"Herr, unser Herr, wie gewaltig ist dein Name auf der ganzen Erde": Das war ein historischer Moment am Montagabend im Vatikan als König Charles und Papst Leo XIV. gemeinsam im Altarraum der Sixtinischen Kapelle saßen, unter dem monumentalen Fresko von Michelangelos "Jüngstem Gericht" – und die Verse aus dem 8. Psalm aus ihren aufgeschlagenen Gebetsbüchern beteten. Unterstützt wurden sie vom Laienchor der St. George’s Chapel im Schloss Windsor und dem Chor der Sixtinischen Kapelle.
Erstes Treffen der Kirchenoberhäupter nach 500 Jahren
Das Gemeinsame Gebet der beiden Kirchenoberhäupter sei eine bedeutende ökumenische Geste, betont der Abtprimas Jeremias Schröder von der Benediktinerabtei Sankt Anselmo in Rom: "Seit der Reformation, bei der sich ja England unter König Heinrich VIII. von der katholischen Kirche trennte, hat es das nicht mehr gegeben, dass man gemeinsam betet, das Oberhaupt der katholischen Kirche und das Oberhaupt der anglikanischen Kirche."
Das Lob Gottes und die Bewahrung der Schöpfung waren die Themen der teils auf Englisch, teils auf Latein gehaltenen Andacht. König Charles setzt sich seit Jahrzehnten für den Umweltschutz ein, und auch Papst Leo knüpft an die Tradition seines Vorgängers an, der vor zehn Jahren mit seiner Enzyklika Laudato Si zu einer "ökologischen Umkehr" aufgerufen hatte. Beide hatten sich zuvor auch schon im Apostolischen Palast über das Thema ausgetauscht.
König Charles wird in Benediktinerabtei aufgenommen
Am Nachmittag dann ein weiteres symbolträchtiges Event in der römischen Basilika Sankt Paul vor den Mauern. Ein ökumenischer Gottesdienst, zwar ohne Papst Leo XIV., aber gemeinsam mit den Benediktinern der zur Basilika gehörenden Abtei. König Charles wird als eine Art Ehrenmitglied in den Orden aufgenommen, bekommt von den Mönchen, die sich selbst untereinander Brüder nennen, den Titel "königlicher Mitbruder" verliehen – und als Zeichen für die Aufnahme einen Stuhl überreicht. Er ist mit rotem Samt bezogen und trägt in der Lehne das königliche Wappen.
"Für uns ist das nicht nur einfach ein Stuhl, sondern ein Teil des Chorgestühls, es ist der Ort, wo Mönche fünfmal am Tag zusammenkommen, um gemeinsam zu beten, wo Gemeinschaft für uns am sichtbarsten wird. Und dieser Stuhl bedeutet jetzt: Der König hat für uns einen festen Platz, der darf hier immer kommen und dabei sein", erklärt Jeremias Schröder.
Offizieller Staatsbesuch wurde verschoben
Es war das erste Mal, das der König von England an einem Gottesdienst in der Sankt-Pauls-Basilika in Rom teilnahm – auch hier gibt es eine historische Verbindung: Papst Gregor der Große sandte im 6. Jahrhundert den Benediktiner Augustinus von Canterbury, nach England, um die Angelsachsen zu missionieren. Damit legte er den Grundstein für die spätere anglikanische Kirche.
Charles und Camilla waren mit einer großen Delegation angereist, darunter Stephen Cottrell, Erzbischof von York. Das britische Königspaar hatte den Vatikan zuletzt im April besucht und Leos Vorgänger Franziskus im Rahmen einer Privataudienz getroffen – weil es dem Papst damals gesundheitlich nicht gut ging, wurde der offizielle Staatsbesuch verschoben.
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