260.000 - diese Truppenstärke will der Bundesverteidigungsminister erreichen, wenn möglich nur mit Freiwilligen. Noch dienen rund 180.000 Männer und Frauen in den deutschen Streitkräften und bisher ist die Rekrutierung auf Basis von Freiwilligkeit kein Erfolgsmodell, brechen viele junge Leute den Dienst schon nach kurzer Zeit ab. Das neue Wehrdienstmodell von Minister Boris Pistorius (SPD) baut weiterhin auf Freiwillige. Schrittweise sollen so bis zu 35.000 Soldaten und Soldatinnen pro Jahr gefunden werden. Gelingt das nicht, sieht der Gesetzentwurf die Möglichkeit vor, die 2011 ausgesetzte Wehrpflicht wieder einzuführen, um die Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr zu gewährleisten.
Verpflichtende Elemente in SPD umstritten
Von einer "Rückfallebene, wenn das Angebot der Freiwilligkeit nicht angenommen wird", spricht der fränkische SPD-Bundestagsabgeordnete und Verteidigungsexperte Andreas Schwarz im Interview mit BR24. Der bayerische Nachwuchs seiner Partei ist allerdings gegen die verpflichtenden Elemente im Gesetzentwurf. Die Jusos in Bayern fordern in einem Brief an die bayerischen SPD-Bundestagsabgeordneten, der BR24 vorliegt, dass die Möglichkeit der Verpflichtung aus dem Gesetz gestrichen wird. In dem Entwurf sei "völlig unklar", wer im Falle einer sich zuspitzenden verteidigungspolitischen Lage einberufen werden solle, schreibt der bayerische Juso-Vorsitzende Benedict Lang.
Wehrgerechtigkeit nicht erreichbar
Sollte die Wehrpflicht wieder eingeführt werden, würden nur einige zehntausend Männer eines Jahrgangs eingezogen werden, weil für mehr die Ausbildungskapazität bei der Bundeswehr nicht ausreicht. Ist das dann noch gerecht? "Wenn ich nur 35.000 ziehe, wird Gerechtigkeit immer ein Thema sein", räumt der SPD-Politiker Andreas Schwarz ein, gibt aber zu bedenken: "Am Ende geht es um das Gut Sicherheit." Wehrgerechtigkeit werde man "auf absehbare Zeit nicht herstellen können", betont der Deggendorfer CSU-Bundestagsabgeordnete und Verteidigungspolitiker Thomas Erndl im Gespräch mit BR24. Die Funktionsfähigkeit der Armee müsse immer im Vordergrund stehen, so Erndl. Langfristig hofft er auf die Einführung eines allgemeinen Gesellschaftsdienstes, der dann für alle verpflichtend und eine Alternative zum Wehrdienst wäre. Nötig dafür, wäre allerdings eine Grundgesetzänderung. Die dafür nötige Zweidrittelmehrheit im Bundestag scheint in dieser Legislaturperiode nicht erreichbar.
Nur Männer und nur mit deutschem Pass
Eine Grundgesetzänderung wäre ebenfalls nötig, um die Wehrpflicht, falls sie wieder eingesetzt wird, auch auf Frauen auszuweiten. Sie würde also weiterhin nur Männer betreffen. Auch eine andere Vorgabe bei der Wehrpflicht wird bleiben, weil sie nur im Grundgesetz geändert werden könnte: Ein deutscher Pass wäre auch weiterhin Voraussetzung für die Pflicht zum Dienst an der Waffe. In Deutschland lebende junge Männer ohne deutschen Pass könnten nicht eingezogen werden.
Im Video: Neuer Wehrdienst - Was erwartet Frauen und Männer?
Bundeswehr: Debatte um Wehrpflicht
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