Frau in rot-grüner Kuschellandschaft liegend
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Ernesto Neto: Uni Verso Bebé II Lab, 2007, Ausstellungsansicht Haus der Kunst München, 2025
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Ernesto Neto: Uni Verso Bebé II Lab, 2007, Ausstellungsansicht Haus der Kunst München, 2025

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"Für Kinder": Eine Ausstellung im Haus der Kunst

"Für Kinder": Eine Ausstellung im Haus der Kunst

Das Haus der Kunst in München zeigt derzeit Kunstwerke, die sich explizit an Kinder richten, darunter viele interaktive Werke. "Für Kinder. Kunstgeschichten nach 1968" ist ein gelungener Spagat zwischen Kunstgeschichte und Spieleparadies.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 Die Welt am Morgen am .

Ein grüner Garten aus Kunstrasen und Plastikbäumen, neben einem kleinen Teich liegen künstliche Felsen mit Runenzeichen, Kinderstimmen dringen aus versteckten Lautsprechern: "Wenn du das verstehst, wirst du mich nicht mehr unterschätzen darin, wozu ich tatsächlich fähig bin. Ich möchte mit dir sprechen. Hallo. Guten Morgen. Einen schönen Tag. Ich benutze den Computer, um mit dir zu sprechen..." tönt es aus den Lautsprechern am Boden.

Wendet man sich von hier aus nach links, sieht man mannshohe Bauklötzer, die man zu Architekturen oder Buchstaben zusammensetzen kann, recht hingegen lockt eine dreidimensionale blaue Welle voller Plastikspielzeug.

Sprechende Felsen und Schiffe im Fahrstuhl

Keine Frage: Diese Ausstellung richtet sich an Kinder. Ein riesiger Tisch voll weißer Legosteine lädt dazu ein, die Stadt der Zukunft zu bauen. In einem Nebenraum darf man über eine Skulptur skaten und auch Tischtennis kann man spielen. Doch es wäre falsch, die Ausstellung als künstlerisch gestalteten Spielplatz zu verstehen. "Für Kinder" ist zunächst mal ein Blick in die Kunstgeschichte. Bis Ende der 1960er Jahre beschränkte sich Kunst für Kinder auf die Gestaltung von Spielzeug und Designobjekten. Ab 1968 entdecken Künstlerinnen Kinder als Publikum und entwickelten Werke, die explizit für Kinder waren. Ein frühes Beispiel aus den 70er Jahren sind die "Einschlafgeschichten" von Harun Farocki. Kuratorin Lydia Korndörfer: "Das sind seine Töchter, mit denen er diese Kurzfilme gedreht hat, die in ihrem Bett davon erzählen, was sie tagsüber für absurde Sachen gesehen haben und man denkt, das kann ja gar nicht sein, das gibt es nicht und dann sieht man dazu die Bilder und das Absurde wird Realität."

Bildrechte: Foto: David Levene
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Yto Barrada: Lyautey Unit Blocks (Play), 2010 Ausstellungsansicht Haus der Kunst München, 2025

Die Schau lebt von der Vielschichtigkeit der Werke. Denn hinter den bunten, spielerischen Oberflächen verbergen sich oft ernste Themen. Es geht nicht nur um Fantasie, Märchenerzählen und Raumerkundungen, es geht auch um den Klimawandel, Krieg und Angst.

Die brasilianische Künstlerin Rivane Neuenschwander etwa bittet Kinder weltweit von ihren Ängsten zu erzählen. Spinnen, Dunkelheit, Mama und Papa verlieren wurde da schon genannt. Im Anschluss entwirft die Künstlerin gemeinsam mit den Kindern Schutzanzüge gegen diese Ängste. Ein grüner Umhang mit Noppenfolie und blauer Kapute hilft gegen Angst vorm ersten Schultag. Ein gelbes Drachenkostüm mit lila Stacheln gegen Traurigkeit.

Ein Umhang gegen die Angst

Die blaue Welle voller Spielzeuge von Agus Nur Amal PMTOH bezieht sich auf den großen Tsunami von 2004. Neben der Wellte sieht man mehrere Bildschirme, eingebettet in bühnenartige Bauten wie auf einem Jahrmarkt. Der Künstler tritt hier als Märchenerzähler auf. Statt mit Handpuppen erzählt er seine Geschichten mit Alltagsgegenständen: Eine Plastik-Sandale wird zu einem kleinen Jungen, eine Ausstechform zum Abendstern. "Agus Nur Amal PMTOH hat die traditionelle Kunst des Geschichtenerzählens gelernt und benutzte sie zur Traumabewältigung, erzählt Kuratorin Lydia Korndörfer. "Er ist nach dem Tsunami in die zerstörten Dörfer gegangen und hat sich mit den Kindern dort beschäftigt, weil die Erwachsenen viel zu beschäftigt waren mit den elementaren Erledigungen wie Essen besorgen."

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Agus Nur Amal PMTOH: Goodness and Disaster, Ausstellungsansicht Haus der Kunst München, 2025

Die Werke der Ausstellung bieten immer zwei Lesarten: Man kann sich ihnen sinnlich nähern und intellektuell. Und so ist "Für Kinder" letztlich eine Schau über die Institution Museum im Wandel. Andrea Lissoni, Direktor am Haus der Kunst: "Man könnte sagen, die Ausstellung ist eigentlich ein Blick auf die Geschichte der Bildhauerei der letzten 50 Jahre. Was ist mit der Bildhauerei passiert? Was sind diese partizipativen Werke? Warum Performance? Warum Ready-Made? Warum Installationen? Warum Environment? Das Ganze ist eigentlich ein anderer Blick auf die Geschichte der Bildhauerei. Aber natürlich sind das auch Werke, die viel zu tun haben mit Körperlichkeit und mit Engagement. Das heißt, man kann lesen, wenn man will, aber man muss eigentlich viel fühlen.

Die Ausstellung "Für Kinder. Kunstgeschichten ab 1968" ist bis 1. Februar 2026 im Haus der Kunst in München zu sehen.

Bildrechte: Ólafur Elíasson / Foto: Mark Sherwood
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Ólafur Elíasson: The cubic structural evolution project, 2004.

Dieser Artikel ist erstmals am 19.07.2025 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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