Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) stammt aus dem Sauerland, genauer gesagt aus Niedereimer, einem Stadtteil von Arnsberg. In Arnsberg hat der SPD-Bürgermeister im ersten Anlauf gewonnen, Ralf Paul Bittner erhielt deutlich über 50 Prozent der Stimmen. Sein aussichtsreichster Gegenkandidat, Peter Blume (CDU), war stark von Merz unterstützt worden. Geholfen hat es nicht. Friedrich Merz jedenfalls verlor weder am Wahlabend noch am folgenden Morgen ein Wort zum Wahlausgang.
- Zum Kommentar auf tagesschau.de: Kommunalwahl in NRW – Nichts ist gut gegangen
Merz schweigt, Wüst schwelgt
Statt Merz, immerhin CDU-Vorsitzender, redeten andere. Hendrik Wüst zum Beispiel, Vorsitzender der NRW-CDU und Ministerpräsident. Wüst lobte sich und das Ergebnis, das acht Prozentpunkte über den aktuellen Umfragezahlen der CDU für ganz Deutschland liegt. Zwar ist es kein berauschendes Ergebnis, das musste Wüst einräumen, aber es ist eben auch viel besser als für die CDU im Bund – und hat seine Chancen, Merz als Kanzlerkandidat der Union nachzufolgen, nicht kleiner gemacht.
Während Merz also schwieg, freute sich Carsten Linnemann, Merz-Vertrauter und CDU-Generalsekretär, stellvertretend für seinen Parteivorsitzenden: "Wir sind die Kommunalpartei Nummer eins". Für die Bundespartei bedeutet das jedenfalls: Es ist noch Luft nach oben. Merz und die Union haben einen heißen "Herbst der Sozialreformen" angekündigt, jetzt, heißt es aus der Union, müsse Merz auch liefern. Eine erste Gelegenheit hat er am Mittwoch, wenn er eine Regierungserklärung zum Haushalt abgibt. Spätestens dann wird er zum Wahlausgang in Nordrhein-Westfalen etwas sagen, seine Schlüsse aus diesem Ergebnis ziehen.
Fazit der Kommunalwahl: Schwarz, Rot und Grün haben allesamt ein Minuszeichen vorne dran.
SPD wiegelt ab
Historisch schlecht war das Ergebnis der SPD in NRW, wenn auch nicht so schlecht wie befürchtet. "Das große Desaster ist ausgeblieben". So wertet es Co-Chefin Bärbel Bas, die in Duisburg aufgewachsen ist. Aber auch Bas weiß, die SPD muss aus der Abwärtsspirale heraus, der "Herbst der Reformen" dürfte daher auch den Sozialdemokratinnen einiges abverlangen.
Stellt sich doch die Frage, wie das Profil der SPD geschärft werden soll, damit sie in den kommenden Wahlen für potenzielle Wähler und Wählerinnen wieder interessant wird. Wird die SPD also nun weniger kompromissbereiter und ernsthafter, wie es der parteilose Kulturstaatsminister Wolfram Weimer im Fall einer heftigen Wahlschlappe der SPD prognostiziert hatte?
SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf sieht keine direkten Auswirkungen auf die Binnenstatik der schwarz-roten Koalition, die vielen Milliarden Euro Sondervermögen müssten jetzt allerdings "sofort in den Kommunen ankommen", ohne große Bürokratie. Ronja Endres, Chefin der SPD in Bayern, wo im kommenden März Kommunalwahlen anstehen, zieht ähnliche Schlüsse aus dem NRW-Ergebnis für ihre Partei. Sicherheit von Arbeitsplätzen und wirtschaftliche Stabilität seien die zentralen Themen: "Wie beim Rohrwerk in der Oberpfalz müssen wir um jeden einzelnen Arbeitsplatz kämpfen", sagt Endres zu BR24. Schon jetzt würde die Bayern-SPD in rund 200 Städten und Gemeinden erfolgreich regieren.
Ein Problem für Merz: die AfD
Mit dem Erstarken der AfD, die ihr Ergebnis im Vergleich zu vor fünf Jahren fast verdreifacht hat, rückt ein Thema wieder in den Vordergrund, das vor allem der CDU unangenehm ist: Wie umgehen mit der AfD im Kommunalen, wie umgehen mit der AfD im Bund. "Natürlich gilt die sogenannte Brandmauer", präzisierte der nordrhein-westfälische Bundestagsabgeordnete und Generalsekretär der NRW-CDU, Paul Ziemiak. Er verwies auf den Unvereinbarkeitsbeschluss seiner Partei, der jegliche Zusammenarbeit mit der AfD untersagt.
Die AfD jedenfalls hat bereits lautstark eine solche Zusammenarbeit gefordert. AfD-Co-Chef Tino Chrupalla sieht seine Partei nun auch im Westen angekommen, selbst wenn es der AfD nicht gelang, absolute Mehrheiten in Rathäusern oder Kreisen zu erzielen. Die Entscheidungen über drei große Städte, Gelsenkirchen, Duisburg und Hagen, fallen erst in der Stichwahl am 28. September. Dann weiß man auch, ob die AfD zum ersten Mal in einer westdeutschen Großstadt einen Oberbürgermeister stellen kann.
Das Bundesland mit den meisten Bürgern hat gestern seine Landkreise und Rathäuser neu gewählt - in Nordrhein-Westfalen.
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