Rückkehr in Ruinen: Palästinensische Häftlinge kommen heim
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Rückkehr in Ruinen: Palästinensische Häftlinge kommen heim
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Palästinensische Häftlinge: Wen ließ Israel frei?

Palästinensische Häftlinge: Wen ließ Israel frei?

Knapp 2.000 palästinensische Häftlinge sind im Zuge des Gaza-Abkommens von US-Präsident Trump aus israelischen Gefängnissen freigekommen. Viele von ihnen kehrten nach Gaza in ihre zerstörte Heimat zurück. Wen ließ Israel frei?

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Unter der Aufsicht des Internationalen Roten Kreuzes wurden am Montag 1.968 palästinensische Häftlinge an zwei Sammelstellen freigelassen: Vor dem Nasser Krankenhaus in Khan Younis im Süden des Gazastreifens und am Checkpoint Beitunia bei Ramallah im besetzten Westjordanland. Die allermeisten von ihnen, 1.718 Palästinenser, sind Einwohner des Gazastreifens und kehrten in ihre zerstörte Heimat zurück.

Häftlinge als "illegale Kämpfer" eingestuft

Sie waren während des Kriegs, ausgelöst durch den Terrorüberfall der Hamas auf Israel, ohne Anklage von der israelischen Armee als "illegale Kämpfer" eingestuft worden und in Israel inhaftiert worden. Weitere 250 Freigelassene zählen zu den sogenannten "Langzeitgefangenen", die wegen der Beteiligung an Terroranschlägen von israelischen Gerichten zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden waren. 154 von ihnen wurden nach Angaben der israelischen Tageszeitung "Haaretz" über den Grenzübergang Kerem Shalom nach Ägypten ins Exil abgeschoben.

Auch Attentäter unter den Freigelassenen

83 der 250 Langzeitgefangenen waren zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt worden. Darunter befand sich etwa Mohammad Al-Khatib, der 20 Jahren im Gefängnis für den Mord von drei Israelis verbracht hatte und am Montag zu seinen Familienangehörigen in Bethlehem zurückkehren konnte. Auch der 48-jährige Rashid Omar, der im Juli 2005 verhaftet und von einem israelischen Gericht wegen Mordes und anderer Verbrechen zu lebenslanger Haft verurteilt worden war, gehörte zu den Freigelassenen. 159 der 250 Langzeitgefangenen gehören der säkularen Fatah-Bewegung an. Sie waren wegen Terroranschläge in den 80er und 90er Jahren verurteilt worden.

Keine Freilassung von "prominenten" Häftlingen

Unter den Freigelassenen befinden sich keine führenden Hamas-Kommandeure, wie etwa Ibrahim Hamed. Er war 2006 in Ramallah festgenommen und zu 54-facher lebenslanger Haft worden war. Hamed gehörte zu den führenden Hamas-Kommandeuren im besetzten Westjordanland. Er war von Israel für die Planung von Selbstmordattentaten verurteilt worden, bei denen Dutzende israelischer Staatsbürger getötet worden waren.

Ebenfalls nicht freigelassen wurde der wohl prominenteste palästinensische Häftling, Marwan al-Barghouti von der Fatah-Bewegung. Er wird als möglicher Nachfolger des 89-jährigen Palästinenser-Präsidenten Mahmud Abbas angesehen. Barghouti zählte zu den Anführern der ersten und zweiten Intifada Ende der 80er und Anfang der 2000er Jahre. Er wurde 2002 festgenommen und 2004 zu fünf lebenslangen Haftstrafen verurteilt.

Hamas fordert Freilassung von Palästinenserführer Barghouti

Die Hamas hatte nach Angaben der israelischen Tageszeitung "Haaretz" in den indirekten Verhandlungen mit Israel über eine Waffenruhe und einen Geisel-Deal die Freilassung Barghoutis verlangt. Er sei die einigende Figur im palästinensischen Lager und eine Führungsgestalt für die Nachkriegszeit in Gaza. Der frühere Chef des israelischen Inlandsgeheimdienstes Shin Bet, Ami Ayalon, hatte im vergangenen Jahr gegenüber "Haaretz" erklärt: Israel "muss Marwan Barghouti freilassen". Er sei der einzige palästinensische Anführer, "der gewählt werden kann und eine geeinte und legitime palästinensische Führung auf einen Weg der einvernehmlichen Trennung von Israel führen kann".

Rückkehr in die Ruinenlandschaft Gazas

In Khan Younis im Süden des Gazastreifens waren am Montag an Bord von 36 Bussen unter Koordinierung des Internationalen Roten Kreuzes die 1.718 Häftlinge von ihren Angehörigen und Freunden jubelnd begrüßt worden. Die Emotionen schwankten zwischen großer Freude über das Wiedersehen und Trauer über das Erlebte.

So schildert es die 23-jährige Rozan Naif Adwa der "New York Times". Sie wartete auf ihren Verlobten Mohammed Khalil, der vor elf Monaten an einem israelischen Checkpoint im Norden des Gazastreifens festgenommen worden war. Ursprünglich habe das Paar am 7. Oktober 2023 seine Hochzeitseinladungen verschicken wollen und seitdem die Zerstörung ihrer Heimat mit ansehen müssen. Ihr Verlobter werde sein Zuhause und sein Leben "von Grund auf neu aufbauen."

Hamas verschärft ihren Griff in Gaza

Die Hoffnung, dass die Einwohner des Gazastreifens ihre Zukunft ohne die brutale Hamas-Herrschaft gestalten können, erscheint derzeit gering. Seit dem gestrigen Montag verschärfen Hamas-Bewaffnete ihren Griff im Gazastreifen, zumindest in der Hälfte des Gebietes, das nicht unter Kontrolle der israelischen Armee steht. Wie die Nachrichtenagentur Reuters meldet, berichten Anwohner, dass zunehmend Hamas-Bewaffnete zu sehen seien. Sie hätten sich entlang der Transportrouten aufgestellt, die für die Hilfslieferungen notwendig seien.

Über 30 Menschen seien öffentlich von der Hamas exekutiert worden, die beschuldigt worden wären, mit der israelischen Armee kollaboriert zu haben. Reuters habe ein Video verifizieren können, das am Montagabend verbreitet worden sei. Zu sehen seien Hamas-Bewaffnete, wie sie sieben Männer in einen Kreis von Menschen in Gaza-Stadt gezerrt hätten. Sie hätten die Männer auf die Knie gezwungen und von hinten erschossen. Eine Quelle der Hamas habe die Echtheit des Videos bestätigt.

Trump gibt Hamas grünes Licht

US-Präsident Trump hatte der Hamas vor seiner Ankunft in Israel am Montag mit Blick auf das Machtvakuum im Gazastreifen und die mangelnde öffentliche Ordnung eine Art grünes Licht erteilt: "Sie wollen die Probleme beheben, haben dies offen kommuniziert und wir haben ihnen für einen bestimmten Zeitraum unsere Zustimmung gegeben."

Im Video: Die aktuelle Lage in Nahost

Ankunft von Hilfsgütern
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