Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) geht im unions- und koalitionsinternen Streit über die Rente von einer Einigung aus. "Wir führen die Gespräche so, dass wir zu einem guten gemeinsamen Ergebnis kommen", sagte Merz am Sonntag am Rande des G20-Gipfels in Johannesburg dem Sender Welt TV.
Auf die Frage, ob er an dem Gesetzentwurf in der vorliegenden Fassung festhalte oder ob sich noch etwas ändern könne, sagte der Kanzler: "Der Vorschlag liegt im Bundestag und liegt dort zur Abstimmung. Und bis dahin werden wir weitere Gespräche führen."
Söder: Scheitern geht nicht
CSU-Chef Markus Söder sagte, die Koalition müsse eine Lösung finden, die tragfähig sei für alle Beteiligten. "Ich gebe zu, es wird noch ganz schön knifflig", so Söder am Sonntag in der ARD. "Die Fragen sind ja sehr substanziell und die müssen jetzt geklärt werden."
Er hoffe auf eine Einigung, "denn am Ende braucht es eine Mehrheit im Parlament", sagte Söder. "Denn eines geht nicht: dass wir daran scheitern, dass es keine Mehrheit gibt, dass am Ende vielleicht sogar eine Regierung zerbricht. Das wäre ein ganz schlimmes Signal, denn davon würden am Ende nur die Radikalen profitieren."
Absage an Vertrauensfrage und Minderheitsregierung
Söder hält nichts davon, dass der Kanzler die Vertrauensfrage stellt, um Geschlossenheit im Rentenstreit herzustellen. "Das wäre der völlig falsche Ansatz. Vertrauensfragen sind übrigens kein Element, Vertrauen zu stärken, sondern meistens die Vorstufe von Schlechteren", sagte Söder im ARD-"Bericht aus Berlin". Er sprach sich auch gegen Spekulationen über eine Minderheitsregierung aus. "Eine Minderheitsregierung ist die Vorstufe zu einer Neuwahl."
Spahn: Renteneintrittsalter über 67 Jahren in der Diskussion
Unionsfraktionschef Jens Spahn rief die Kritiker des geplanten Rentenpakets in den eigenen Reihen zur Disziplin auf. Gleichzeitig bescheinigte Spahn der Jungen Gruppe der Fraktion, mit ihrem Protest bereits Erfolge erzielt zu haben. Die geplante Rentenkommission werde nun früher - nämlich im Dezember - eingesetzt und einen umfassenderen Auftrag erhalten als ursprünglich geplant, sagte er dem "Münchner Merkur". In einem halben Jahr sollen Ergebnisse vorliegen.
Themen sind laut Spahn die Lebensarbeitszeit, mehr private Vorsorge und das Versorgungsniveau. Spahn bestätigte, dass dabei auch über ein höheres Renteneintrittsalter als 67 Jahre gesprochen werden müsse.
Klüssendorf (SPD) wirbt um Vertrauen der Union in Reformwillen der SPD
Von Seiten des Regierungspartners äußerte sich SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf im ARD-"Bericht aus Berlin". Er warb um Vertrauen bei den Kritikern auf Unionsseite, dass die Sozialdemokraten sich nach einem Beschluss des Pakets auch den nötigen Strukturreformen widmen. "Das ist genau unsere Position: Es braucht strukturelle Veränderungen - aber um die gemeinsam zu diskutieren, braucht es zunächst einmal den Abschluss dieses Sparpakets, das genau so im Koalitionsvertrag steht."
Grünen-Fraktion legt eigenes Konzept vor
Klar ist: Auf die Grünen kann die Koalition diesmal nicht hoffen. Co-Parteichef Felix Banaszak sagte der "Bild am Sonntag": "Wir stimmen gegen dieses Rentenpaket, weil es im Gesamten kein sinnvoller Umgang mit Geld ist und die Strukturprobleme überhaupt nicht anfasst."
Zugleich legte die Bundestagsfraktion eigene Ideen für eine dauerhafte Stabilisierung des Rentenniveaus bei durchschnittlich 48 Prozent der Löhne und Gehälter vor. Unter fünf Forderungen sind eine Abkehr von Frühverrentungsprogrammen und die Reform der "Rente mit 63". "Würden alle Beschäftigten tatsächlich bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter arbeiten, würde der Beitragssatz bis 2030 um knapp ein Prozent sinken", schreiben die Grünen in einem Papier, über das zuerst das ARD-Hauptstadtstudio berichtete.
Hintergrund: Die CDU-Rebellen und der Koalitionsvertrag
Hintergrund des Streits ist die Forderung vor allem jüngerer Unionspolitiker, den vorliegenden Gesetzentwurf zur Rente noch zu verändern. Sie wehren sich dagegen, dass dort nicht nur das Rentenniveau bis 2031 bei mindestens 48 Prozent festgeschrieben wird, sondern dass dies auch danach zu einem höheren Ausgangsniveau für die Entwicklung der Rente in den Folgejahren führen würde.
Die SPD beharrt hingegen auf dem vom Kabinett beschlossenen Entwurf. Union und SPD sind für eine eigene Mehrheit im Bundestag aber auf Stimmen der Jungen Gruppe der CDU angewiesen.
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