Erste Nationalgardisten des Distrikts Columbia treffen an ihrem Hauptquartier ein.
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(Symbolbild) US-Präsident Trump und der Einsatz der Nationalgardisten in Washington DC - BR24 mit einem FAQ.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Julia Demaree Nikhinson
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(Symbolbild) US-Präsident Trump und der Einsatz der Nationalgardisten in Washington DC - BR24 mit einem FAQ.

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US-Nationalgarde in Washington DC: Kalkül oder Notwendigkeit?

US-Nationalgarde in Washington DC: Kalkül oder Notwendigkeit?

US-Präsident Donald Trump hat angekündigt, die Nationalgarde nun auch in der Bundeshauptstadt Washington DC einzusetzen – die Begründung: Bekämpfung von Kriminalität. Doch was steckt wirklich dahinter? BR24 gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Nach Los Angeles nun Washington DC: US-Präsident Donald Trump hat am Montag per Dekret angeordnet, dass die Polizei im Hauptstadtbezirk Washington wegen angeblich ausufernder Kriminalität vorerst dem Justizministerium unterstellt wird. Außerdem sollten zunächst 800 Soldaten der Nationalgarde zum Einsatz kommen, um – so die offizielle Begründung – die öffentliche Sicherheit in der Hauptstadt wiederherzustellen.

Aber ist das wirklich notwendig oder steckt dahinter doch eher politisches Kalkül von Trump? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wie problematisch ist die Kriminalität in Washington DC?

Der Politikwissenschaftler und Amerika-Experte Johannes Thimm weist im BR24-Interview daraufhin, dass Washington DC zwar zu den gefährlicheren Städten gehört, aber die Kriminalität dort grundsätzlich keine andere Qualität habe als in anderen US-Großstädten. "Die Begründung, man brauche die Nationalgarde, um die Kriminalität in der US-Bundeshauptstadt zu bekämpfen, ist also nichts weiter als ein Vorwand." Vor allem sei es kein Problem, dass Nationalgarde und Bundespolizeibehörden besser lösen könnten als die lokale Polizei.

Ein Blick auf die Kriminalitätsstatistik der örtlichen Polizei zeigt sogar einen Rückgang der gemeldeten Delikte. Demnach sank die Gesamtzahl aller Verbrechen bis Anfang August dieses Jahres gegenüber dem Vorjahreszeitraum um sieben Prozent. Auch zwischen 2023 und 2024 nahm die Zahl der gemeldeten Delikte ab. Laut der Staatsanwaltschaft des Hauptstadtbezirks war 2024 gar das Jahr mit den wenigsten Gewaltverbrechen seit 30 Jahren.

Was will Trump dann erreichen?

Trumps Motivation für das Aussenden der Nationalgarde fußt auf mehreren Säulen. Thimm zufolge glaubt Trump einerseits an einfache Lösungen, wie, dass er mithilfe der Nationalgarde für Recht und Ordnung sorgen kann. Darüber hinaus geht es Trump um eine Demonstration seiner Macht. "Trump hat massiv autoritäre Neigungen und testet immer wieder die Grenzen dessen aus, womit er durchkommt", so der Fachmann für amerikanische Innenpolitik.

Daneben dient ihm der Einsatz der Nationalgarde aber auch als Ablenkung. "Der Epstein-Skandal haftet nach wie vor an seinen Fersen, auch der amerikanischen Wirtschaft geht es nicht so gut, wie von Trump prophezeit. All das versucht er nun mit seiner autoritären Führung zu kaschieren", meint Thimm.

Aus Sicht von Tim Büthe, US-Experte der Hochschule für Politik an der TU München, kommt aber noch ein anderer wesentlicher Aspekt dazu: die politische Instrumentalisierung von Rassismus. "Washington DC ist eine mehrheitlich von Minderheiten bewohnte Stadt, darunter über 40 Prozent Afroamerikaner. Trump versucht ganz offensichtlich, die latenten Vorurteile in der amerikanischen Bevölkerung zu schüren, indem er auf Missstände der Stadt hinweist."

Damit spalte Trump die amerikanische Gesellschaft und die Demokraten weiter, betont Büthe im BR24-Gespräch. Der Präsident arbeite damit nach dem Prinzip: "Teile und herrsche".

Warum ausgerechnet Washington DC?

Trump dürfte sich auch deshalb die US-Hauptstadt ausgesucht haben, weil dort der Einsatz der Nationalgarde besonders einfach ist. "Washington DC ist kein Staat und damit gibt es auch keine Staatsregierung, die Trump bei solchen Maßnahmen vorgeschaltet wäre", erklärt Thimm, der auch stellvertretender Leiter der Forschungsgruppe Amerika bei der Stiftung Wissenschaft und Politik ist. Politischer Widerstand wie etwa nach dem Einsatz der Nationalgarde in Kalifornien durch dessen Gouverneur Gavin Newsom bleibt Trump somit erspart.

Zudem sei Washington DC ist eine eher demokratisch geprägte Stadt – und "Trump hat es auf alle Städte abgesehen, die potentielle Orte des Widerstands gegen ihn sein könnten", so Thimm. Auch das habe man schon im Juni in Los Angeles in Kalifornien erlebt.

Was bedeutet der Einsatz für die USA?

Für den Historiker Andreas Etges vom Amerika-Institut der LMU München ist es ein weiterer Schritt in Richtung einer autoritären Regierung in den USA. Er sagte BR24: "Trump unterläuft ganz bewusst demokratisches Handeln und weitet seine eigenen Machtbefugnisse aus." Laut Etges versucht er sich auch für künftige Urteile des Obersten Gerichtshofs in den USA zu wappnen. "Trump macht klar: Ich stehe über dem Gesetz und setze durch, was ich will."

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