Yanni Gentsch war Joggen. Im Februar. In Köln. Ein Mann auf einem Fahrrad folgte der Frau und filmte sie von hinten gegen ihren Willen. Sie stellte ihn zur Rede, forderte das Löschen des Videos, was dann auch geschah. Anzeigen konnte Gentsch den Mann nicht, denn was er machte, ist vom Strafrecht bisher nicht erfasst. Der vor rund fünf Jahren geschaffene Paragraf 184k des Strafgesetzbuches stellt das sogenannte "Upskirting" unter Strafe, also das Unter-den-Rock-Filmen oder Fotografieren. Das Gesetz verbietet unerlaubte Aufnahmen von Genitalien, dem Po oder der weiblichen Brust nackt oder in Unterwäsche – immer dann, wenn explizit unter den Rock oder in den Ausschnitt fotografiert oder gefilmt wird.
Digitalen Voyeurismus unter Strafe stellen
Ein Fall wie der von Yanni Gentsch fällt also nicht unter die bisherige Regelung. Sie sieht darin eine Gesetzeslücke und hat eine Internet-Petition gestartet. Diese haben – Stand jetzt – schon mehr als 83.000 Menschen unterzeichnet. Gentsch ist mit ihrem Anliegen also nicht mehr weit von der 100.000-Unterschriften-Hürde entfernt und hat gute Chancen, dass die Petition im Bundestag diskutiert werden könnte.
Adressatin der Aktion ist Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD). Ein Sprecher ihres Hauses erklärte auf Nachfrage von BR24, man nehme neue Erscheinungsformen bildbasierter sexualisierter Gewalt sehr ernst. Dazu gehört aus Sicht des Ministeriums auch der in der Petition beschriebene sogenannte digitale Voyeurismus. Man prüfe, wie Strafbarkeitslücken geschlossen werden könnten, so die Stellungnahme des Justizministeriums weiter.
Unterstützung von Union und SPD
Das Schließen solcher Lücken steht als politisches Ziel auch im Koalitionsvertrag von Union und SPD. Wer heimlich andere Menschen sexuell motiviert filme, verletze deren Intimsphäre und überschreite eine klare Grenze, sagte die Amberger CSU-Bundestagsabgeordnete und rechtspolitische Sprecherin ihrer Fraktion, Susanne Hierl, BR24. Man nehme das Anliegen der Petition ernst und prüfe eine Anpassung des Straftatbestandes.
Dafür plädiert auch die Starnberger SPD-Bundestagsabgeordnete Carmen Wegge. Dass Betroffene wie Gentsch derzeit keine rechtliche Handhabe hätten, sei unerträglich erklärte Wegge in einer schriftlichen Stellungnahme für BR24. Die Einführung des "Upskirting"-Paragrafen ist für Wegge ein wichtiger Schritt, greife aber zu kurz.
In der Praxis umsetzbar?
Trotz der Aufgeschlossenheit in den Koalitionsfraktionen ist aber keineswegs sicher, dass die Petition zu einer Ausweitung des Paragrafen führen wird. Gentsch kann mit dem Sammeln der Unterschriften nur erreichen, dass sich die Politik des Themas annimmt und das Anliegen prüft. Im Rahmen einer solchen Prüfung wird dann voraussichtlich auch darüber diskutiert werden, wie sich eine Ausweitung des Straftatbestandes in der Praxis umsetzen lässt, wie also die Beweisführung erfolgen kann und welcher Aufwand damit auf Behördenseite verbunden wäre.
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