Die Kommunikation hätte besser sein können. Diese Erkenntnis hat sich nach einem unionsintern sehr turbulenten Wochenende auch im Kanzleramt durchgesetzt. Dass sich die Außenpolitiker in der Bundestagsfraktion von CDU und CSU nicht ausreichend informiert bzw. eingebunden in die Entscheidung der Regierung Merz zu einem teilweisen Waffenexport-Stopp gegen Israel fühlten, machten einige von ihnen in den vergangenen Tagen deutlich.
So groß war der Unmut, dass der Kanzler selbst sich per Fernsehinterview erklärte. Er habe die Entscheidung nicht allein getroffen, müsse sie aber allein verantworten und tue das auch, erklärte Friedrich Merz (CDU) in den ARD-Tagesthemen. Man kann die Aussage als Machtwort verstehen, kann sie als Versuch sehen, die Debatte zu beenden.
Weiter Kritik aus dem eigenen Lager
Das ist bisher nicht vollumfänglich gelungen. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Stephan Mayer gehört zu denen, die weiter öffentlich Kritik üben. Mayer begrüßte im Interview mit dem BR ausdrücklich, dass der Kanzler klarmachte, dass Deutschland weiter ohne jeden Zweifel an der Seite Israels stehe. Die Verhängung eines teilweisen Waffenembargos nennt Mayer aber "eine sehr stark von Emotionen getriebene Symbolpolitik".
In der Sache gebe es "durchaus gute Gründe" gegen diese Entscheidung, betonte Mayer. Er nennt hier zum Beispiel die deutschen Einkäufe bei israelischen Rüstungsfirmen oder die Zusammenarbeit im Geheimdienstbereich. Mayer fürchtet hier Nachteile, wenn die Bundesregierung bestimmte Rüstungsexporte an Israel nicht mehr genehmigt.
Im Video: Prof. Fischer - Innenpolitischer Druck oder EU-Strategie?
Prof. Klemens Fischer (Uni Köln)
Was ist überhaupt betroffen vom Embargo?
Treffen könnte die neue deutsche Linie in der Praxis unter anderem Ersatzteillieferungen für verschiedene israelische Panzer und gepanzerte Fahrzeuge, die im Gaza-Krieg im Einsatz sind. In den Fahrzeugen werden zum Beispiel Getriebe und Motoren von deutschen Herstellern eingesetzt. Auch Munition für Kleinwaffen und Artillerie bezog die israelische Armee in der Vergangenheit aus Deutschland.
Ob aktuell Exportanträge, die betroffen sein könnten, zur Entscheidung anstehen, ist nicht bekannt. Das zuständige Gremium der Regierung, der Bundessicherheitsrat, berät und entscheidet geheim. Der vom Bundeskanzler verkündete Export-Stopp hat also bisher nur theoretische Bedeutung.
Kritiker fürchten grundsätzlichen Kurswechsel
Dass er in Teilen von CDU und CSU trotzdem so stark kritisiert wird, hat auch damit zu tun, dass man einen grundsätzlichen Kurswechsel in der deutschen Israelpolitik befürchtet. Von der SPD, dem Koalitionspartner der Union, kamen zunächst über Wochen die Rufe nach dem teilweisen Waffenembargo. Nach dessen Verkündung kommt nun von den Sozialdemokraten weiterhin die Forderung nach einer Aussetzung des Assoziationsabkommens zwischen der EU und Israel. Außerdem sehen die unionsinternen Kritiker in der Entscheidung des Kanzlers ein Nachgeben gegenüber pro-palästinensischen Protesten.
Für seine Entscheidung, ein Teil-Waffenembargo gegen Israel zu verhängen, kann Merz aber auch auf Zustimmung in der Gesamtbevölkerung hoffen. Im aktuellen ARD-DeutschlandTrend sprachen sich zwei Drittel der Befragten für einen härteren Kurs im Umgang mit Israel aus. Die parteiinterne Debatte über seine Entscheidung scheint der Kanzler für den Augenblick weitgehend eingefangen zu haben. Die allererste Reihe von CDU und CSU hält sich mit neuerlicher Kritik zurück. Der Unmut einiger in der Union über die Entscheidung des Kanzlers ist aber weiter da.
Im Video: BR-Korrespondent Assmann - Sturm im Wasserglas oder Krise?
BR-Korrespondent Assmann
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!