"Frauen sind die Hälfte der Menschheit, ihnen muss auch die Hälfte der Macht gehören." So bringt es Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze anlässlich des heutigen internationalen Frauentags auf den Punkt. Doch der aktuelle Trend spricht laut der SPD-Politikerin eine andere Sprache. Schulze beklagt weltweite Rückschritte bei Frauenrechten und auch die Vereinten Nationen warnen davor, dass die Gleichstellung der Geschlechter bedroht sei.
Schulze: Gleichberechtigung bringt weniger Armut und mehr Stabilität
Für Frauen und Mädchen sei der Weltfrauentag deshalb "kein Grund zu feiern", erklärte Schulze in einer Mitteilung. "Stattdessen müssen sie kämpfen. Denn die Angriffe auf die Rechte von Frauen haben weltweit zugenommen, genau wie frauenfeindliche Propaganda und Politik." Von Gleichberechtigung würden laut Schulze alle Menschen profitieren. Es gäbe weniger Hunger, weniger Armut und mehr Stabilität in der Welt.
Die Entwicklungsministerin verwies auf den jüngsten UN-Bericht, demzufolge 2024 fast ein Viertel der Regierungen weltweit Rückschritte bei Frauenrechten festgestellt hatte. Demnach gab es mehr Diskriminierung, schwächere gesetzliche Schutzmaßnahmen und deutlich weniger finanzielle Unterstützung.
Kritik an nachlassender Finanzierung von internationalen Frauenprojekten
Dass international immer weniger Programme und Institutionen zum Schutz und zur Unterstützung von Frauen finanziert würden, liege auch an den jüngsten Entscheidungen der neuen US-Regierung, kritisierte Schulze. So habe die Regierung Trump deutlich gemacht, dass Finanzierungen für Frauenstärkung, Aufklärungsprogramme und Gesundheitsdienstleistungen grundsätzlich zurückgefahren werden sollten.
Die SPD-Politikerin sprach von einer "brandgefährlichen" Entwicklung. "Wenn etwa Mädchen nicht in die Schule gehen können, schadet das der Entwicklung ganzer Gesellschaften. Wenn sie nicht lernen, wie sie verhüten können, dann kommt es zu mehr ungewollten Schwangerschaften und zu höherer Müttersterblichkeit", so Schulze. Wenn durch Zwangsheirat die Kindheit genommen werde, fehlten die Chancen für Entwicklung und ein Leben in Würde.
Auch der Bundestag wird wieder männlicher
Diese Kritik teilte sie mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier: "Global erleben wir, wie populistische Parteien den Eindruck erwecken wollen, Gleichstellung sei so etwas wie eine fixe Idee progressiver Kräfte", sagte er am Freitag. Laut Bericht der Vereinten Nationen hat sich der Anteil von Frauen in den Parlamenten weltweit in den vergangenen 30 Jahren zwar mehr als verdoppelt, dennoch sind immer noch im Schnitt drei von vier Abgeordneten Männer.
Angesichts einer gesunkenen Frauenquote im Bundestag nach der Wahl im Februar richtet sich der Blick auch auf Deutschland. Mehr als zwei Drittel der Bundestagsabgeordneten sind Männer. Im nächsten Bundestag ist der Frauenanteil auf 32,4 Prozent leicht gesunken. Bisher konnten rund 35 Prozent Frauen auf den Rängen des Plenarsaals mitbestimmen.
Mehr Mitbestimmung von Frauen bei nächster Bundesregierung gefordert
Die frühere Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) forderte Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz auf, bei der Verteilung von Ministerposten in einem möglichen künftigen Kabinett Frauen und Männer gleichberechtigt zu berücksichtigen. "Eine paritätische Besetzung des Kabinetts ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern der überfälligen Notwendigkeit und politischer Weitsicht", sagte Süssmuth dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (externer Inhalt, möglicherweise Bezahlschranke).
Ähnlich äußerte sich die Grünen-Co-Chefin Franziska Brantner. Frauen seien in den Sondierungsverhandlungen "nicht annähernd gleichberechtigt vertreten", erklärte sie. "Hier stellt sich die ernsthafte Frage, welchen Stellenwert Gleichstellung in der neuen Bundesregierung haben wird."
UN-Bericht: Frauenrechte weltweit bedroht
Laut dem Bericht der Vereinten Nationen sind die Rechte von Frauen weltweit in jedem vierten Land bedroht. So hat sich die Zahl der Frauen und Mädchen, die in Konfliktgebieten leben, in den vergangenen zehn Jahren um die Hälfte erhöht. Zudem hat sich nach UN-Angaben die Zahl der getöteten oder vergewaltigten Frauen von 2022 auf 2023 verdoppelt.
Anlässlich des Weltfrauentags gibt es heute in zahlreichen deutschen Städten Kundgebungen, etwa in München und Berlin. Für die Gleichstellung werden zum Beispiel bessere Kinderbetreuung und Entlastungen bei der häuslichen Pflege gefordert.
Mit Informationen von dpa und KNA
Im Video: Weltfrauentag - Frau im Bundestag unterrepräsentiert
Im künftigen Bundeskabinett sollten doch gleich viele Frauen und Männer sitzen, damit auch aus weiblicher Perspektive regiert wird.
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