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Der Freistaat gibt vier Werke der Nazi-Raubkunst an die rechtmäßigen Besitzer zurück.
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Der Freistaat gibt vier Werke der Nazi-Raubkunst an die rechtmäßigen Besitzer zurück.

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Bayern gibt vier Raubkunst-Werke an rechtmäßige Besitzer zurück

Bayern gibt vier Raubkunst-Werke an rechtmäßige Besitzer zurück

Der Freistaat gibt vier Werke der Nazi-Raubkunst an die rechtmäßigen Besitzer zurück. Über ein fünftes Gemälde soll das neue, bundesweit zuständige Schiedsgericht NS-Raubkunst entscheiden. Die Erben fordern das Bild seit mehr als zwei Jahren zurück.

Über dieses Thema berichtet: Bayern-2-Nachrichten am .

Vier NS-Raubkunst-Werke gibt der Freistaat nun an seine rechtmäßigen Besitzer zurück: Dabei handelt es sich um Gemälde aus dem Bestand der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. Diese wurden zwei jüdischen Familien vor dem Zweiten Weltkrieg durch die Nationalsozialisten entwendet. Drei der vier Kunstwerke werden am heutigen Dienstag den Nachfahren übergeben.

Auch Werk von Schüler von Cranach dem Älteren zurückgegeben

Zwei der Gemälde - "Lot und seine Töchter" sowie "Abraham bewirtet die drei Engel" von Franz Sigrist dem Älteren - sollen demnach an die Erben der ehemaligen Münchner Kunsthandlung Brüder Lion zurückgegeben werden, die 1936 unter den Nationalsozialisten zwangsweise schließen musste.

Die Nachfahren des verfolgten jüdischen Direktors der Commerz- und Disconto-Bank Hannover, Ernst Magnus, sollen das Bild "Hl. Anna Selbdritt" von einem Schüler von Lucas Cranach dem Älteren bekommen, das Magnus verkauft hatte, um die Flucht seiner Familie zu finanzieren. 

Das vierte Gemälde "Am Wirtshaustisch" von Ernst Karl Georg Zimmermann soll ebenfalls den rechtmäßigen Erben übergeben werden. Wer diese sind, ist nach Angaben der Staatsgemäldesammlungen aber noch nicht ganz klar.

Die Entscheidung zur sogenannten Restitution beruhen auf der Forschung des Referats für Provenienzforschung an der neu gegründeten Staatlichen Museumsagentur Bayern. Sie hatte den Angaben zufolge ergeben, dass es sich bei den Bildern um NS-Raubkunst handelt.

Über fünftes Werk entscheidet bundesweites Schiedsgericht

Für ein fünftes Werk, das Bild "Junges Mädchen mit Strohhut" von Friedrich von Amerling (externer Link) soll das neue bundesweit zuständige Schiedsgericht NS-Raubkunst angerufen werden und eine Entscheidung treffen. Seit knapp zweieinhalb Jahren fordern die Erben des jüdischen Kunsthändlers Lion auch dieses Werk zurück. Es handelt sich dabei um das vielleicht wichtigste der zurückgeforderten Werke der Lion-Erben. Der österreichische Maler Friedrich von Amerling gilt als bedeutendster Porträtmaler der Wiener Biedermeierzeit. Eine zweite, nahezu identische Version des Porträts wurde 2008 für 1,5 Millionen Euro in Wien versteigert. Das Werk war 1935 in die staatliche Sammlung gelangt.

Im Audio: NS-Raubkunst - Der Fall Amerling

Gemälde von Amerling: Junges Mädchen mit Strohhut
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Gemälde von Amerling: Junges Mädchen mit Strohhut

Bayern stand wegen seiner Rückgabepolitik schon seit Längerem in der Kritik. Im Februar dieses Jahres waren dann Missstände in den Staatsgemäldesammlungen durch Presseberichte bekanntgeworden. Die Prüfung solcher Verdachtsfälle wurde als intransparent und schleppend kritisiert, sogar von Vertuschung war die Rede. Anfang April musste der langjährige Generaldirektor, Bernhard Maaz gehen, sein Nachfolger ist vorübergehend der bisherige Münchner Kulturreferent und Jurist Anton Biebl.

Staatsgemäldesammlung zufrieden mit Rückgabeverfahren

Die Staatsgemäldesammlungen sehen nun in diesen fünf Fällen einen "Ausdruck von mehr Transparenz und Tempo bei Provenienzforschung und Restitution".

Das Ziel sei, Vertrauen zurückzugewinnen und transparent zu arbeiten, vor allem bei der Debatte um die Rückgabe von NS-Raubkunst. Nach Angaben von Bayerns Kunstminister Markus Blume (CSU) haben die Staatsgemäldesammlungen seit Februar mehr als 200 Werke in die Datenbank "Lost Art" eingestellt. Frühere Eigentümer und deren Erben können hier nach geraubten Kunstobjekten suchen, damit sie diese zurückfordern können. Die Sammlung war dafür kritisiert worden, viel zu wenige ihrer Werke mit Raubkunst-Verdacht eingestellt zu haben.

Kunstminister Blume: "Arbeiten intensiv an Aufarbeitung"

"Mit der Rückgabe dieser vier Werke können wir das grausame Unrecht an den Eigentümern nicht heilen. Aber wir können damit den Versuch der Wiedergutmachung in Richtung der Opfer unternehmen und ein Zeichen setzen: Wir arbeiten intensiv an der Aufarbeitung des NS-Unrechts – seit diesem Frühjahr mit mehr Tempo, mehr Transparenz und mehr Ergebnissen", sagte Blume. 

"Die Rückgabe der vier Gemälde ist für uns ein weiterer wichtiger Schritt, die Aufarbeitung unserer Sammlungsgeschichte fortzusetzen", betonte der Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlung Biebl. "Wir nehmen die Verantwortung für eine gründliche Provenienzforschung sehr ernst."

Mit Informationen von dpa.

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