ARCHIV - 21.08.2025, Nordrhein-Westfalen, Köln: Feldjacken hängen am Stand der Bundeswehr bei der Computerspiele-Messe Gamescom (zu dpa: «Krach um Wehrdienst: Koalition hält dennoch an Zeitplan fest») Foto: Oliver Berg/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Live beendet
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Oliver Berg
Livebeitrag

Bundeswehr

Livebeitrag
>

Darum geht es bei der Wehrdienst-Debatte im Bundestag

Darum geht es bei der Wehrdienst-Debatte im Bundestag

Erst schien eine Einigung gefunden, dann doch nicht. Union und SPD streiten auf offener Bühne über den neuen Wehrdienst. Was sind die Knackpunkte und wie geht es jetzt weiter? BR24 überträgt die Bundestagsdebatte live.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Immer noch sind die Koalitionspartner damit beschäftigt, die Scherben der letzten Tage aufzukehren. Fachpolitiker von Union und SPD hatten sich eigentlich schon auf einen Kompromiss in Sachen Wehrdienst geeinigt, aber dann platzte die Sache in letzter Minute. Trotz des Streits hält die Koalition an ihrem Zeitplan fest und bringt den Gesetzentwurf am Donnerstag zur ersten Lesung in den Bundestag ein.

BR24live überträgt die Debatte aus dem Bundestag in Berlin. Im Anschluss erklärt BR-Korrespondent Marion Kubina, wie es nun mit dem Gesetz weitergeht. Den Livestream finden Sie oben eingebettet in diesen Artikel

Worum geht es bei dem Wehrdienst-Streit im Kern?

Als die Bundesregierung im Sommer den Gesetzentwurf von Boris Pistorius (SPD) gebilligt hat, wurden aus der Union schnell Forderungen nach einem weitergehenden Wehrdienst-Konzept laut. Aus Sicht von CDU und CSU enthalten die Pläne des Verteidigungsministers zu wenige verpflichtende Elemente. Die Union fordert konkrete Rekrutierungsziele und einen Plan B, falls sie zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht erreicht werden.

Das Problem für Pistorius: Vielen seiner Parteifreunde – auch in der Bundestagsfraktion – geht schon sein Gesetzentwurf zu weit. Deshalb ist darin lediglich von der "Möglichkeit" die Rede, dass junge Männer notfalls zum Wehrdienst verpflichtet werden könnten. Für den Fall, dass auf freiwilliger Basis nicht genügend Rekruten zusammenkommen. Und vorausgesetzt, der Bundestag stimmt zu.

Wie sieht der Kompromissvorschlag der Fachpolitiker aus?

Wochenlang hatte eine Viererrunde von Union und SPD an einem gemeinsamen Konzept zum Wehrdienst gefeilt. Aus der für Mittwoch geplanten Vorstellung des Kompromisspapiers ist nun nichts geworden, aber ganz vom Tisch sind die Pläne damit nicht. Sie sehen ein mehrstufiges Verfahren vor. Wie im Modell von Pistorius ist auch hier angedacht, dass zunächst alle jungen Leute einen Fragebogen zugeschickt bekommen. Männer müssen, Frauen können ihn beantworten. Es geht darum herauszufinden, wer überhaupt bereit und fit genug für die Bundeswehr wäre. Der Wehrdienst selbst wäre aber nach wie vor freiwillig.

Neu an dem Kompromisspapier ist dies: In einer zweiten Stufe würde ausgelost, welche jungen Männer zur Musterung verpflichtet werden könnten. Im Gesetzentwurf von Pistorius ist ein solches Losverfahren nicht vorgesehen. Und falls sich auf dieser Grundlage und auch nach persönlichen Gesprächen noch nicht genügend Rekruten fänden, würde dem Kompromissvorschlag zufolge eine Teil-Wehrpflicht greifen: Die Bundeswehr könnte dann so viele junge Männer einberufen, wie sie für die Fähigkeit zur Landesverteidigung braucht.

Warum ist der Kompromiss zum Wehrdienst erstmal gescheitert?

Das hängt mit der Dynamik in der SPD-Fraktion zusammen. Als die sozialdemokratischen Bundestagsabgeordneten am Mittwochnachmittag zusammenkamen, ging es offenbar hoch her. Wie nach der Sitzung zu hören war, gab es viel Kritik am vorgeschlagenen Losverfahren. Der Vorwurf steht im Raum, so ein Verfahren sei willkürlich.

Auch Pistorius nahm an der Sitzung teil und raunte später beim Weggehen: "Das war nicht meine Idee, das ist eine Unionsidee." Allerdings geht es dem Verteidigungsminister weniger um den Vorschlag einer Auslosung als um den Umfang von Musterungen. Denn sein Ziel ist es, durch eine allgemeine Musterungspflicht für junge Männer ein umfassendes Bild über das Potenzial an Rekruten zu bekommen. Eine zufallsbasierte Teil-Musterung reicht aus seiner Sicht nicht aus.

Im Laufe des Abends wurde deutlich, dass das Kompromisspapier der Fachpolitiker beider Seiten in der SPD-Fraktion aktuell keine Mehrheit hat. Eine geplante Pressekonferenz zum Wehrdienst wurde kurzerhand abgesagt.

Was bedeutet der neue Wehrdienst-Streit für Schwarz-Rot?

Eine weitere Schlappe. Eigentlich wollten Union und SPD nach den Konflikten des Sommers einen "Herbst der Reformen" einleiten. Und dazu zählt das neue Wehrdienstmodell als eines der wichtigsten verteidigungspolitischen Vorhaben dieser Koalition. Das könnte ein Grund dafür sein, dass sich die Fraktionsspitzen des Regierungslagers am Mittwochnachmittag betont zuversichtlich zeigten und eine angebliche Einigung lobten.

Eine Fehleinschätzung, wie sich später zeigte. Und auch Pistorius steht in der Kritik: Aus der Unionsfraktion wird ihm vorgeworfen, die Pläne torpediert zu haben. Was der Minister bestreitet.

Wie geht es jetzt weiter?

Von beiden Seiten heißt es, dass es beim bisherigen Zeitplan bleibt. Am Donnerstag soll sich der Bundestag zum ersten Mal mit dem neuen Wehrdienstmodell beschäftigen. Änderungen könnten dann im parlamentarischen Verfahren erfolgen. Fest steht: Nach dem jüngsten Eklat ist mit weiteren lebhaften Debatten zum Wehrdienst zu rechnen.

Im Video: Einschätzungen von BR-Korrespondent Tim Aßmann

BR-Korrespondent Tim Aßmann
Bildrechte: BR
Videobeitrag

BR-Korrespondent Tim Aßmann

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!