Festwiesen-Szene mit aufblasbarer Figur
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Fliegende Kuh: "Meistersinger von Nürnberg" in Bayreuth
Bildrechte: Enrico Nawrath/Bayreuther Festspiele
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Fliegende Kuh: "Meistersinger von Nürnberg" in Bayreuth

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Bayreuth: Auftakt zur "Meistersinger"-Premiere ohne Lacher

Bayreuth: Auftakt zur "Meistersinger"-Premiere ohne Lacher

Die sehnlich erwarteten Lacher blieben aus: Weitgehend regungslos verfolgte das Premierenpublikum die "Meistersinger von Nürnberg". Der Beifall war für die Sänger teilweise enthusiastisch, die Regie von Matthias Davids umstritten.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

"Humor ist keine Stimmung, sondern eine Weltanschauung", war dem diesjährigen Programmheft der Bayreuther Festspiele zu den "Meistersingern von Nürnberg" zu entnehmen: ein Ausspruch des österreichischen Philosophen Ludwig Wittgenstein. Damit war die Tonlage gesetzt, Regisseur Matthias Davids und sein Team wollen Richard Wagners vieldeutige Satire auf mittelalterliche Handwerksmeister, die geradezu besessen sind von überkommenen Regeln und Gebräuchen, vor allem als heitere Komödie auf die Bühne bringen, Ausgelassenheit inbegriffen.

Klappsitze für die Meistersinger

Die heikle Rezeptionsgeschichte des Musikdramas - dort wird eine Überlegenheit der deutschen Kultur gegenüber der "welschen" behauptet, das Stück steht bei Kritikern auch unter Antisemitismus-Verdacht - interessiert Davids weniger. Erklärtermaßen wollte er die "Meistersinger" so witzig und kurzweilig wie möglich auf die Bühne bringen, ist er doch Leiter der Musicalsparte am Landestheater Linz und somit bestens vertraut mit mehrheitsfähiger Unterhaltung. Er selbst spielte bereits die Titelrolle in "Jesus Christ Superstar" und war für zahlreiche Musical-Erfolgsproduktionen verantwortlich.

Gemessen daran war die Premiere unspektakulär, auch wegen des eher nüchternen Bühnenbilds von Andrew D. Edwards. Er hatte eine Pyramide in Holzoptik entworfen, die als Sinnbild der Nürnberger Katharinenkirche zu verstehen ist. Klappsitze und ein spärliches Büfett standen dort für den ersten Auftritt der Meistersinger bereit. In der Festwiesenszene war eine aufblasbare Kuh der eher groteske Blickfang.

Lederhosen in "Nürnberg"

Nahezu regungslos verfolgten die Premierengäste das Geschehen. Lacher blieben aus, selbst an den wenigen Stellen, wo sie eigentlich "üblich" sind. Einzige Ausnahme: Als die E-Gitarre von "bad guy" Sixtus Beckmesser (Michael Nagy) zum Finale plötzlich rosa aufleuchtet, amüsierten sich einige Zuschauer hörbar. Kostümbildnerin Susanne Hubrich hatte karikaturenhafte Outfits für die Meistersinger entworfen: Sie tragen unterschiedliche "Narrenkappen" und Versatzstücke aus allen möglichen historischen Epochen vom Barock bis in die 1920er Jahre.

Die "Nürnberger" Bürgerschaft hat in dieser Inszenierung ein besonderes Faible für Lederhosen, Gartenzwerg-Kegelhüte und Trachtenattribute, ein Hinweis darauf, das Davids das Geschehen auch als Persiflage auf "bodenständige" Folklore aller Art verstanden wissen will, was in der Festwiesen-Szene zum Finale besonders zum Tragen kam.

Zuschauer suchten beim Vorspiel noch ihre Plätze

Der Applaus war auch ohne demonstrative Lachsalven am Ende sehr freundlich, denn die Solisten, allen voran Bayreuth-"Urgestein" und Publikumsliebling Georg Zeppenfeld als Hans Sachs, überzeugten mit ihrer Wortverständlichkeit und ihrer geradezu lässigen Unaufgeregtheit. Dankbarer Beifall auch für Tenor Michael Spyres als Stolzing und Rollendebütantin Christina Nilsson als Eva. Dagegen mussten sich Jongmin Park als Veit Pogner und Christa Mayer als Magdalene ein paar Buhs gefallen lassen. Der neue Chorleiter Thomas Eitler-De Lint wurde (fast) einhellig gefeiert.

Für das Regieteam unter Matthias Davids gab es neben Beifall auch einige, allerdings eher lustlose Protestrufe. Insgesamt kein Enthusiasmus des Publikums, aber durchaus zufriedene Gesichter. Gag am Rande: Davids ließ Angela-Merkel- und Thomas-Gottschalk-Doubles auftreten, allerdings ohne sie irgendwie in die Handlung einzubinden.

Begonnen hatte die Premiere etwas "überstürzt": Während Dirigent Daniele Gatti bereits das Vorspiel beginnen ließ, suchten zahlreiche Zuschauer in der Dunkelheit noch ihre Sitzplätze, was andere wiederum erbost zischen ließ.

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