus Deutschland hätten dann keine Chance mehr, weiterhin so erfolgreich am Milchmarkt tätig zu sein.

Deutschland produziert mehr Milch, als es selbst verbraucht. Die Milchwirtschaft verdient viel Geld mit dem Export von Milch beziehungsweise Milchprodukten. Doch die, die für diese gute Position die Basis bilden, nämlich die Milchbauern, sind trotz ihrer wichtigen Bedeutung nach wie vor in einer zu schwachen Ausgangsposition, kritisiert der BDM. Milchbauern müssen die Preise akzeptieren, die die Molkerei vorgibt – auch wenn diese nicht kostendeckend sind. Die Landwirte können dann nötige Stallumbauten oder -reparaturen nicht leisten und würden vor allem selbst kaum etwas verdienen, kritisiert Josef Bissinger.

Wenn der Milchpreis nicht die Kosten deckt

💬 BR24-User "Schusslera"hat in den Kommentaren zu diesem Artikel gefragt, wie der Landwirt überlebt, wenn er regelmäßig weniger Geld verdient, als er bräuchte, um die Kosten zu decken. Das Team von "Dein Argument"  hat ergänzt:

Der Biobauer Bissinger bekommt laut eigenen Angaben derzeit 55 Cent pro Liter Milch (Stand 27.03.24). Um kostendeckend arbeiten zu können, bräuchte er eigenen Angaben zufolge rund 70 Cent pro Liter. Auch die Bioverbände Bio- und Naturland haben rund 70 Cent pro Kilogramm Bio-Rohmilch als Orientierungspreis berechnet.

Um den Betrieb halten und die gestiegenen Kosten für Strom oder Diesel stemmen zu können, werde am eigenen Lohn und an dem der drei mitarbeitenden Familienarbeitskräfte gespart, erklärt Biobauer Bissinger. Generell verdienen Landwirte unterdurchschnittlich. Der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) ist Mitte Januar der Frage nachgegangen, was vom Unternehmensgewinn bestritten werden muss und wie viel für die Bauernfamilie übrigbleibt - allerdings mit den Zahlen hessischer Bauern. Demnach bleibt einer Familienarbeitskraft im Durchschnitt ein monatliches Nettoeinkommen von 1.892 Euro, "das keineswegs eine großzügige Lebensführung ermöglicht", so der LLH. 💬

Artikel 148 allein ist nicht die Lösung des Problems

Den Befürwortern von Özdemirs jüngsten Plänen ist bewusst, dass die "Milchverträge" nicht die alleinige Lösung ihrer Probleme sind. Sie können nur ein Baustein zu einer besseren Marktstellung und stabileren Milchpreisen sein, sagt Bio-Landwirt Josef Bissinger: "Wichtig ist ja, dass wir auf eine andere Basis kommen. Dass wir eine Marktstärkung erfahren durch den Artikel 148."

Der Gesetzentwurf zum Artikel 148 befindet sich derzeit in der Ressortabstimmung. Dann werden die Verbände gehört. Ob und in welcher Fassung der Artikel vom Bundestag verabschiedet wird, ist offen – auch ob die Milchbauern am Ende eine stärkere Stellung auf dem Milchmarkt haben werden.

Mehr zum Thema im BR24 Funkstreifzug am Mittwoch (17.04.24) um 12:17 Uhr in BR24 Radio und als Funkstreifzug-Podcast in der ARD-Audiothek.

Dieser Artikel ist erstmals am 17. April 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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