Ein Fünf-Punkte-Plan für konkretes Handeln in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Das ist der Titel und das Ziel einer Online-Petition gegen Judenhass, die heute gestartet ist. Über 181 Erstunterzeichner sind dabei, darunter Parteien, Fußballvereine und Prominente.
Antisemitische Straftaten nehmen stark zu
"Wir leben in Angst", sagt Guy Katz im Interview mit dem BR. Er ist Professor für International Management an der Hochschule München und hat in der Landeshauptstadt die Aktion "Run for Their Lives" mit initiiert. Deutschlandweit wurden zuletzt mehr antisemitischen Taten verübt, besonders nach dem 7. Oktober 2023. Der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (RIAS) zählte im vergangenen Jahr 8.627 Vorfälle. Das entspricht einem Anstieg um fast 77 Prozent im Vergleich zu 2023.
Diesen Antisemitismus will Katz zurückdrängen. "Wir schaffen es nicht alleine, wir brauchen die Unterstützung der Gesellschaft", sagt Katz. Darum hat er eine Petition mit einem Fünf-Punkte-Plan mit Forderungen an Politik und Gesellschaft erarbeitet.
Das soll konkret passieren
Auf einer Pressekonferenz am Donnerstag präsentierten Guy Katz und weitere Unterstützer den Plan. Dieser sieht unter anderem vor, den Volksverhetzungsparagraf anzupassen. So solle der Aufruf zur Vernichtung eines Staates, insbesondere Israel, strafbar werden. Auch Boykottaufrufe sollten unterbunden werden. Auch in der Bildung gebe es Nachholbedarf. So solle es bundesweit – wie in Bayern schon umgesetzt – an jeder Hochschule einen Antisemitismus-Beauftragten geben.
Den Unterpunkt Kultur stellte Schauspielerin Uschi Glas vor. "Ich bin entsetzt", sagte Glas über die aus ihrer Sicht mangelnde Solidarität aus der Kulturszene. Der Plan sieht vor, dass öffentliche Gelder nicht an antisemitische Kulturprojekte fließen sollen. Die weiteren Punkte betreffen die Sichtbarkeit von jüdischem Leben und ein besseres Monitoring von Antisemitismus.
"Auch ein Erfolg dieses Projektes ist keine Garantie, dass unsere Probleme gelöst werden. Aber das Potential dieser Initiative ist riesig", sagte die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern und Schirmherrin des Plans, Charlotte Knobloch. Ihr falle es sehr schwer, öffentlich über diese Themen zu sprechen, so Knobloch, "weil ich habe sie schon einmal erlebt".
Initiator: "Wenn wir 100.000 nicht erreichen, können wir wegziehen."
"Ich glaube nicht, dass die meisten Deutschen Antisemiten sind" so Initiator Guy Katz. "Ich glaube aber schon, dass die meisten Deutschen sehr still sind. Und das erinnert ein bisschen an Verhältnisse der dreißiger Jahre." Darum hofft Katz auf breite Unterstützung für seinen Fünf-Punkte-Plan, der als Petition gestartet ist.
Erreicht eine Petition in Deutschland 30.000 Unterschriften, wird der Initiator oder die Initiatoren der Petition in einer öffentlichen Ausschusssitzung des Bundestags angehört. Katz will nicht nur diese Hürde nehmen, sondern auch ein Signal aus der Gesellschaft: "Wenn wir nicht 100.000 erreichen, dann können wir Juden wegziehen."
Prominente unterzeichnen Fünf-Punkte-Plan
Beim Werben um Erstunterzeichner sei oft Stille die Reaktion gewesen. Katz zeigte sich dennoch froh, dass schon zum Start der Petition 202 Organisationen, Vereine und Prominente die Petition unterschrieben haben. Unter den Erstunterzeichnern sind auch die bayerischen Landtagsfraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, CSU, Freien Wählern und SPD.
Die Schirmherrschaft haben neben Charlotte Knobloch auch Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, sowie Kulturstaatsminister Wolfram Weimer inne.
Im Video: Fünf-Punkte-Plan gegen Antisemitismus
Im Kampf gegen Judenhass hat eine Initiative aus Wissenschaft, Politik und Kultur heute Gegenmaßnahmen vorgelegt.
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