In Italien haben mehrere hunderttausend Menschen aus Solidarität mit der von Israel abgefangenen Hilfsflotte für den Gazastreifen die Arbeit niedergelegt. Im ganzen Land gingen am Freitag Demonstranten auf die Straße. Angaben der Polizei zufolge versammelten sich allein in Rom etwa 80.000 Demonstrierende. Den Organisatoren zufolge gingen in der Hauptstadt 300.000 Menschen auf die Straße.
Die Streiks und Proteste führten an mehreren Orten zu erheblichen Verkehrseinschränkungen. Unter anderem kam es zu Verspätungen und Ausfällen im Bahnverkehr. In Mailand hielten die Streikenden Banner hoch, auf denen sie ihre Solidarität mit der Gaza-Hilfsflotte zum Ausdruck bringen und einen Stopp des - wie sie es nennen - "Völkermords in Gaza" fordern.
Ausfälle von Zügen und Flügen
Im ganzen Land kommt es zu zahlreichen Zug- und Flugausfällen. Viele Schulen blieben geschlossen. Angestellte, Studentinnen und Studenten gingen auf die Straße. Zum Streik aufgerufen hatten zwei große Gewerkschaften. Landesweit protestierten nach Angaben der größten italienischen Gewerkschaft CGIL mehr als zwei Millionen Menschen. Demnach gab es in etwa hundert Städten Demonstrationen. CGIL-Chef Maurizio Landini sprach von einer "außergewöhnlichen und beispiellosen Teilnahme junger Menschen, die eine friedliche Zukunft wollen".
Italiens Regierungschefin Meloni kritisiert den Generalstreik, weil er viele Unannehmlichkeiten für die Bevölkerung mit sich bringe. Indes versicherte sie, dass die alles tun werde, um den in Israel festgehaltenen Aktivisten der Gazaflotte zu helfen.
Protestaktion gegen italienische Fußballnationalmannschaft
Vor dem Trainingszentrum der italienischen Fußballnationalmannschaft gab es am Freitag eine Protestaktion von propalästinensischen Demonstranten. Sie kritisierten das WM-Qualifikationsspiel Italiens gegen Israel am 14. Oktober und verlangten, das Spiel dürfe wegen des israelischen Vorgehens im Gaza-Krieg nicht stattfinden. Der europäische Fußballverband UEFA erwägt, das Spiel zwischen Italien und Israel auszusetzen.
Über 400 Aktivisten festgenommen - auch Greta Thunberg
Die Aktivisten der zivilen Hilfsflotte wollten auf den insgesamt 42 Booten eigenen Angaben zufolge Hilfsgüter nach Gaza bringen, sie waren aber auf See von der israelischen Marine gestoppt worden. Das letzte Boot war am Freitagmorgen rund 79 Kilometer vor der israelischen Küste abgefangen worden, wie die Organisatoren der "Global Sumud Flotilla" bekannt gaben.
Insgesamt hat die israelische Marine eigenen Angaben zufolge über 400 Aktivisten festgenommen - unter ihnen Greta Thunberg. Sie sollen nach Europa abgeschoben werden. Laut dem israelischen Außenministerium sind alle Festgenommen sicher und wohlauf. Vier Aktivisten seien bereits abgeschoben worden, die Abschiebung der übrigen sei eingeleitet. Auch die "Global Sumud Flotilla" bestätigt den guten Gesundheitszustand der Festgenommenen. Für Aufsehen in den sozialen Medien sorgt aktuell allerdings ein Video, in dem der rechtsextreme israelische Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, die auf dem Boden sitzenden Aktivisten vor laufender Kamera als Terroristen beschimpft.
Organisatoren: Flotte unrechtmäßig abgefangen
Die Organisatoren der Flotte warfen Israel vor, das Abfangen der Schiffe sei unrechtmäßig gewesen. Jedes Schiff habe humanitäre Hilfe für den "illegal belagerten Gazastreifen" an Bord gehabt. Die israelische Regierung hatte die Aktion wiederholt als Provokation und reine PR bezeichnet. Die Marine hatte die Flottille gewarnt, sie nähere sich einem aktiven Kampfgebiet und verletze eine rechtmäßige Blockade.
Die Flottille, die Ende August in See gestochen war, gilt als einer der größten Proteste gegen die Blockade des palästinensischen Küstengebiets und das israelische Vorgehen im Kampf gegen die radikal-islamische Hamas. Eine neue Flotte aus neun Schiffen soll bereits Kurs auf Gaza nehmen, wie die propalästinensische Organisation "Freedom Flotilla Coalition" bekannt gab.
RSF: Auch Journalisten unter den Festgenommenen
Der Nichtregierungsorganisation "Reporter ohne Grenzen" (RSF) zufolge befinden sich unter den Festgenommenen auch "mehr als 20 internationale Journalisten". Sie seien von der spanischen Tageszeitung El País, vom staatlichen katarischen Sendernetzwerk Al-Dschasira, von den italienischen und türkischen Rundfunkanstalten Rai und TRT sowie von der französischen Tageszeitung "L'Humanité". RSF spricht von einer "illegalen Festnahme" und fordert die "unmittelbare Freilassung".
Mit Informationen von Reuters und dpa
Im Video: Gaza-Hilfsflotte - Israel stoppt Aktivisten
Gaza-Hilfsflotte - Israel stoppt Aktivisten
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