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Iranische Shahed-Drohne über der Ukraine
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Efrem Lukatsky
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Iranische Shahed-Drohne über der Ukraine

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Teuer gegen billig: Nato-Drohnenabwehr ist zu teuer

Teuer gegen billig: Nato-Drohnenabwehr ist zu teuer

Die Abwehr von Drohnen und anderen billigen Rüstungsgütern aus Russland ist nicht nur für die Ukraine ein Problem. Auch Europa hat billigen Drohnenschwärmen bislang zu wenig entgegenzusetzen. Aktuelle Abwehrwaffen sind dafür zu teuer.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Der russische Drohnen-Vorfall in Polen hat es wieder gezeigt: Die Nato musste die russisch-iranischen Shahed-Drohnen für 50.000 Euro pro Stück mit teuren F35-Jet-Einsätzen und Abfang-Raketen für viel Geld bekämpfen. Die Deutschen Patriot-Systeme, die bei der Zielerfassung eingesetzt wurden, haben beispielsweise in der Produktion eine Milliarde Euro pro Stück kostet. Ähnliches gilt für die Drohnen, die zuletzt in Dänemark oder in Norwegen gesichtet wurden.

Klassische Flugabwehr ist für Billig-Drohnen zu teuer

Die Ukraine leidet unter dieser Asymmetrie in der Kriegsführung schon länger, wie es der ukrainische Kriegsreporter Yegor Loginov täglich beobachtet: "Es ist absolut ineffektiv, besonders wenn gleichzeitig fünfhundert bis sechshundert Shaheds auf die Ukraine zufliegen."

Europa könnte die Ukrainehilfe gar nicht so weit aufstocken, um ausreichend Abwehrwaffen zu beschaffen. Wirtschaftlich würde das selbst die reichen EU-Staaten überfordern. Gleiches gilt auch für die Aufrüstung Europas, die extrem teuer würde. Das bestätigt auch Johannes Binder, Forscher am Kiel Institut für Weltwirtschaft: Wenn sich an diesem Ungleichgewicht nichts ändere und man diesen technologischen Schwenk zu billigeren Waffen nicht hinbekommen sollte, "dann wird sich das sehr stark im Budget der Nato widerspiegeln und zu Kosten führen, die politische nicht mehr durchsetzbar sind."

Traditionelle Waffen können Drohnenschwärme nicht abwehren

Einfach ein Mehr an traditionellen Waffen, damit wird eine europäische Verteidigung nicht zu machen sein, findet auch Riho Terras, estnisches Mitglied der EVP. Er sitzt im Verteidigungsausschuss des Europäischen Parlamentes und hat seine Militärlaufbahn noch bei der sowjetischen Marine begonnen. Später war er Befehlshaber der Nato-Streitkräfte Estlands. Er kennt also die Waffen-Systeme von Nato und Russland sehr gut.

Sein Fazit: Die traditionellen Waffen sind nicht nur viel zu teuer, sie sind auch nicht in der Lage Schwärme hunderter Drohnen abzuwehren. Etwa würden vermutlich herabstürzende Teile der Abwehrwaffen ebenfalls erhebliche Schäden verursachen. "Wir müssen umdenken", sagt Terras. "Die Ukrainer können hier ein Vorbild sein." - Technologisch, aber auch was Regulierung und Bürokratie betrifft: "Die modernen Plattformen, die heute in der Ukraine hergestellt werden, haben einen sehr guten Preis."

Keine Zulassung: Waffen aus der Ukraine für Europa

Die erprobten Waffen aus der Ukraine auch für die europäische Verteidigungen zu nutzen, werde schwierig sein, befürchtet Riho Terras allerdings. "Der Grund ist, weil die Ukraine sie nicht zertifiziert, wie es Europa verlangt." Jedes militärische Gerät in der Nato muss aufwendig zertifiziert werden, bevor es eingesetzt werden kann.

"Die Bürokratie-Zertifikate kosten die Europäer viel zu viel Geld und deshalb sind unsere Plattformen zu teuer, weil wir uns selbst damit kaputtregulieren", so Terras. Die Entwicklungszyklen reduzieren sich in der Ukraine inzwischen auf Wochen und Tage. Was da ist, wird im Feld getestet, verworfen oder weiterentwickelt.

Europa braucht mehr Kooperation bei Waffenkauf

Dazu kommt die europäische Kleinstaaterei, findet Helmut Brandstätter, von den österreichischen NEOS und Mitglied des Außenausschusses des Europäischen Parlamentes: "Man hat sich schon vor vielen Jahren ausgerechnet: Würden wir gemeinsam produzieren, könnten wir ein Drittel der Kosten sparen oder ein Drittel mehr produzieren."

Helmut Brandstätter sieht in Europa aber gute Ansätze, etwa durch die Installation eines neuen europäischen Verteidigungskommissars und eines Militäretats von 800 Milliarden Euro. Verteidigen gegen Raketen könne man sich nur gemeinsam. "Und dieser Gedanke, dass wir mehr Europa brauchen, ich werde nicht müde, das immer wieder zu formulieren."

Nur Drohnen helfen gegen Drohnen

Und da sind sich Experten weitgehend einig: Gegen russische Drohnenschwärme helfen nur moderne europäische Abwehrdrohnenschwärme. Die zu entwickeln, da hat die Ukraine inzwischen viel Knowhow. Zusammen mit europäischem Geld könnte das ein Weg in eine zukunftsfähige, effektive Verteidigung sein - zum Nutzen der EU und der Ukraine.

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