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Wie deutsches Geld den IS und die Hamas erreicht

Wie deutsches Geld den IS und die Hamas erreicht

Terrororganisationen wie der IS und die Hamas erhalten weiter Unterstützung aus Deutschland. BR24-Recherchen zeigen, wie Spenden über Kryptowährungen und verdeckte Netzwerke in Konfliktgebiete gelangen – Spuren führen auch nach Bayern.

Über dieses Thema berichtet: ARD Story am .

Terrororganisationen wie der sogenannte Islamische Staat (IS) und die Hamas in Gaza sind weiterhin auf finanzielle Unterstützung aus dem Ausland angewiesen – auch aus Deutschland. Immer wieder versuchen Unterstützer, Spenden in Konfliktgebiete zu schleusen. Sie nutzen informelle Netzwerke, verschleierte Wege – und Lücken im deutschen Strafrecht. Das zeigen BR24-Recherchen.

  • Mehr dazu heute Abend (Dienstag) um 22.50 Uhr im Ersten, in der ARD Story "Deutsches Geld für den Terror". Zu sehen ist der Film auch in der ARD-Mediathek.

Hohe Hürden im Strafrecht

Paragraph 129a Strafgesetzbuch [externer Link] etwa stellt die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung unter Strafe – allerdings muss nachweisbar sein, dass die Hilfeleistung der Vereinigung zugutekam. Das Bundesjustizministerium plant mittlerweile, bereits den Versuch einer Terrorfinanzierung unter Strafe zu stellen. Das Justizministerium hat im Juli einen entsprechenden Gesetzentwurf veröffentlicht.

Schwieriger Nachweis bei Terrorfinanzierung

Kompliziert ist auch ein anderer Weg: Der 2015 eingeführte Paragraf 89 c Strafgesetzbuch [externer Link], der die Finanzierung von Terrorismus unter Strafe stellt. Hier ist nicht entscheidend, ob das Geld auch wirklich bei der Terrororganisation angekommen ist. Dafür muss nachgewiesen werden, dass das Geld unter anderem für Mord, Totschlag, Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Geiselnahme gedacht war.

"Man muss praktisch beweisen, dass jeder Euro für eine Kalaschnikow, Sprengstoff oder die Vorbereitung eines Anschlags gedacht war. Insofern macht man er also den Ermittlern - was die Möglichkeit der Verurteilung angeht - maximal kompliziert hier in Deutschland." Hans-Jakob Schindler, Terrorexperte der Forschungsorganisation Counter Extremism Project

Mutmaßlicher Hamas-Unterstützer: Der Fall Gaza-Now

Doch wie gelangt das Geld zu den Terroristen? Krypto-Experte Jonathan Levin, Mitgründer des Analyseunternehmens Chainalysis, bestätigt, dass digitale Währungen zunehmend für Terrorfinanzierung genutzt werden. Krypto sei für jeden auf der Welt praktisch, um Transaktionen durchzuführen – es überwinde Grenzen und sei leicht zugänglich, so Levin in einem Interview am Rande der diesjährigen Münchner Sicherheitskonferenz.

Eine zentrale Rolle in den Spendenkampagnen spielt nach Ermittlerangaben der aus Linz stammende österreichische Aktivist Mustafa A. mit seinem Kanal "Gaza Now" im Messengerdienst Telegram. Über Posts mit QR-Codes zu Krypto-Wallets sollen dort Millionenbeträge eingesammelt worden sein – ein Teil der Gelder sei nach Erkenntnissen von Ermittlern auf Strukturen der Hamas geflossen. Der Beschuldigte bestreitet im Telefonat mit BR24 die Vorwürfe – die Ermittlungen dauern an. Der Mann sitzt inzwischen in U-Haft.

IS-Gefangene: Geldströme in syrische Lager

Wie Geld aus Deutschland in Konfliktregionen gelangt, zeigen BR24-Recherchen am Beispiel kurdischer Gefangenenlager im Norden Syriens. Dort leben seit der militärischen Niederlage des IS Zehntausende Angehörige von IS-Terroristen. Eine deutsche Staatsbürgerin, hier Chloe genannt, war mehrere Jahre selbst beim IS in Syrien. Die Aussteigerin berichtet, Frauen in den Lagern seien weiterhin radikal und versuchten, über das Internet Unterstützerinnen zu gewinnen.

Die humanitäre Lage in den Lagern bleibt katastrophal, wie Berichte von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International zeigen. Fachleute warnen: Sollte der IS widererstarken, könnte der Ursprung in diesen Camps liegen.

Nach BR-Informationen posten einige dieser Frauen Fotos ihrer Kinder mit IS-Symbolen und rühmen sich, im Umgang mit Waffen und Sprengstoff ausgebildet worden zu sein. Um Geld zu sammeln, nutzen sie etwa das informelle Geldtransfer-System Hawala.

Das Prinzip von Hawala ist einfach, aber für Ermittler kaum zu durchdringen: Eine Person gibt das Geld beispielsweise bei einem Teppichhändler in Deutschland ab. Dessen Partner in Syrien zahlt den Betrag dort an den Empfänger aus. Das Geld selbst bewegt sich nicht, Abrechnungen erfolgen später persönlich – ohne Bankspuren, ohne Dokumentation.

Eine mutmaßliche IS-Unterstützerin aus München

Nach BR24-Recherchen gelang es radikalisierten IS-Frauen über solche Wege, aus kurdischen Lagern in Nord-Syrien auszubrechen.

Als zentrale Figur gilt Ermittlern zufolge eine Frau aus München: Elif Ö. soll 2015 als 16-Jährige nach Syrien ausgereist sein und heute Spendengelder für IS-Frauen koordinieren. Deutsche Gerichte verurteilten bereits Unterstützer [externer Link], die laut Ermittlern in ihrem Auftrag Geld sammelten – mindestens 40.000 Euro sollen so zusammengekommen sein. Elif Ö. hält sich Ermittlern zufolge immer noch in Syrien auf. BR24 hat versucht, mit ihr Kontakt aufzunehmen – über einen Telegram-Kanal, den Sicherheitsbehörden unter anderem ihr zuordnen. Auf Anfrage heißt es von den Betreibern, es gebe keinen Kontakt zu ihr.

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