Zur Wehrpflicht wird in Union und SPD über ein Losverfahren nach dänischem Vorbild diskutiert. Reichen die Meldungen freiwilliger Soldaten nicht aus, soll theoretisch das Los entscheiden, wer zur Musterung muss.
In Dänemark läuft es folgendermaßen: Die jungen Männer und Frauen werden rund um ihren 18. Geburtstag gemessen, gewogen und absolvieren einen kognitiven Test. An einem sogenannten Tag der Streitkräfte werden sie in Rekrutierungszentren gemustert und über den Wehrdienst informiert. Wer als tauglich eingestuft wird, muss ein Los aus einer Trommel ziehen.
In den letzten Jahren keine Zwangsverpflichtungen nötig
Praktisch ist die Auslosung jedoch oft überflüssig: In den letzten Jahren meldeten sich stets genügend Freiwillige. Johan Gröne Christensen von der Universität Aarhus hat das Verfahren selbst erlebt. Es sei eine rituelle und etwas bizarre Erfahrung, sagt er: "Man ist allein mit einem Major oder Oberst und zieht eine Nummer. Meist wird einem jedoch vor der Ziehung mitgeteilt, dass man nicht eingezogen wird."
Hohe Freiwilligkeit wegen starkem Verteidigungswillen
Letztes Jahr wurden rund 34.000 junge Männer gemustert. Über 4.000 leisteten Wehrdienst, darunter auch Frauen. Die hohe Freiwilligkeit beruht auf starkem Verteidigungswillen und der Tatsache, dass der Dienst zuletzt nur vier Monate dauerte.
Das ändert sich nun: Hauptmann Sune Lund vom Personalkommando erklärt, dass künftig mehr Wehrpflichtige gebraucht werden und sich die Dienstzeit von vier auf elf Monate verlängert. Deshalb wird die Wehrpflicht künftig auf beide Geschlechter ausgedehnt, um die Gruppe der potenziellen Wehrdienstleistenden zu erhöhen.
Künftig mehr Wehrdienstleistende nötig in Dänemark
Ab dem kommenden Jahr werden auch Frauen automatisch zur Musterung eingeladen, sobald sie 18 werden. Wegen der veränderten Sicherheitslage und der zunehmenden russischen Aggression soll sich die Zahl der Wehrdienstleistenden mittelfristig deutlich erhöhen.
Die Streitkräfte genießen derzeit noch einen guten Ruf. Die dänische Armee gilt als fair, gerecht und bietet Vorteile wie Kameradschaft und viel Zeit draußen, sagt der Politikwissenschaftler Johann Gröne Christensen von der Uni Aarhus. Sie wird oft als "moderne Pfadfinderorganisation" bezeichnet.
Funktioniert das Losverfahren auch bei verlängertem Wehrdienst?
Bleibt der verlängerte Wehrdienst, könnte dies die Bereitschaft senken, am vermeintlichen "Pfadfinderlager" teilzunehmen, sodass das Los wieder wichtiger wird. Ob das Lotteriesystem wirklich funktioniert, bleibt abzuwarten.
Für jene, die keinesfalls zum Militär möchten: Es gibt einen zivilen Ersatzdienst. Im letzten Jahr stellten nur zwei junge Männer einen entsprechenden Antrag.
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