"Das ist ein Dammbruch!", sagt der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Bayern, Bernhard Stiedl. Mit einer gesichert rechtsextremen Partei zu reden, das hat es laut Stiedl in der Wirtschaft noch nie gegeben. Von einer Brandmauer halte man offensichtlich nichts im Verband der Familienunternehmer, "und das verurteilen wir", so der Gewerkschaftsführer.
Auslöser der Debatte war ein parlamentarischer Abend des Verbands im Oktober in Räumlichkeiten der Deutschen Bank in Berlin, zu dem erstmals auch AfD-Vertreter eingeladen waren. Die Präsidentin des Verbandes, Marie-Christine Ostermann, sagte dem "Handelsblatt" [externer Link; möglicherweise Bezahl-Inhalt], das "Kontaktverbot" zu AfD-Bundestagsabgeordneten sei aufgehoben worden.
Fritz-Kola, Rossmann und Vorwerk kündigen Mitgliedschaft
In der Folge kündigten die Drogeriekette Rossmann, der Getränkehersteller Fritz-Kola und der Hausgerätehersteller Vorwerk ihre Mitgliedschaften im Verband. Das Bauunternehmen Goldbeck stellt seine Mitgliedschaft auf den Prüfstand, und die Deutsche Bank kündigte gegenüber dem Verband einen Vertrag für eine künftige Veranstaltung in ihren Räumlichkeiten. Kritik kommt auch aus der bayerischen Wirtschaft. "Als Wirtschaftsverband setzen wir uns mit niemandem an den Tisch, der rechte Parolen propagiert und vom Verfassungsschutz beobachtet wird", sagt Bertram Brossardt von der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft. Der Rosenheimer Unternehmer Andreas Bensegger sieht bei der AfD keine wirtschaftspolitischen Anknüpfungspunkte: "Die AfD scheint gegen vieles zu sein, aber ich sehe keine Lösungen bei der AfD". Auch bei den Themen Europa und Migration gebe es keine Schnittstellen, und so müsse man mit der AfD auch nicht reden, sagt Bensegger.
dm lehnt pauschale Verdammung der AfD ab
Auch die Drogeriemarktkette dm teilte mit, nicht länger Mitglied im Verband zu sein. "Wir haben unseren Austritt bereits vor vielen Monaten erklärt und sind daher nicht mehr Teil der internen Meinungsbildung", sagte dm-Chef Christoph Werner der "Süddeutschen Zeitung". Ob der Austritt indes mit der politischen Haltung des Verbands zusammenhängt, blieb offen. Werner jedenfalls lehnt eine pauschale Verdammung der AfD ab.
Er sprach sich "für eine inhaltlich sachliche und tiefgründige Auseinandersetzung" aus. "dm lehnt eine polarisierende Brandmauer-Debatte ebenso entschieden ab wie Positionen der Partei AfD, welche die freiheitlich-demokratische Grundordnung infrage stellen", betonte Werner. Er wolle explizit zwischen der Partei selbst und ihren demokratiefeindlichen Positionen differenzieren.
Europa-Park-Gründer für offenen Austausch
Europa-Park-Gründer Roland Mack wirbt für einen offenen Austausch mit der AfD. Dass man mit Menschen spreche, die immerhin einen hohen Anteil an Wählerstimmen ausmachten, halte er für notwendig und richtig, sagte der 76-Jährige dem "Südkurier". Dem Austausch von Argumenten sollte man offen gegenüberstehen. "Ich habe ein Problem, wenn man mit gewissen Menschen in unserer Gesellschaft nicht sprechen soll", betonte Mack. Das müsse längst nicht heißen, dass man zu einer gemeinsamen Meinung finde und zu gemeinsamen Entscheidungen komme. Man könne kontrovers diskutieren, so der Unternehmer.
Verband verteidigt seinen Kurs
Der Verband "Die Familienunternehmer" verteidigt derweil seinen neuen AfD-Kurs. Bereits im Frühjahr sei im Verband beschlossen worden, "dass wir mit einzelnen AfD-Fachpolitikern ins Gespräch kommen", so Präsidentin Ostermann. Auf ihrer Verbandsseite schreibt sie: "Empörung allein hat sich als politische Strategie erschöpft. Die Hoffnung, man könne ein Viertel der bundesdeutschen Wähler durch moralische Ausgrenzung zur Umkehr bewegen, ist nicht aufgegangen. Jetzt hilft nur noch die Auseinandersetzung mit den Inhalten der AfD, jenseits von schlichten Kategorisierungen in 'gut' und 'böse'."
"Die Familienunternehmer" haben 6.500 Mitglieder
Der Verband "Die Familienunternehmer" wurde 1949 gegründet und hat heute nach Eigendarstellung ca. 6.500 Mitglieder. Um Mitglied zu werden, muss man älter als 40 Jahre sein und ein Familienunternehmen leiten, das mindestens zehn Beschäftigte hat. Außerdem muss die Firma einen Jahresumsatz von mindestens einer Million Euro erwirtschaften. In der Regel vertritt der Verband sehr liberale Wirtschaftspositionen und plädiert in der Energiepolitik für "marktwirtschaftliche Lösungen". In der Präambel des Verbands berufen sich "Die Familienunternehmer" auf die „soziale Marktwirtschaft im Sinne Ludwig Erhards“ und setzen sich dafür ein, "staatliche Überregulierungen und überhöhte finanzielle Zugriffe auf das private Eigentum zu verhindern."
Im Video: Diskussionen zu Entscheidung des Verbandes der Familienunternehmen reissen nicht ab
Diskussionen zu Entscheidung des Verbandes der Familienunternehmen reissen nicht ab
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