Heiraten, wo andere in den Urlaub fliegen: Im Rahmen der Aktion "Einfach heiraten" der evangelischen Landeskirche (ELKB) war das am Wochenende möglich – am Münchner Flughafen. Hier wie an landesweit rund 50 anderen Orten standen Seelsorgerinnen und Seelsorger der evangelischen Kirche bereit, um Paare kirchlich zu trauen und zu segnen.
Sieben Paaren gab Pfarrerin Christiane Stöhr in der Kapelle des Münchner Flughafens an einem Tag den kirchlichen Segen. In ganz Bayern waren es 801 Paare. Die Pfarrerin sieht in der Aktion, die heuer das dritte Jahr in Folge stattfand, ein niedrigschwelliges Angebot ihrer Kirche: "Wir sitzen nicht in der Kirche und warten, dass jemand kommt."
Trotz Austrittstrend: Zahl der Trauungen zuletzt fast verdoppelt
Angebote wie "Einfach heiraten" sind eine Reaktion der evangelischen Landeskirche auf die hohen Kirchenaustrittszahlen in den vergangenen Jahren: Rund 58.500 Menschen kehrten im Jahr 2024 der evangelischen Kirche in Bayern den Rücken – bei etwas mehr als 2.000 Eintritten. Bei den Trauungen ist es jedoch anders: Mit mehr als 6.100 Paaren gaben sich im vergangenen Jahr fast doppelt so viele Menschen wie im Jahr 2023 das Ja-Wort. Und mit den 801 Paaren, die in diesem Jahr bei der Aktion "Einfach heiraten" mitgemacht haben, gab es auch hier gegenüber dem Vorjahr (631 Paare) einen Zuwachs.
Für Pfarrerin Christiane Stöhr keine Überraschung: "Einfach heiraten" bedeute eben genau das, was die beiden Worte aussagten – heiraten ohne großen Vorlauf und Planungsstress nämlich. Und für Menschen, die sich von der Institution Kirche entfernt hätten, sei die "Schwelle" dann womöglich nicht mehr so "hoch", sagt Stöhr.
"Wunderbarer Auftakt für die Ferien"
Ihr Angebot angenommen haben an diesem Wochenende unter anderem auch Matthias Hoffsommer und seine Frau Andreea, gebürtig aus Rumänien. Die beiden sind seit 15 Jahren verheiratet, bislang allerdings nur standesamtlich. Nun wollten sie ihre Liebe auch noch einmal vor Gott bekennen und segnen lassen – allerdings ohne viel Tamtam. Im Gegenteil: Nicht einmal Familie, Verwandtschaft und Freundeskreis hatten die Hoffsommers informiert. "Ein bisschen" Ärger werde es "vielleicht" geben, sagt Bräutigam Matthias Hoffmann. "Aber sie werden auch verstehen, dass man nichts Großes machen will."
Der Rahmen ist aber trotzdem feierlich, dafür haben die Verantwortlichen gesorgt. Neben Flughafen-Pfarrerin Christiane Stöhr war auch Kirchenmusikerin Ulrike Steinmetz vor Ort, um die kurze Zeremonie am E-Piano musikalisch zu begleiten. "Letztes Jahr beim Projekt 'Einfach heiraten' war tatsächlich ein Paar, das wegfliegen wollte, auf diese Aktion aufmerksam geworden", erinnert sich die Kirchenmusikerin. Das Paar habe sich dann tatsächlich spontan entschieden, sich vor Abflug nochmal segnen zu lassen. "Das, würde ich sagen, war ein wunderbarer Auftakt für die Ferien."
Kritik: Wird die Ehe "verramscht"?
Doch das Angebot hat auch einzelne Kritiker: Wie ernsthaft kann eine solche Spontanhochzeit schon sein? Wird die Ehe womöglich verramscht? Flughafen-Pfarrerin Christine Stöhr macht da andere Erfahrungen, findet die Motivation für den kurzfristigen Segen oft stimmig. Unter den Paaren, denen sie an diesem Wochenende das Ja-Wort abgenommen hat, sei auch eines aus der Ukraine gewesen. "Und der Ehemann war als Dozent für Kunst am Flughafen tätig. Deswegen haben sie entschieden, das Ja zueinander hier nochmal zu bekräftigen."
Neben der Pfarrerin war auch Religionspädagogin vor Ort, die mit den Paaren vor der Zeremonie nochmal gesprochen hat. Daraus sind dann auch Texte für die Segensfeiern entstanden.
Als Pfarrerin Christine Stöhr vor das Brautpaar Andreea und Matthias Hoffsommer trat, griff sie dann auch einen Gedanken aus dem Vorgespräch auf: "Euer Start hat ja schon sehr viele Flugmeilen zusammengebracht zwischen Rumänien und Deutschland. Da war schon einiges geboten, bei zwei Jahren Fernbeziehung." Und dann folgten die entscheidenden Sätze der kirchlichen Trauung: "Liebe Andreea, willst Du Matthias als Geschenk aus Gottes Hand annehmen?" Die gleiche Frage geht auch an Matthias – beide beantworten sie mit dem Satz: "Ja, mit Gottes Hilfe."
Spontanes Heiraten auf 1.713 Metern Höhe
Andreea und Matthias Hoffsommer haben nach 15 Jahren Ehe noch einmal "Ja" gesagt. Jetzt vor Gott, im Rahmen der Aktion "Einfach heiraten". Als sie die Kapelle am Münchner Flughafen verließen, wartete schon das nächste Paar.
Auch an anderen Orten in ganz Bayern: Einfach heiraten – das war möglich von Lindau am Bodensee bis zum Baumwipfelpfad im Steigerwald, von Neu-Ulm bis nach Fürstenzell im Raum Passau und in der Flughafenkapelle in Freising. Die Kirchengemeinde Kempten hatte sogar die Tannheimer Hütte bei Nesselwängle in Tirol als besonderen Trau- und Segnungsort angeboten – auf 1.713 Metern – dem Himmel ganz nah.
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